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BEMERKENSWERTE GEMÄLDE IN DEN WIENER KIRCHEN.
Eine stark vernachlässigte Mine des Vorrats an guten Gemälden in der
alten Donaustadt ist die der Gemälde in den Kirchen. Nicht unbegreiflich dies.
Denn wir haben keinen Van Eyck, keinen Rubens, keine Bellini, Tizian,
Dosso, Tintoretto, Tiepolo, keine Andrea del Sarto, Fra Bartolommeo usw.
aufzuweisen. Auch sind die Kirchenbilder oft vernachlässigt und in den
meisten Fällen durch ihre Aufstellungsart und ungünstige Beleuchtung fürs
Studium schwer zugänglich. Aber diese ungünstigen Umstände gelten durch-
aus nicht für alle unsere Kirchenbilder; und fehlt es auch mit wenigen Aus-
nahmen an Weltberühmtheiten, so gibt es doch von unseren ganz tüchtigen
Barockmalern, Nazarenern und neueren Künstlern genug vorzügliche Werke
zu verzeichnen.
Seit Jahrzehnten sammle ich Nachrichten über unsere Kirchenbilder.
Den Maulpertsch der Pfarrkirche am Rennweg habe ich vor mehr als zwanzig
Jahren photographieren lassen und in den Blättern für Gemäldekunde ver-
öffentlicht. Anderes wurde da und dort erwähnt, unter anderm mündlich in
meinen Kursen. Eine Notiz über die Benutzung des Laokoon durch Wagen-
schön für ein Altarbild unserer Franziskanerkirche stand in meinen Studien
und Skizzen zur Gemäldekunde. Auch sonst ist die Mine der Wiener
Kirchenbilder längst aufgerucht, schon in der zum Teil berüchtigten Alt-
Wiener Literatur. Das neuere „Handbuch der Kunstpflege in Österreich“ läßt
merkwürdigerweise die Kunstwerke in den Kirchen gänzlich unberücksichtigt.
Nun wurde ich durch einige ganz junge Arbeiten über den Gegenstand
wieder auf meine alten Notizen zurückgeführt. Einiges war darnach zu er-
gänzen. Die ausgiebigsten Erweiterungen des alten Planes wurden durch
die Schaffung eines Groß-Wien bedingt, durch die Einbeziehung der Vororte
in die Hauptstadt, also vieler Orte aus dem Umkreis, die ich anfangs nicht
berücksichtigt hatte. Einige, wie ich hoffe, unwesentliche Lücken mußten
offen bleiben. Kenner der Sache werden mir übrigens zugestehen, daß ich
im ganzen mehr gesichteten Stoff verarbeitet habe, als er von den früheren
Schriften benutzt wurde*). Bei alledem muß vorläufig zumeist auf ab-
schließende Ergebnisse verzichtet werden. Noch steckt alles voller ungelöster
oder halbgelöster Aufgaben. Mehr Fragen kommen uns unter als Ant-
worten. War es doch nicht einmal möglich, alle Signaturen zu überprüfen, von
*) Aus der älteren Literatur sind hervorzuheben: Ohne Namen (De Luca, mit
Vorwort von E. v. Kurzböck, „Neueste Beschreibung aller Merkwürdigkeiten Wiens“
(1779), S. 154 ff. Das brauchbare Buch weist u. a. auf Irrtümer in den früheren Werken
von Fuhrmann und Weißkern hin. Fuhrmann ist ganz unkritisch. Weißkern bringt
über Gemälde gar nichts, desgleichen L. Fischer in der „Brevis notitia urbis veteris
Vindobonae“ (1764), die aber für die Baugeschichte der Kirchen von Bedeutung ist.
Verhältnismäßig ausführlich handelt von den Kirchenbildern G. L. de Freddy:
„Descrizione della cittä di Vienna« (1800, 2. Aufl. mit Anhang 1814), F. H. Böckh:
„Wiens lebende Schriftsteller« (1821/22), S. 475 ff., Hormayr: Geschichte von Wien,
Bd. II (1824), Franz X. von Sickingen, »Darstellung der k. k. Haupt- und Residenzstadt
Wien«, III. Bd. (1832). Sickingen hatte übrigens wenig Verständnis für Gemälde, (Kirch-
liche) »Topographie des Erzherzogthums Oesterreich« (1836).
„Wiens Kunstsachen mit besonderer Berücksichtigung der Gemälde“ (o. Nam.
1856).
Bucher & Weiß: „Das heutige Wien“ (1868).

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