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Archäologische Gesellschaft zu Berlin. Sitzung vom 31. März 1923

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keinen Gebrauch gemacht und den Künstler
Kantharos von Sikyon nur für seine Person
bemüht zu haben; aber die Möglichkeit
lag doch vor, wenigstens in der Zeit des
Kratinos, die dadurch bestimmt ist, daß
Kantharos Schüler des Eutychides genannt
wird, und da werden die Eleer das Recht
der Aufstellung des Paidotriben in dem
Falle des Kratinos nicht zum ersten Mal
vergeben haben. Wir sehen also in dem
Petersburger Epheben einen Knaben-
sieger, der Kränze, Zweige oder Binden
in den Händen hält und zu einem neben
ihm stehenden Manne, seinem Paido-
triben, aufblickt. Aus einer Gruppe der }
Art könnte die Statue eines Mannes im
Himation stammen, die jetzt in Kopen-
hagen steht (Arndt-Amelung, Einzelauf-
nahmen 2393. F. Poulsen, Tillaeg til Ka-
talog Nr. 409 a; G. Lippold, Porträtstatuen
44), etwa das Bild eines ruhig neben einem
Knaben stehenden Paidotriben. Aus einer
jüngeren Gruppe scheint der Redner in
Florenz entnommen (Amelung, Führer Nr.
249; Arndt-Bruckmann, Porträts 86—88
Reinach. Stat. II 619, 6), der zuletzt von
F. Studniczka als Beter gedeutet worden
ist. (Berichte der Sächs. Ges. d. Wiss. phil.-
hist. Klasse 1911 LXIII 9), der aber nach
den im Anfang aufgeführten Denkmälern
auch als Verkündiger des Sieges aufgefaßt
werden könnte.
Sitzung vom 31. März 1923.
Herr Wiegand eröffnete die Sitzung mit
folgender Mitteilung.
Am 9. Februar ist Baurat Paul Graef,
wenige Tage nach seinem 70. Geburtstage,
an den Folgen eines Automobilunfalls ver-
storben. Sein Name ist uns vertraut durch
seine zweimalige Beteiligung an den Aus-
grabungen von Olympia und durch seine
Mitwirkung an der großen Olympiapubli-
kation, bei der er das Gymnasion und die
Palästra, das Heroon und das Theokoleon,
die Mosaike und die Polychromie der an-
tiken Bauten bearbeitet hat. Bekannt ist
er uns ferner als Mitarbeiter an Baumeisters
>>Denkmälern«, wo er wichtige Bauwerke
wie das Theseion, das Septizonium und die
Triumphbögen behandelt hat. Seine auf
vielen Studienreisen erworbene Übersicht

befähigte ihn ganz besonders zum Heraus-
geber hervorragender Denkmäler antiker
und moderner Kunst in der »Zeitschrift
für Architektur und Kunsthandwerk«, die
er gründete und von 1887 bis 1917 geleitet
hat. Historisches und Modernes ist dort
in vorzüglichen Lichtdrucken und Beschrei-
bungen dargestellt. Bis 1893 stand er Paul
Wallot beim Reichstagsbau zur Seite. Auf
seine frühzeitige Berührung mit antiker
Kunst wird es zurückgeführt werden dürfen,
daß er auch für die klassizistische Baukunst
Berlins ein besonderes werktätiges Interesse
hegte und nach eingehenden Schinkelstudien
Schöpfungen dieses großen Meisters wieder
hcrstellte, als er zum Landbauinspektor der
II. Bauinspektion Berlin ernannt wurde,
die er bis 1921 geführt hat. Griechenland
hat er nie vergessen, und ich darf als Beweis
dafür wohl die Worte zitieren, die R. Borr-
mann ihm im »Zentralblatt der Bauverwal-
tung« (4. März 1925) gewidmet hat: »Das
Jahr unter griechischer Sonne war von ent-
scheidender Bedeutung für sein ganzes
Leben. Bis an sein Lebensende hat er da-
von gezehrt. Gleich den andern Mitarbeitern
geriet auch er unter den bezwingenden Ein-
fluß Wilhelm Dörpfelds. Aber er hatte
auch Eigenes zu bieten. Eine glückliche
Gabe der Auffassung und Darstellung be-
fähigte ihn, die regelmäßigen Fundberichte
durch die anschaulichstenBeigaben mit Farbe,
Stift oder Feder auszustatten und fand Be-
tätigung in zahlreichen Gelegenheitsskizzen
aus dem täglichen Leben und Augenblicks-
bildern von Land und Leuten«. So wird
uns der liebenswürdige und pflichttreue
Mann als praktischer Baumeister wie als
Förderer der baugeschichtlichen Studien
in ehrenvoller Erinnerung bleiben.
Eines zweiten Verlustes hat die Archäo-
logische Gesellschaft heute zu gedenken. Zwei
Tage vor seinem 66. Geburtstage ist Professor
Hans Pomtow einem langjährigen Herz-
leiden erlegen. Sein Name ist seit dem
Jahre 1884, wo er zum ersten Male Delphi
besuchte, mit dieser Stätte für immer ver-
bunden. 1889 erschienen seine Beiträge
zur Topographie Delphis. Die großen fran-
zösischen Ausgrabungen setzten erst ein,
nachdem Pomtow an Ort und Stelle zu
forschen begonnen hatte. Er hat diese
 
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