Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
UnVollständigkeit der Anlagen begründet sind. Infolge davon,
dass man die sitzartigen Flächen der Steine A, B, C und
D als wirkliche Sitze ansah, bildete sich eine örtliche Tra-
dition darüber heraus, dass Pumapungu ehedem ein Gerichts-
hof mit Sitzen für eine Anzahl von Richtern, oder ein Hof
zu Rathsversammlungen der Inca gewesen wäre. Darauf
gründen sich die spanischen Namen von Pumapungu ,Casa
de Justicia' und ,Escahos de los Incas'.1)

Für die Deutung von Pumapungu kommen sein Boden-
relief, die Thore, die Plateform mit den sitzartigen Erhöhungen,
und der architektonische Charakter der um die Plateform
herumliegenden Blöcke in Betracht.

Pumapungu besitzt im Bodenrelief mit Ak - kapana
Aelmlichkeit. Eine Erhebung des Bodens umgiebt bei beiden
hufeisenartig einen in der Mitte gelegenen tieferen Raum,
welcher nach Osten fast offen ist. Es scheint fast, als
müsste man Pumapungu wTegen dieser Aelmlichkeit mit Ak-
kapana die Bestimmung zu religiösen Zwecken zuschreiben,
da sie für Ak-kapana festzustehen scheint.

Wenn die Thore solche friesartige Ornamente besitzen,
wie es nach der Abbildung bei d'Orbigny PI. 5 Fig. 7
scheint, so möchten sie gleichfalls auf die religiöse Bestimmung
von Pumapungu hindeuten.

Die Bauten, zu deren Errichtung die auf der Trümmer-
stätte umherstehenden Blöcke verwendet werden sollten,
hätten kaum praktischen Zwecken dienen können. Denn die
Blöcke geben alle Verhältnisse, welche sonst an Gebäuden
natürlich vorkommen, verkleinert wieder.2) Dasselbe würden
die fertigen Gebäude gethan haben. Sie hätten also nicht
zum Wohnen benutzt werden können. Dann bliebe als
alleiniger Zweck ihrer Errichtung wohl nur der religiöse übrig.
Vielleicht sollten es Altäre werden, welche in verkleinertem
Massstabe die Form gewöhnlicher Gebäude nachahmten.3)

Es ist schon bei Tafel 24 erörtert worden, dass die drei
jetzt getrennten Plateformen durch das Band der Symmetrie
in gewisser Weise mit einander verbunden scheinen. Die
erste Plateform A zeigt eine bankartige Erhöhung mit drei
sitzartigen Flächen, ebenso die dritte bei D, die in der Mitte
gelegene Plateform eine bankförmige Erhöhung von grösserer
Ausdehnung, wie schon aus der unvollständigen vierten sitz-
artigen Fläche J bei B (Taf. 27 Fig. 2) hervorgeht.4)

Die grosse Länge und der eigenthümliche Wechsel
zwischen 1.47 und 1.31 m Länge weisen an den Sitzflächen
der Plateformen (Tafelbeschreibung 24) nicht auf einen ein-
fach profanen Gebrauch derselben hin. Ausserdem deuten
die Iüammervertiefungen an den Leisten, welche die Sitz-
flächen aßyd des Steines B (Taf. 27 Fig. 2) einschliessen,
deswegen, weil sie die Absicht, Gesteinstücke vor der Bank
zu befestigen, erkennen lassen, auf eine ungewöhnliche Ver-
wendung dieser sitzartigen Flächen hin.

Es scheint unmöglich, den Gebrauch der Bänke allein
durch die Art ihres Vorkommens in Pumapungu zu bestimmen.

1) A. d'Orbigny und Hr. Mitre (Letzterer z.Th. wörtlich nach demErsteren)
haben dieser Auffassung über Pumapungu beigepflichtet. D'Orbigny schreibt:
,On pourrait supposer que le massif de pierres taillees etait une salle de conseil
oü les chefs venaient sieger lors des grandes ceremonies, et le nombre impair des
sieges du milieu annoncerait tout au moins qu'il y avait un president, un chef
unique; ce qu'on pourrait encore dire des si6ges lateraux.' Hr. Mitre schreibt
u. A.: ,Pero fuese este sitio el trono de un monarca, el tribunal de los jueces, la
sala de un consejo, el consistorio de los sacerdotes 6 el asiento de una asamblea
deliberante,' etc. Von den Sitzflächen sagt er speciell: ,tienen verdaderamente el
caräeter severo de sitiales de jueces'.

