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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1905-1906

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Fischer, Theodor: Über schwäbische Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6371#0038
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Weinberghäuschen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts.

ÜBER SCHWÄBISCHE BAUKUNST.*

Es war ein weiter, weiter Umweg, den unsere schwäbische Baukunst machen
mußte, bis sie heute wieder allmählich - wenn wir uns nicht täuschen zu
dem zurückgelangt, wo sie hätte bleiben können: beim Heimatlichen. Sie
war ja freilich nicht allein auf dieser Auslandreise; alle Stämme ringsum haben
mit den Schwaben dem Geist der Zeiten ihre Opfer gebracht, Opfer, die uns
so ziemlich alles gekostet haben, was an eigentümlicher bodenwüchsiger Kultur
durch Jahrhunderte erworben war. Der Name Winkelmanns, der seltsamer-
weise immer noch gepriesene, steht an der Quelle der Flut, welche die Wurzeln
dieser feinen Kultur ablöste, so daß der Baum rettungslos talab trieb, lange
Zeit freilich noch grünend, bis die Hochflut des Klassizismus verlaufen war
und er gar verdorrte, gerade als im Volk ein groß Geschrei sich erhob von
Aufschwung, von Fortschritt und ein endlos Geschreibsel emporwuchs über
Kunst. Von den Tugenden, die wir nicht haben, sprechen wir am meisten.
Nun über Kunst hätte in den letzten 30 Jahren unmöglich mehr gesprochen
werden können, als es besorgt worden ist. Wir haben keine Kunst, denn wir
sind landflüchtig geworden und eine künstlerische Kultur ist nur möglich als
das Produkt aus Volkstum und Landesart. Das war vergessen. Was wir

* Die Auswahl der Abbildungen wurde vom Herrn Verfasser vorgenommen, ohne daß dieselbe
erschöpfend sein oder programmatische Bedeutung haben soll.

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