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D. Griechenland. Die hellenische Knnst. 3. Sknlptur.
die Gabe verliehen, mit vollendeter Wahrheit die Formen einer hohen idealcn Schönheit unlösbar
zu einigen, sind folgende hervorzuheben. Die griechische Plastik hat nicht wie die ägyptische
dem Herrscherkultns sich widmen müssen, nicht znerst in der Darstellung von Königsbildern ihre
Krast versncht. Die ägyptische Plastik begann mit Porträtstatnen, ans denen sich aber im Lause
der Zeiten der lebendige und individuelle Zug mehr und mehr verlor, sodaß das Zeremonielle,
Steife, Leblose, Symbolische immer mehr nberwog. Die griechische Knnst schlug einen anderen
Fig. 215. Nelief mit heraisierten Tvten aus
Sparta. Berlin.
Weg ein. Sie hob, sobald die selbständige nationale
Bildnng sich regte, damit an, daß sie die einfach
natnrlichen und allgemein menschlichen Znge klar
in das Ange faßte und znnächst Gattnngstypen
schuf: nackteMänner, bekleidete Frauen, bald stehend,
bald sitzend, in stets wiederkehrender Haltung. All-
mählich verlieh sie ihnen immer seineres Leben
und die scharfe Persönlichkeit. So wurde das Ver-
Fig. 214. Getriebenes Brvnzeblech mit vier stündnis der reinen Körperformen, der schönen
Bildstreifen. 0. Jahrh. Olympia. plastischen Bewegungen erworben. Ferner: nicht das
Studium der Anatomie, tvie in den neueren Zeiten,
sondern die lebendige Anschannng der gymnastischen Nebungen lehrte den menschlichen Leib
kennen und die Gesetze seiner Thätigkeit begreifen. Daher stammt die nnmittelbare, naiv schei-
nende Wahrheit der griechischen Werke. Endlich muß noch hervorgehoben werden, daß die
griechischen Künstler die feine Dnrchbilduug und das langsame Ausreifenlassen einer mäßigen
Zahl von Typen deren raschem Wechsel nnd stetiger Vermehrnng vorzogen und daß sie an
dem vollendeten Typus nicht willkürlich änderten, sondern sich mit leichten Umwandlungen
begnügten. Selbst hervorragende Meister hielten an bestimmten Maßen, Verhältnissen und
Stellungen mit Vorliebe fest und verschafsten ihnen in ihren Schulen ein gesetzliches Ansehen.
D. Griechenland. Die hellenische Knnst. 3. Sknlptur.
die Gabe verliehen, mit vollendeter Wahrheit die Formen einer hohen idealcn Schönheit unlösbar
zu einigen, sind folgende hervorzuheben. Die griechische Plastik hat nicht wie die ägyptische
dem Herrscherkultns sich widmen müssen, nicht znerst in der Darstellung von Königsbildern ihre
Krast versncht. Die ägyptische Plastik begann mit Porträtstatnen, ans denen sich aber im Lause
der Zeiten der lebendige und individuelle Zug mehr und mehr verlor, sodaß das Zeremonielle,
Steife, Leblose, Symbolische immer mehr nberwog. Die griechische Knnst schlug einen anderen
Fig. 215. Nelief mit heraisierten Tvten aus
Sparta. Berlin.
Weg ein. Sie hob, sobald die selbständige nationale
Bildnng sich regte, damit an, daß sie die einfach
natnrlichen und allgemein menschlichen Znge klar
in das Ange faßte und znnächst Gattnngstypen
schuf: nackteMänner, bekleidete Frauen, bald stehend,
bald sitzend, in stets wiederkehrender Haltung. All-
mählich verlieh sie ihnen immer seineres Leben
und die scharfe Persönlichkeit. So wurde das Ver-
Fig. 214. Getriebenes Brvnzeblech mit vier stündnis der reinen Körperformen, der schönen
Bildstreifen. 0. Jahrh. Olympia. plastischen Bewegungen erworben. Ferner: nicht das
Studium der Anatomie, tvie in den neueren Zeiten,
sondern die lebendige Anschannng der gymnastischen Nebungen lehrte den menschlichen Leib
kennen und die Gesetze seiner Thätigkeit begreifen. Daher stammt die nnmittelbare, naiv schei-
nende Wahrheit der griechischen Werke. Endlich muß noch hervorgehoben werden, daß die
griechischen Künstler die feine Dnrchbilduug und das langsame Ausreifenlassen einer mäßigen
Zahl von Typen deren raschem Wechsel nnd stetiger Vermehrnng vorzogen und daß sie an
dem vollendeten Typus nicht willkürlich änderten, sondern sich mit leichten Umwandlungen
begnügten. Selbst hervorragende Meister hielten an bestimmten Maßen, Verhältnissen und
Stellungen mit Vorliebe fest und verschafsten ihnen in ihren Schulen ein gesetzliches Ansehen.