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ermöglicht. In Konstantinopel und Angora
ist Professor Schede als Vertreter unserer
Museen mit Erfolg bemüht, die Interessen
der deutschen archäologischen Wissenschaft
wahrzunehmen.
In Deutschland selbst freuen wir uns der
wieder erstarkenden Forschung auf römisch-
germanischem Boden. Noch vor kurzem
haben wir durch Siegfried Loeschcke die
neuen Entdeckungen in Trier kennengelernt.
Wichtige Fortschritte hat die Erforschung
des großen Legionslagers in Xanten gemacht.
Es ist ferner auf das Höchste zu begrüßen,
daß dank der Initiative Gerhart Roden-
waldts und Werner Jägers begonnen worden
ist, die Ergebnisse der Altertumsforschung
in weitere Kreise der Gebildeten zu tragen,
wie dies in der jungen Zeitschrift »Die An-
tike« mit bestem Erfolg geschieht. Durch
die Gründung der Gesellschaft für antike
Kultur wird dafür gesorgt, daß nicht nur
die Reichshauptstadt, sondern auch alle
größeren Städte Deutschlands von den Fort-
schritten der Altertumswissenschaft, von
neuen Erkenntnissen und Entdeckungen
erfahren. In gleichem Sinne ist die nunmehr
650 Mitglieder umfassende Vereinigung der
Freunde antiker Kunst tätig. Erweitert
sich zusehends wieder der Kreis derer, die
sich um das Altertum bemühen, in erfreu-
lichster Weise, so besteht große Sorge um
die unerläßliche Mitarbeit der Hüter des
humanistischen Bildungsprinzips. Wer nach
den neuen Schulplänen wöchentlich fünfund-
zwanzig und mehr Pßichtstunden in der
Schule zu erledigen hat, dem bleibt für
Weiterbildung und Anteilnahme an den
Fortschritten der Altertumskunde wenig Zeit
übrig. Hoffen wir im Interesse der Lehrer
und Schüler, daß dieser unerträgliche Zu-
stand bald eine Änderung zum Besseren
erfährt.
Mit Stolz und Dankbarkeit gedenken wir
heute des Oktobertages, an dem vor fünfzig
Jahren deutsche Gelehrte den Boden Olym-
pias zu erforschen begannen. Sie erfüllten
damit einen sehnlichen Wunsch Winckel-
manns, den dieser im Jahre 1767 zum ersten-
mal geäußert hat: er wünschte eine Reise
nach Griechenland anzutreten, »nicht an
Orte«, sagt er, »die von vielen besucht sind,
sondern nach Elis, wohin noch kein Gelehrter

noch Kunstverständiger durchgedrungen ist.
Ich bin versichert, daß hier die Ausbeute
über alle Vorstellung ergiebig sein und daß
durch genaue Untersuchung dieses Bodens
der Kunst ein großes Licht aufgehen würde«.
Am 13. Januar 1768 schreibt Winckelmann
an Heyne nach Göttingen, indem er ihm
eine Reise nach Deutschland ankündigt:
»Eine Nebenabsicht meiner Reise ist, eine
Unternehmung auf Elis zu bewirken, das
ist: einen Beitrag, um daselbst nach erhal-
tenem Ferman von der Pforte mit 100 Ar-
beitern das Stadium umgraben zu können.
... Was jemand ernstlich will, kann alles
möglich werden, und diese Sache liegt mir
nicht weniger am Herzen als meine Ge-
schichte der Kunst und wird nicht leicht in
einer anderen Person gleiche Triebfedern
: finden.«
»Was jemand ernstlich will, kann alles
möglich werden« — niemand hat das besser
bewiesen als Ernst Curtius, der den Ge-
danken Winckelmanns mit feuriger Seele
aufnahm und ihn zum erstenmal 1832 in
Anwesenheit des preußischen Königs in der
; Singakademie vortrug. 1853 hat Curtius
einen Arbeitsplan vorgelegt, der noch 1875
Grundlage des Vorgehens war, als endlich
die Verwirklichung eintrat.
Der Vertrag mit der griechischen Re-
gierung vom 24. April 1874 sah vor, daß
Griechenland die Entschädigung der Grund-
besitzer übernahm und in Würdigung der
Opfer, die das Deutsche Reich brachte, als
Geschenk die Duplikate oder mehrfache
Wiederholungen von Kunstgegenständen in
Aussicht stellte. Nicht ohne Mühe ist es
im Jahre 1887 dem damaligen Gesandten
von Radowitz in Athen gelungen, die Ver-
sprechungen der griechischen Regierung in
die Wirklichkeit umzusetzen und die Er-
innerungsstücke zu erlangen, die jetzt in
unserem Berliner Museum aufbewahrt wer-
den. Ja, die letzte Kampagne, welche noch
90 OOO Mark deutscher Aufwendungen er-
forderte, wurde in Frage gestellt durch die
auf sehr realen Erwägungen beruhende
Stellungnahme des Fürsten Bismarck, der
den Vertrag als zu ungünstig für Deutsch-
land erklärte. Erst das persönliche Ein-
greifen Kaiser Wilhelms I. hat die völlige
Durchführung der Ausgrabungen gesichert,
 
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