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Archäologische Gesellschaft zu Berlin. Sitzung vom 3. März 1925

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waldt Bedenken, während er in der Ab-
lehnung von Karos Deutung, daß hinter einer
Hügelkette der gestirnte Himmel erschiene,
mit dem Vortragenden einig war. Die
Wiedergabe von Wolken ist in den antiken
Kulturen etwas so Ungewöhnliches, daß
man trotz aller Überraschungen, an die uns
die kretisch-mykenische Kunst gewöhnt
hat, einer solchen Deutung gegenüber skep-
tisch sein muß. Auch auf dem als Parallele an-
geführten assyrischen Fayenceziegel ist die
Deutung der vom oberen Rande herab-
hängenden Gebilde, deren Formen denen
assyrischer Bergdarstellungen gleichen, um-
stritten. Aber auch wenn sie sich bewähren
sollte, so ist die Parallele nicht überzeugend,
weil hier Wolken neben der Sonne stehen
würden, während auf dem tirynthischen
Ringe Sonne und Mond in den Regenwolken
erschienen, ein Vorläufer von Turners 3>sun
rising in a mist«. Bei der Darstellung von
Regen und Regentropfen würde man ferner
eine Richtung und Bewegung nach unten
erwarten, während der horizontale Wellen-
abschluß und die Richtung der Tropfen
dieser Vorstellung gerade widersprechen. Aus
Analogien innerhalb der kretischen Kunst
scheint sich jedoch eine viel näherliegende
Deutung zu ergeben.
Die Abhängigkeit der Glyptik von der Fres-
komalerei wird an diesem Beispiel durch den
unteren Rahmenfries noch besonders unter-
strichen. In der Freskomalerei finden wir
nun als Regel den Wechsel zwischen
gelbem und blauem oder seltener rotem
und weißem Grunde, die in horizontalen
oder vertikalen Wellenlinien aneinander-
stoßen. Dem Ringe nächstverwandt ist der
Wechsel gelben und blauen Grundes auf
dem von Evans, The Palace of Minos I
527, Fig. 384 veröffentlichten Fragment,
wo sich auch die Parallelität der Wellen-
grenze zum Kontur der Figurendarstellung
findet. Die kleinen Tropfen, die sich genau
so, wie im oberen Teil des Grundes, an dem
Gewände der sitzenden Göttin finden, be-
deuten offenbar nichts anders als den Ver-
such, den Eindruck eines abweichenden
Farbtones wiederzugeben. Daß man eine
Farbe nicht durch einen reinen Farbton
ausdrückt, kommt auch in der Wandmalerei
vor bei der Wiedergabe hellblauer Stoffe,

deren Ton aus unregelmäßigen weißen und
hellblauen Strichen zusammengesetzt ist
(Tiryns II 6). Was sollten endlich inmitten
der Regenwolken die Zweige bedeuten?
Offenbar kommen wir mit einer naturalisti-
schen Ausdeutung des Hintergrundes auf
keinem Wege zum Ziel. Eine befriedigende
Erklärung für den Farbenwechsel des Grun-
des ist noch nicht gefunden.
Darauf sprach Herr H. Gaebler über
das Thema: Zur Deutung der seli-
nuntischen Metope mit dem Vier-
gespann. Der Vortrag erscheint als Auf-
satz J. d. I. 40, 192$, iff.
Sitzung vom 3. März 1923.
Herr Rodenwal dt gedachte der Trauer,
in die das deutsche Volk durch den Tod
des Reichspräsidenten Ebert versetzt
worden ist; die Versammlung hörte seine
Ausführungen stehend an.
Er machte sodann von dem schweren Ver-
lust Mitteilung, den die Altertumswissen-
schaft durch den am 4. Februar erfolgten
Tod Robert Koldeweys erlitten hat.
Koldeweys Name wird vor allem verbunden
bleiben mit dem großen Werke, dem er
während der letzten Jahrzehnte seines Lebens
seine ganze zähe Arbeitskraft gewidmet hat,
der Ausgrabung von Babylon und der Ver-
arbeitung ihrer Ergebnisse. Diesem Thema
hat er auch die einzige Arbeit gewidmet,
in der er zu einem weiteren Publikum ge-
sprochen hat, das Buch über das wieder-
erstehende Babylon, und ihm galt der erste
Vortrag, den er nach seiner durch die
) Kriegslage erzwungenen Rückkehr aus Meso-
potamien in der Archäologischen Gesellschaft
über das Stadtbild von Babylon gehalten
hat (Arch. Anz. 1918, 73 ff.). Aber wir
trauern nicht nur mit der orientalistischen
Nachbarwissenschaft um den ihr angehören-
den Gelehrten, von dessen Forschungsergeb-
nissen ungezählte Anregungen in unser Ar-
beitsgebiet strömen, sondern gedenken dank-
bar Koldeweys Lebensarbeit auf dem Gebiet
der klassischen Architektur, die ein Bild
von seltener Geschlossenheit und Voll-
endung ergibt.
Koldeweys Forschungsarbeit auf dem
Gebiet der griechischen Architektur begann
im Dienste der von Clarke geleiteten ame-
 
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