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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Ostpreußische Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17452#0011

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»tid tinflllßreiLeS Blatt, wir die .MoSkowskija Wjedomosti",
deren HerauSzeber Gebrimrath Katkow zu den vrrtrautesten
Rathzebern Kaiser AlexanderS lll. zehört, stch in einem
iängeren Artikel an leitender Stelle sehr ickars gegen daS
Dementi auSfpricht, wejcheS tem russtschen Militärbevoll-
mächrigten Baron Frederiks von drr russtschen Botschaft
in VäriS wie von dem AaSwärligen Amte zu Theil wurde-
ES spricht stch in jenem Artikel auch eine schroffe Haltung
gegen Deutschland auS, wie man sie sonst in dem angesehensten
Organ der rusfischen Preffe nur selten findet.

Jm Uebrigcn beschäftigen stch die panslavistischen Blätter
i etzt lebhaft mit der Rrise des bekannten Deroultzde in
Rußland. Drm Herrn werden in PeterSburg ficherlich von
den Panslavisten groie Ehrenbezeugungen dargebracht wer»
den. Bezeichnrrfd ist eS, wie der Redakteur eineS der
schlimmsten panslavistischcn Hetzblätter, des „Sswjet", fich
über den Ehrenwortbruch jeneS sauberen Herrn auSspriLt,
um so bezrichnender, alS Herr Komarow russtscher Gene-
ralstabSoberst a. D. ist. Herr Komarow schreibt: „WaS
haben doch die Deutschen für eine falsche Auffaffung! Der
Kriegsgefangene hält die Gefangenschafl bei den Feinden
keineS VaterlandeS nicht auS, und obwohl «r hundert Mal
riskirte, erschoffsn zu werdcn, «ntfloh er doch. Ein solcher
Mann verdient eine ganz besvndere Achtung und durchaus
niLt Beschimpfung. Die Flucht eincS KriegSgefangenen ist
nicht die eineS BedbrecherS' u. s. w. — Eine seltsame Auf-
faffung des Begriff „Ehrenwort"!

DsErÄes Reich.

S drrlis, 4. August. Seine Majestät der Kaiser
Wilhelm wtrd, nach den auS Wildbas Gastrin dirckt
hierher gelangten Mitthe'langen. feine Kur dasetbst am
10. d. M. früh beenden und hierauf nacb den bts jetzt ge>
troffenen DiSpofitionen am Nachmittage dieseS TageS von
dorr abreisen und die Rückreise nach Berlin bez. PotSdam
ankreten. — Von Gastein kommend wird Seine Majestät
der Kaifer am 10. d. MtS. AbendS in Salzburg einireffen,
dvrt übernachten und am NaLmittaze des nächsten TageS
die Rückrejse fortsetzen. Am 12. Bugust. Vormittags L»/« Uhr,
trifft Allerhöchstderselde miitrlS ExirazugeS auf der Station
Drewitz ein, von wo Seine Majestät fich wit den Herren
seiner Umgebung mittels der bereitgehaltenen Hofeguipagen
direkt nach Schloß BabelSberg begiebt, um dort für die
nächste Zeit zu restdiren BiS zum Tage seiner Abreise
von Gastein wird der Monarch ven Kurgebrauch wit ge-
wohnter Regelmäßigkeit sortsetzen. Auch die laufenden
Vorträge erleiden biS zu diesem Zeitpunkte keinerlci Unter.
drewung. — Seine Majestät der Katser nahm heute Vor»
mittag den Vortrag drS EhesS d«S Eivil-KabinetS, Wirklicken
Gebetmen RathS von WtlmcwSki. entgegrn. Am Diner
Seiner Majestät deS KaiserS werden heute Jhre Majestät
die Kaisertn vcn Oesterreick mit der Hofdame Gräfin Mailath
und dcm Oberbosmeister Freiherrn von Noxcsa, sowie der
ReickSkanrler Fürst von BiSmarck, und der Staithaltcr von
Elsaß-Lothringen, Fürst von Hohenlohe, mit ihren Gemah-
linnen theilnehmen.

Seine Kaiserliche und Königliche Hohrit der
Kronprinz beadstchtizt heute Nachmittag mit seiner Be-
gieitung Heidelberg zu verlaffen, um stch zum Besuch ber
Jhrer Majestäl der Kaiserin und Königin zunächst
nack Schlangenbad zu begeben. VorauSstcktlich tcifft Sctne
KatserliLe und Königljche Hoheir der Kronprinz dann am
6. d. wieder in Hetdelberg -in. von wo er am Abend des-
selben TageS die Rückceise nach Berlin vez. dem Neuen PalaiS
bei PotSdam antrnt.

