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https://doi.org/10.11588/diglit.43382#0068
gesondertem Blatt, außerdem ein Gedicht des Absenders mit der Über-
schrift »Burg L (Lorch)«76. Der Gmünder Absender nennt sich ver-
schlüsselt FDS. Die Herausgeber von Kerners Korrespondenz haben
das Kürzel nicht erklärt, nicht einmal abgedruckt und das Schreiben
nur als geschrumpfte Fußnote in ihre Sammlung aufgenommen mit
dem wenig hilfreichen Vermerk: »Brief eines Gmünder Freundes«77.
Wer war dieser Gmünder Freund? Wir kennen ihn jetzt mit Namen:
Magister Ferdinand Ludwig Immanuel Dillenius (1791-1871), damals
(1814-1817) als evangelischer Garnisonsprediger in Gmünd und Lorch
tätig78. Sein Schreiben samt Anlagen ist glücklicherweise im Original
erhalten und befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv in Mar-
bach a. N. (Invent. Nr. Z. 1776; vgl. Abb. 32 und 33). Der ungekürzte
Brief hat folgenden Wortlaut:
»Gmünd, 12. Horn. 17
Endlich, lieber Justinus! löse ich mein Wort (obwohl Du mich
nicht dabey genommen hast) und schicke Dir eine treue Copie
unseres Geigerleins, wie ich es gefunden habe. Ich mußte mir
viele Mühe geben, biß ich es nur auffand, denn unsere catholi-
sche geistliche Herren (weniger poetisch als Du) haben das
arme Geigerlein aus der Josephs-Capelle verwiesen, und es
muß mit dem Quartier beym Meßner vorlieb nehmen, damit es
das Heiligthum nicht profaniere. Das Geigerlein ist eine aller-
liebste Figur, wohlgenährt wie das runde Kinn u. die Runde der
Arme bezeugen, ein gut Leber (bon vivant) und Hanns ohne
Sorgen, alle Tage lustig und in Freuden, daher das - bloß am
Beutel. Man sieht ihm den Vorschlag im Gesicht an den Du ihn
machen lässest, >beym Hinausführen mitzumusicirem. Aber
Deine Cäcilia - was wirst Du denken, wenn Du sie mit dem ab-
scheulichen Schnurr- u. Kinnbart da hängen siehst u. ich Dir
sage, daß, so getreu der Geiger copirt ist, beym 2ten Bild mein
Pinsel es nicht übers Herz bringen konnte (wenn Pinsel ein
Herz haben) ganz getreu zu seyn? Statt einer Musikheiligen,
voll sanfter harmonischer Züge scheußliche Backenknochen
und mäusefahlen ins Schwarze sich verlierender Bart, statt des
melodisch-rauschenden Gewandes einen - Nachtrock!!, und
dabey noch 2 Weiberschuhe und 1 goldene Krone! Die Legen-
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schrift »Burg L (Lorch)«76. Der Gmünder Absender nennt sich ver-
schlüsselt FDS. Die Herausgeber von Kerners Korrespondenz haben
das Kürzel nicht erklärt, nicht einmal abgedruckt und das Schreiben
nur als geschrumpfte Fußnote in ihre Sammlung aufgenommen mit
dem wenig hilfreichen Vermerk: »Brief eines Gmünder Freundes«77.
Wer war dieser Gmünder Freund? Wir kennen ihn jetzt mit Namen:
Magister Ferdinand Ludwig Immanuel Dillenius (1791-1871), damals
(1814-1817) als evangelischer Garnisonsprediger in Gmünd und Lorch
tätig78. Sein Schreiben samt Anlagen ist glücklicherweise im Original
erhalten und befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv in Mar-
bach a. N. (Invent. Nr. Z. 1776; vgl. Abb. 32 und 33). Der ungekürzte
Brief hat folgenden Wortlaut:
»Gmünd, 12. Horn. 17
Endlich, lieber Justinus! löse ich mein Wort (obwohl Du mich
nicht dabey genommen hast) und schicke Dir eine treue Copie
unseres Geigerleins, wie ich es gefunden habe. Ich mußte mir
viele Mühe geben, biß ich es nur auffand, denn unsere catholi-
sche geistliche Herren (weniger poetisch als Du) haben das
arme Geigerlein aus der Josephs-Capelle verwiesen, und es
muß mit dem Quartier beym Meßner vorlieb nehmen, damit es
das Heiligthum nicht profaniere. Das Geigerlein ist eine aller-
liebste Figur, wohlgenährt wie das runde Kinn u. die Runde der
Arme bezeugen, ein gut Leber (bon vivant) und Hanns ohne
Sorgen, alle Tage lustig und in Freuden, daher das - bloß am
Beutel. Man sieht ihm den Vorschlag im Gesicht an den Du ihn
machen lässest, >beym Hinausführen mitzumusicirem. Aber
Deine Cäcilia - was wirst Du denken, wenn Du sie mit dem ab-
scheulichen Schnurr- u. Kinnbart da hängen siehst u. ich Dir
sage, daß, so getreu der Geiger copirt ist, beym 2ten Bild mein
Pinsel es nicht übers Herz bringen konnte (wenn Pinsel ein
Herz haben) ganz getreu zu seyn? Statt einer Musikheiligen,
voll sanfter harmonischer Züge scheußliche Backenknochen
und mäusefahlen ins Schwarze sich verlierender Bart, statt des
melodisch-rauschenden Gewandes einen - Nachtrock!!, und
dabey noch 2 Weiberschuhe und 1 goldene Krone! Die Legen-
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