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Allgemeine Bedingungen der griechischen Skulplnr.

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Bearbeitung des Materials, arif die Ausbildung der technischen Prozesse ist die Ausmerksamkeit
vorzugsweise gelenkt. Jn einer sehr frühen Zeit zeigen sich aber auch schon die ersten Regnngen
eines selbständigen Phantasielebens und die Keime nationaler, vom Oriente unabhängiger Em-
pfindnngen. Wie der Hellene das menschliche Haus den Göttern als Weihgeschenk darbrachte,
so bot er ihnen auch, um sich ihre Gunst zu sichern, Abbilder seiner selbst und der Hanstiere
als Opfergabe.

Dnrch die feinsinnige Beschränkung auf das rein Menschliche wird nicht allein sedem
Ansschweisen in das Phantastische, Symbolische eine seste Grenze gesetzt, sondern auch schon
ahnnngsvoll das spätere Wesen der hellenischen Knnst angedeutet. Jn der siimlichen Vorsteltung
von den waltenden Göttern lag nicht der erste Antrieb zu raschem Fortschritt in der Richtung
auf formale Schönheit. Die Götterbilder behielten ihr puppenhastes Ansehen noch zu einer


Zeit, wo auf profanem Gebiete nnd in der Gerätbildnerei bereits eine höhere Stnse formaler
Vollkommenheit erreicht lvar. Die Gründe rmd Ursachen, aus denen, freilich erst nach einer
Arbeit von mehreren Jahrhnnderten, ans dürstigen Anfängen sich eine vollendete und durchans
eigentümliche Kunst entwickelte, sind teils allgemeiner Art, teils müssen sie in der besonderen
Weise griechischer Kunstübung gesucht werden. Himmel und Erde, die Naturanlage, der Charakter
der Landschast, vielgegliedert, nach auszen offen, aus die Seefahrt hinweisend, zu weitem
Verkehr einladend, die mäßige Größe der Einzelstaaten, die Teilnahme aller Bürger am poli-
tischen Leben weckend, die übersichtliche harmonische Bildung fördernd, die Menschlichkeit der
Götter — alles trug zur Entfaltung und Vertiefung des Kunstsinnes bei.

Die Entwickelung der griechischen Plastik httlt mit der der Sprache, der Poesic und der
Philosophie gleichen Schritt; nichts erklärt daher anch die Schicksale der ersteren so tresfend wie
die Prüfung des Ganges, den die Sprache, der Staat, die Poesie und die Wissenschaft in Hellas
genommen haben. Von den besonderen Umständen, die der Phantasie und der Hand der Künstler

Springer, Kunstgeschichte. I. 17
 
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