— Der chineflsche Gesandte Marquis Tscng stattete
gestern Bormiltag dald nacb II Ubr mn seinen beicen Be-
gleitern dcm hiefizen chinestschen Gesandlen in deffen Gc-
fandtschaftShoiel einen längcren Besuch ab und nahm darauf
mit diesem und sciner Begleilung rc. verschiedene SehenS-
würdigkeiten u. A. auch die EtabliffementS von Siemen« u
HalSke in ber Markgrafen-Straße und demnäckst die Ma-
schiuenbauanstalt von Schwartzkopf in der Chauflee-Slraße
in Augenschein. AbendS II Uhr 5 Min. ist dann MarquiS
Tseng mit seincn deiden Begleitern vvn hier zunächft nach
Elbing abgercist, von wo er heute Abend seine Reisr nach
PeterSburg fortsetzi. Bei der Avsahrt von Berlin gabrn
der hirstge chinestschr Gesandtc unv sämmtlich« Herrcn
dieser Gesandlschaft, sowie Graf Berchem, Dlrektor im AuS-
wärligen Amte rc., dem MarquiS bis zum Bahnhofe Frie-
drichstraße daS Geleit.

— Der Kaiserlich rusfische Botschaster am hiefigen Hofe
General Graf Paul Schuwalow hat fich heute srüh
8 Udr von hier zu seiner Familie nach Schandau zurück-
degeben. Bet der Abfahrt von Bertin gab der Brudrr bes-
selben bcr rhemalirc rusflschc Botschaster am großbrltanni-
schen Hvfe Generat-Adjutant Gras Peter Schuwalow.
welcher gegenwärtig mit seiner Familie in Berlin weilt, ihm
biS zum Anhaltischcn Bahnhofe daS Geieik.

— Der MarquiS Tseng hat die Abficht, mit dem General-
Postdirektor v. Stephan eine neue Telegraphentinle
von London nach Peking zu vereinbaren, durch wetche
die Telegrapbcngevattrrschaft der »Great Northern" und ver
Greal „Eastern", wetche biS jetzt im Norden und Süden
EuropaS vir Sätze auf einer Höhr von fast 8 Sd. daS Wort
balten, durchdrochcn w,id. BiS jetzt laffen fich Depeschen nach
Cbina auf drri Arten versenden. ErstcnS Lurch die große Nord«
gesellschaft. Jhr Weg geht von Lonbon nach PeterSburg; von
dort nach Wlabiwostcck auf russtschem Drahte; dann von dort
nach Japan auf eigenem Drahte, durch Japan auf japanefi-
schem, von Nagajaki nach Shanghai auf eigenem und von

Die fünfte Säeularfeier der Heidelberger
Richerto - Carolina. ,

IV. Heidelberg. 2. August.

Mit dem Eintrrffen der verschiedenen Extrazü ge im
Laufe deS heutigen TageS hat fich daS testltche Treiben,
welches die engen Straßen belebl, noch viet reicker cnt-
wicktlk. Der gestrlge Nachwinag, an welchem namemlich
die Landbevölkerung in großen Scbaaren heremströmle, gab
allerdingS schon ein deutlichrS Bild davon, wie eS werven
würde. Um 12 Uhr 15 Minuten kam der erste, 2 Stunden
später der zwcite Berliner Extrazug an. Von da an
steigerte stck daS Treiben auf dem BahnhofSplatze, vor unv
in der EwpfangShalle immer medr. Aber eS geht AlleS in
guter Ordnunz vor stch. Die studeniischen Corporalionen
erwarten ihre alten Herren und Angehörigen mit unermüd-
lickem Eifer, und so sind viele junge Kräste bereir, vte An-
kommenden rurechtzuweisen, mS Quartier und sonst, wohin >
sie wünschen, zu bringen.