2) Abschnitt: „Architektonisch bearbeitete Blöcke".

3) Man vergleiche auch den „Opferstein" Taf. 39 Fig. 29.

4) Ob die Bank 6 oder, unter Mitverwendung des Steines C, 7 (d'Orbigny)
oder eine andere Zahl sitzartiger Flächen besitzen sollte, kann nach dem gegen-
wärtigen Zustande der mittleren Plateform nicht entschieden werden.

Auch bieten die Ruinen sonst, so weit sie bis jetzt erforscht
sind, keine Wiederholungen dieser architektonischen Form dar.5)

Sonst fehlt es im Hochlande von Peru und Bolivien nicht
an sitzartigen Ausarbeitungen in Stein, welche mit den sitz-
artigen Flächen der Plateformen von Pumapungu verglichen
werden können.6)

Für dieselben lässt sich wenigstens die Verwendung
zu profanen Zwecken nicht nachweisen.7) Es könnte darum
wohl der Fall sein, dass die sitzartigen Flächen über der
Plateform von Pumapungu eine religiöse Bestimmung gehabt
haben. Darum halten wir die Vermuthung J. v. Tschudi's,
dass in Pumapungu die Anlage eines grossen Opfertempels ge-
plant gewesen ist, für keineswegs unberechtigt.8)

5) Allerdings erwähnt J. v. Tschudi noch das Vorkommen von Quadern
mit Einschnitten wie für Sitze. Allein sowohl aus der begleitenden Abbildung,
wie aus einer weiteren Bemerkung geht hervor, dass J. v. Tschudi Nischensteino
wie Taf. 30 Fig. 8 und Taf. 36 Fig. 3—5 im Sinne hatte. An den Steinen Taf. 30
Fig. 3—5 wirken die Nischen C gewissermassen wie Sitze, ebenso die Nische am
Steine Taf. 36 Fig. 8. wenn man den Stein verkehrt stellt.

6) Squier, Peru p. 350, bildet einen Sandsteinfelsen ab, welcher sich bei
Hilave (Jlave) befindet. In ihn sind, zu vier Treppen verbunden, Flächen von der
Art der sitzartigen Flächen der Plateformen, ausserdem doppelte sosselartige Ver-
tiefungen, welche mit jenen Sitzflächen anderweitige Verwandtschaft haben,
hineingearbeitet, l'ag. 324 desselben Werkes zeigt drei kurze Treppen, aus sitzartigen
Flächen zusammengesetzt, an einem Felsen der Umgegend von Copacabana. Aehn-
liche treppen- und sesselartige Ausarbeitungen im lebenden Felsen befinden sich
(nach Hrn. Wiener) bei Concacha (am Pachachaca-Fluss westlich von Cuzeo) und
auf dem Rodadero bei Cuzco (p. 287, 519, 523, 524). Ihr Vorkommen auf dem
Rodadero wird auch durch G-. Squier p. 47ü und p. 478 bestätigt.

Eine eigenthümliche Nachricht liegt aus der Gegend von Andalgala, Pro-
vinz Catamarca, in Argentinien vor. Hier sollen sich auf der Loma del Sur vor-
finden: ,un gran numero de asientos de piedra dispuestos en hileras simetricas, y
una especie de tribuna, indicando asi un lugar destinado ä reuniones'. Ameghino,
Comptes Rendus du Congres des Americ, Bruxelles 1876, II p. 713.

Ausserdem hat es noch eine andere verwandte Art von „Sitzen" im alten
Peru gegeben, von welchen man sagen könnte, dass sie ihrer Form nach die
Mitte zwischen Sitzen und kammerartigen Ausarbeitungen halten. Sie sind an-
scheinend theils in den lebenden Felsen, theils in losgelöste Felsblöcke eingehaueu
Hr. Wiener (p. 521) bildete solche als „von Concacha" ab. Squier (p 500) zeigt ein
Beispiel dieser Form von „Sitzen", und ein Beispiel der Sitzform von Pumapungu,
neben einander in einer Abbildung von Ollantaitambo. Die Form des Felssitzcs
berührt sich mit derjenigen der Felsnische in Abbildungen bei Hrn. Wiener p. 520.

Es ist merkwürdig, wie häufig die sitz-, sessel- und verwandten treppenartigen
Ausarbeitungen zu Paaren, dreifach, oder vierfach eng verbunden sind (Wiener
p. 520, 521, 524, Squier p. 324, 350, 476, 478, 500). Der Umstand erinnert ein
wenig an die Verbindung der sitzartigen Flächen zu drei und mehr in Pumapungu.

