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Archäologische Gesellschaft zu Berlin.

errichtet wurde. Leider ist nur eine Ecke
dieses Baues erhalten. Es ist sehr wohl
denkbar, daß sie von einer christlichen
Kapelle herrührt, die nach Zerstörung der
Heiden-Tempel an ihrer Stelle in der Bischofs-
stadt Trier errichtet wurde. Eine unzweifel-
haft christliche, in Bronze gearbeitete Brosche
in Form eines Kreuzes wurde bei ihrer Aus-
grabung gefunden.
Außer diesen mannigfaltigen Resten aus
der Römerzeit sind auch schon bauliche
Überbleibsel aus der Frankenzeit und aus
dem frühen Mittelalter festgestellt worden,
ferner eine Straße aus der Mitte des 2. Jahr-
tausends, hinter deren Stützmauern augen-
scheinlich Weinreben in regelmäßigen Ab-
ständen gepflanzt waren.
So ersteht das Bild, das die Geschichte
auf eng gedrängtem Raume durch Jahr-
tausende hindurch in den Erdboden ge-
zeichnet hat, in immer klareren Linien vor
den Augen all derer, die oft von fernher nach
Trier reisen, um durch eigenes Schauen
dieser einzigartigen Ausgrabungen es mit-
erlebt zu haben, wie dem Schoße der Erde
ein Stück Geschichte und Religionsgeschichte
wieder abgewonnen wird.
Sitzung vom 9. Dezember 1925.
85. Winckelmannsfest.
Das von Herrn Rodenwaldt verfaßte
83. Winckelmannsprogramm behandelt den
Sarkophag Caffarelli.
Herr Wiegand begrüßte die Versamm-
lung, zu der auch der Kgl. Italienische Bot-
schafter Exzellenz Graf Bosdari und ein
Vertreter der Griechischen Gesandtschaft er-
schienen waren, mit folgender Ansprache:
An der Schwelle des 85. Jahres der
Archäologischen Gesellschaft heiße ich Sie
herzlich willkommen. Ein Rückblick auf
die seit dem letzten Geburtstage Winckel-
manns verflossene Zeit läßt uns erkennen,
daß sowohl in der Weltlage, in der Bezie-
hung einzelner Kulturstaaten zueinander,
wie bei den speziellen wissenschaftlichen
Unternehmungen der deutschen klassischen
Archäologie merkliche Veränderungen und
Fortschritte zu verzeichnen sind. Nach
dem Regime schwerster Bedrückung Deutsch-
lands hat man erkannt, daß unser Volk mit
Gewaltmaßregeln von außen her zur Auf- j

Sitzung vom 9. Dezember 1925

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gäbe vaterländischer Werte nicht zu bewe-
gen und daß ohne Deutschland kein wahrer
Friede möglich ist. Keine Weltkulturpolitik
ist möglich mit Ausschluß der >>Besiegten<K
und unter Anwendung der verbrauchten
Mittel skrupelloser Kriegspropaganda. Die
Weltparole lautet heute auf Versöhnung
oder Verständigung. Seit fünfzig Jahren hat
zum ersten Male ein französischer Kultus-
minister in Berlin geweilt und im Sinne der
Verständigung beachtenswerte Worte ge-
sprochen, denen hoffentlich die Tat folgt.
Als Gäste der italienischen Regierung haben
deutsche Gelehrte die mit meisterhafter
Technik aufgedeckten Städte Tripolitaniens
kennengelernt. Die griechische Regierung
hat bereitwilligst dem Deutschen Archäo-
logischen Institut die Fortsetzung der Gra-
bungen am Heraion von Samos gestattet,
und die ersten Ergebnisse der von den
Professoren Buschor und Reuther sowie
Dr. Weiter wieder aufgenommenen Arbeiten
liegen bereits vor. Gern gedenken wir
auch der Tatsache, daß das Deutsche In-
stitut für ägyptische Altertumskunde seine
Pforten in Kairo wieder geöffnet hat und
daß durch die Besetzung des zweiten Sekre-
tarpostens an unserem Institut in Rom
eine Kraft gewonnen ist, die dem lange zu-
rückgesetzten Studium stadtrömischer Bau-
werke zugute kommen soll. Die Berliner
Museen haben, dank einer Bewilligung des
preußischen Ministeriums für Wissenschaft,
Kunst und Volksbildung sowie der Not-
gemeinschaft der Deutschen Wissenschaft
die durch den Krieg unvollendet liegen-
gebliebenen Ausgrabungen in Didyma mit
Unterstützung der türkischen Regierung
wieder aufnehmen können, die Professoren
Knackfuß undBühlmann und Bauassessor Dr.
Hoermann haben als Architekten mit mir
an Ort und Stelle gearbeitet, und es besteht
Aussicht, daß im Jahre 1926 die Freilegung
des Didymaions nach siebenjähriger Arbeit
als völlig beendet angesehen werden kann.
Es besteht auch die Aussicht, daß wir die
durch Krieg und Besetzung verwüsteten
oder niedergebrannten Expeditionshäuser in
Anatolien wieder aufrichten und daß auf
diese Weise allen gelehrten Besuchern und
Freunden der Antike eine Etappe bereitet
wird, die ein ruhiges Studium der Grabungen
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LandesaftAM
Bema
 
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