Der BiSwarckplatz am Emgange der Stadt, ringS von
Tribünen umrahmt, hat scinen Hauptschmuck in dem
Fürftenpavitlon, welcher mit einsacher, ader gediegener
Eleganz auSgestattet, den höchsten Herrschaften wäbrend des
FestzugeS zum Aufenthalt dienen wird. Er enihält einen
großen EmpfangSraum und eine von einem Zeltbach ge-
deckle Estradc. Etne schön gewötbte Kuppel krönt den Bau.
An dcr vorderen Seite zeigt fl« daS badische Woppen. Von
unbesckretblich malcrischer Wirkung ist ber Amlick der Stadt
von der Nauenheimcr Landstraße. jenseit deS NeckarS. aus.
DaS Auge schaut auf einen Wald von Fahncn, wodei rte
für dekorative Wirkung ss günstigen badischen LandeS-
farben, roth und getb, stch außerorbentlich günstig zcigen,
ein recktes Btld heiterer Lebcnsluft.

Bcarüßt von dem Geläut der Glocken und Böllerschüffen
langten Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog
und bie Frau Grotztzerzogin heute Nachmittag gegen
4 Udr von KarlSruhe in Hetdelderg an und futzren toforr
vom Bahnhof tn die Festhalle. um dteselbe zu bestchtigen.
Der Großherzog trug bie Uniform der Mannbrimer Dra-
goner. die Gcoßherzogin war in cinsachem grauen Kleide.
In dcr Begleilung deS erlauchten PaareS befanben stch
Hofmarschall Freiherr von Gemmingen und Flügeladju-
tant Mojor Mülter, sowie bie Hofdamen Frau vori
Holzing und Frrifrau von Gemmingen. Mimsterial-
rath Frech alS LandeSkommissär, Stodivirektor v. Sckerer
und Oberbürgermeifter vr. WltckenS empfingen die hohen
Herrsckaften und geteiteten fie biS in dtc Mitte der Halle,
in welcher ctn zadtreichcS PubHkum, zumeist Studentcn und
Aite Herren im Schmuck ihrer VereinSfarben, dieseloen auf
daS Lebvafieste tsegrüßte. Bon der Festhalle ging die
weitere Fahrt durch die Hauptftraße zum UntversilätS-
grbäude zur Befichtigung der so prächlig erneuerten, leiber

SHroüdrit»e!»rtt>e«.

Loudsn, 2.Auguft. (A.C.) DaS neue konservative
Kabinet ist nunmehr vollzählig. Daffelde besteht auS
vierzehn Mitglicdern. nämlich: Lord SaliSbury. Prc-
mier; Lord HalSbury, Lordkanzler; Lord JddcSieigb,
Minister deS AuSwärtigen; W. H-Smitb, KriegSminister;
Lord Gorae Hamilton, Chef der Admiratität; Sir
Rickard Croß, Mioister sür Jndien; Edward Stan-
bope, Minister sür die Kolonien; Sir Michael HickS-
Beach, erster StaatSsekretär sür Jrland; Lord Ranbolph
Churckill, Schotzkanzler und Leiter deS UnterhauseS;
Lorv Ashbourne. Lordkanzler von Jrland; HenryMat-
thews, Ministcr deS Jnnern; Lord Cranbrook, Präst-
dent deS Gebetmen StaatSrathS; L»rd John MannerS,
Kanzler beS Herzogthum- Lancaster; unv Obrrst Sir
F. Stanley. Prästdent des HandelS-AmteS. — Jm
Nebrigen beftebt daS Ministerium biS jetzt au- folgenden
Herren: MarquiS von Londonderry, Vicekönig von
Jrland; Earl Cadogan, Geheimsteaetbewahrer; H. C.
RaikeS, General-Poftmeister; Sir Rickard Webster.
Genrralanwalt; Sir John Gorst, General-FiSkal; Sir
Hsenry Holland, Bicrprästdent deS aebeimen Staal-rathS
süc UnterrichtSwesen u. s. w.; D. Ptunket, Ober-Kom-
miffär der öffentlichen Arbciten; AkerS-DougtaS. politi-
scker Sekretär deS SckatzamtS; B. I. Balfour. Sekretär
für Schottland; I. H. A. Macdonald. Lord-Advokat für
Schotttand; H. HolmeS, General-Anwalt für Jrtand;
I- G. Gibson, General-FiSkal für Zrlond; Marriott,
General-Auditeur; Earl v»n Lathom, Ooerst-Kämmerer;
Hcrzog von Portland. Ober-Stollmeister; Henry
Chaplin, Prästvent des KommunalverwattungSamtS; Earl
Beauchamp, Generalzahlmttster; W L. Jackson, finan-
zieller Sekretär d«S SatzamtS, unv I. P- B. Rodertson.
GeneralstSlal vrn Schottiand. Sir Rlckard Croß und
Sir F. Stanley wcrden in den PairSstand erhoben. so
daß steben der KabinctSmitglieder deS Obcrbanses und die
anderen flebcn Mitglieder deS UnterhauseS sein werden.
Amerika.