7) Die Tradition bezeichnet die Felssitze bei Hilave als ,the resting-place
of the Inea in his journeyings or pilgrimages, where the people came to do him
hommage, bringing chicha for his delectation and that of his attendants' (Squier,
Peru p. 350). Allein daran ist doch gar nicht zu denken, dass die in der freien
Natur an öden Felsen ausgehauenen treppenartigen Vertiefungen (wie sie bei Hrn.
Wiener p. 287 und 519, bei Squier p. 324, 350 u. s. w. in Abbildungen sichtbar
sind) eine solche Bestimmung gehabt haben könnten. Es ist ebenso wenig denkbar,
dass die z. Th. schwer erreichbaren einzelnen sitzartigen Ausarbeitungen in Felsen
(Hr. Wiener p. 519, Squier p. 479) ohne einen besonderen Grund in so eigen-
thümlicher Weise angelegt worden sind. Solche sitz- oder nischenartige Ver-
tiefungen, wie sie z. Th. Hr. Wiener abbildlich auf p. 520 zeigt, können viel-
leicht gar nicht von Menschen zum Sitzen gebraucht worden sein.

Squier (p. 325) ist schon die Häufigkeit der Nischen, Stufen und Felssitze
in der Nähe des alten Wallfahrtsortes Copacabana aufgefallen. Er vermuthete
schon, dass sie eine Beziehung zu dem alten Kultus gehabt haben.

Ciezaberichtet von Steinsitzen, welche imCultus gebraucht wurden. Er erzählt
Chronica Cap. 89 aus der Gegend von Guamanga (Ayacucho): ,A vna parte deste llano
hazia el naeimiento del Sol, estaua vn adoratorio de los senores, hecho de piedra, cer-
cado con vna pequena muralla: de donde salia vn terrado no muy grande, de anchor
de seys pies, yendo fundadas otras cercas sobre el: hasta que en el remate estaua
el assiento, para donde el Senorse ponia a hazer su oracion, hecho de vna sola pie9a,
tan grande, que tiene de lar go o nze pies, y de ancho siete: enla qual estä hechos dos
assientos para el efeto dicho. Esta piedra dizen, que solia estar llena de joyas de
oro y de pedreria, q adornauan el lugar, que ellos täto veneraro y estimaro.'

Die Länge von 11' und die Breite von 7' würden, den spanischen Fuss zu 0 278m
angenommen, ca. 3.05 m Länge und ca. 1.95 m Breite für den zweisitzigen Stein
ergeben. Die Masse des Steines und die daraus hervorgehenden der Sitze erinnern
an die bei Hrn. Wiener pag. 520,521 abgebildeten Sitze und an die Grösse der ein-
zelnen Sitzflächen auf der Platefor min Pumapungu. Die Doppelsitzigkeit des Steines
erinnert an die Abbildungen bei Hrn. Wienerp. 521, und Squier p. 324 und 478.

Von einer Doppelbank, welche dem Cultus diente, ist auch bei Cieza
Cap. 27 in der Beschreibung des Tempels der Sonne, Curicancha, in Cuzco die
Rede: ,Habia dos escanos en aquellapared, en los cuales daba el sol en saliendo,
y estaban las piedras sotilniente horadadas y puestas en los agujeros muchas
piedras preciosas y esmeraldas. En estos escanos se sentaban los reyes, y si otro
lo hacia, tenia pena de muerte.'

Beide angeführte Stellen deuten auf eine Verwendung grosser Steinsitze
beim Cultus hin. Die genauere Art ihrer Verwendung ist jedoch noch nicht auf-
gehellt. Hier lässt sich aber auch wieder an die Vermuthung S quier's über den
Gebrauch der Nischen, Felstreppen und Felssitze des Wallfahrtsortes Copacabana
anknüpfen. Es ist nicht nothwendig, dass alle diese sitz- und nischenartigen
Vertiefungen in gleicher Weise verwendet worden sind, wie die „Sitze", von
welchen Cieza berichtet.

8) Der Aufgang zu den altarartigen „Sitzflächen" hätte von Westen aus
über die vor der Plateform liegenden Stufen und über die teppichartigen Zeich-
nungen der Oberflächen der Steine a, b und d erfolgen können.

30
 
Annotationen