Wasbington, 3 August. DaS Comite deS Reprä-
sentantenbauseS für auSwirtige «ngelegenhriten hat in
Bezug auf die von dcr Mexikonisiben Regierun, abgclehnic
Frcilaffung deS verhafteten RedakteurS Cvtling eine Re-
solution angenommen, welche dcsagt, daß daS HauS, wenn
sckon «S davon Kenntniß nehme, daß die mex.konischr Re-
gierung bereit sei, ihre nationaten Vertzflichlungen zu er-
füllen, doch niemalS ein Prinzip anerkenncn könne, nach
welckem amerikanilcke Bürger wegen in Amerika begangener
Vergehen in «nem srcmden Laude gerichllich veifoigt werden
dürften. DaS HouS rrthrile drShotb dcr auf Freilafsung
deS RedaktcurS Cutiing gerichtelen Ford«rung deS UnionS-
PrLfidenten seine Zuftimmung und «rsucke den Letzteren.
diese Forderung bei der mexikanischen Regierung zu
wicderholen.

KöuigSberger Nachrietziev.

«SutaSberg. den 5. Auguft 188S.
WttterungS-AuSstchten für Freitag. «. «nguft.

(Privoi'Nroznvjr vrr „Ollprrotz. Zig" Nockdruä verbotru
laut Gei«» vom N. Jnni 1870.)

kühleS Weltcr bei vcränderlichrr Bcwölkung und mäßigem
Winde. Kelne ober geringr Niebrrschtägc.

fPersonal-Cdronik.j Der Herr Minister der
geistticheu, Unlerrlchtö- und Merijinal-Angelegenhrllen hot
dem Oberlehrer vr. Ferdinand Wilhelm Wegener an dem
städtischen Realgymnostum zu KönigSberg m Pr. vaS Prä-
dikat „Proseffor" verliebrn. Dcm SckulamtSbewerber Franz
SwilluS, »vongelischer Konfesston, lft stetS widerruflich die
Erlaubmß zur Annahme von Stellen alS HouSlehrer und
Erzieher in stamilien innerholb deS RegierungSbezirkS
KönigSberg erlheilt worden. Dem Fräulein AzneS Schmall.
cvangelischer Konfesston. ist stetS widerrufltck die Erlaubniß
zur «nnahme von Stellen alS HmSlehrcrin und Erzieherin
in Familien innerhald deS ReglerungSbczirkS köniaSderg
crlhcltt worden. Der forstversorgungSberechtigie Jäger,
Forstausjrher Edelmann ist zumFörster «rnanm und ihm
die durch Penstonirung de« biSherigen Stellrn-JnbabcrS er-
ledigte Försterstelle zu Aßlacken. Oberförsterri DruSkrn, vom
1. Oktobcr c. ab. üdcrlragen worden.

?—? I Hoher Reisender.Z Der chinefische Gesandte,
MarqaiS Tseng, passtrte gestern Abcnd« auf der Durch-
reise von Berlin nach PetcrSbnrg den diesigen Ort. Ob-
glciw sür dcn hohe» Reisenden dic Königtichrn Gemäwer
auf dem Ostbahnhofe bereitgehaltrn wurdcn, mackte dersctbe
von ihnen doch keinen Gebrauch.

?—? fllniversitäiS.Ferien.i Heute stnd die Bor-
lesungen auf der hieflgen AlbertuS - Univcrfilät sür da»
Sommersemester 1886 gcscklcffen wordcn. Für daS Winter-
semester 1886/87 werden die Vorlessngcn om I«. Oktober c.
degtnnen.

—fPferderennrn.j Jm Anschluß an unscrn Renn-
bericki bemerken wir zur Bermeidung von Jrrthümern, daß
die Rennen von Herrn Rittmeister Klockmann geleitet
wurden, da der Hauplvorsteher Herr Graf Rickarv zu
Dohna-Schlobittcn gerrnwärtig im Bade weitl.

fOstpreußische Südbahn.) Die BetriebS-Eiu-
nahme pro Monat Jutt 1886 betrug: Jm Personenverkehr
: 3,629 Mark, im Gütervcrkehr 130,200 Mark, an Extra-
ordinaricn lO.OOO Mk.; nach vorläufizer Fcststellung 2e3.S2»
Mark, darunter Flschhausen-Patmnicken 3167 Mark; im
Juti 1885 provisortsch 299,754 Mark, im Juti 1886 wenigcr
K5.S?5 Mark. Vom 1. Jonuar blS Ende Jutl 1886 I.69S 833
Mork, (bestnitive Emnahme auS russtschem Verkevr noch
russtschem Styl.) FÜr denselben Zeilraum 1885 2,777.92;
Mark; mithin vro 1886 weniger 1.078 090 Mark.

—/ fBerliner Schautpiel-Ensemdlc.) „Denist",
jencS vieldesprochene Schauspiet deS jüngeren DumaS, haite

daS Berliner Schauspirl-Ensemble zur dritten Vorstellung
gewäblt. Der schauspieterlsche Erfola war derselbe w>e an
dcn vorangegangen Tagen; die Gäst« haben die Gunst dcS
hiestgen PubtikumS stch vollständig zu erwerden gewußt und
daS um «inige Vorstellnngen verlängerle Gastspiel dürfte
stch auck sürderhin wie biSber des brstcn BesuLeg ,u er-
jreuen haben. „Denise" ist brkanntlick ein sozialeS Ten-
den»-Drama der kraffesten Sorte und richtet seive Angriffe
direkt gezen die Grundpfriler unserer sttttichen Bnschauungev.
S» gewandt daS ganze Stück gelckrieben ist, mit so gtän-
zender Dialektik der Autor für seine Anstchten eintritt, to
wird er doch in Deaischland kaum Jemanden überzeugen
ktznnen. AllgeweineS Bürgerrecht kann ein derartigeS Stück
bier somit nicht erlangen, ja «S müßte im böchsten Grade
bedauert werdrn, w«nn das Jntereffe für französtsche Sitt-n-
Komödten im Bolke im Wachsen bcgriffen wäre. Für ein
Pudlikum der höhrren Klaffen frlilick bleibt die französtsLe
Sittcn-Komiidie schon durck ihre meist elegante Form höchst
interrffant. nickt minder durck idren Jnholt, welcher zwor
den Wiverspruch wobl eineS Jeben herauSsordern. darum
aber gerade zum Nochventen über daS in bcm Stücke behon-
delte soziale Tbema anregen wird. Freitich bedürsen > i«
Werke französtscher Autoren wegen der Feinheit und Subtitität
ihrrS Diatogc« sowohl aute Einlel-Darstellungcn, als auw
vor Allem cin vortrcfflichrS Ensemble. DaS Bertiver
Sckauspiel - Ensemblr bletet in erfter Hinstcht VielcS, i»
letzterer AlleS, waS man nur wünschen kann. DieseS Zu°
sammenspiel, welckcS aus daS Sorgsältigste durch viete
Proben geübt worden ist, birtet den großen Genuß der Bor°
strllungen unlerer gcgcnwärtigen Gäste deS Bürger-Reffource-
TbeaterS und in ..Denise" offenbarten stch diese Vorzügc
wieder in gläozendster Weise. DaS Ganzc floß so leicbt
dahin, der Dialo« war so sorgfältig cinstudiri. IcdeS Wcrt
de« eincn DarstcllerS brachir die roisprechende Wirkung aut
daS Mienenspiel deS Aoderen bervor. ein Darstellcr nabm
dem anderen daS Wort auS dem Munde, ohne crst aof daS
sogenannte „Anlchlagen" deS SousfleurS zu wartcn, kar;
daS Ganzr mackte einen so einhcitlichen gcschloffcnen Ein-
drock, daß die Vorstellung «inen vollen künstleriscken Genuß
dem Zuschauer gewährt«. Untcr den eiozelnen Mitwirkenden
müffen Ew'ge alS bervorragend besondrrS genannt werben.
Dir Darstellung der Titelrolle seitenS Fräulein BenSberg
war eine vortrefflicke, im Anfang einfack und natürlick. lpäter
von ergreisender Kraft und tiefgevender Wirkung. Auch Herr
Haak alS Thouvenin leistete AuSgezeichneteS und überraschte
vor Allem durck «ortreffliche Rhetorik in der grvßen Scene mit
Andre. Minder GnteS, aber doch AngemeffeneS wurbe
seitenS der Herren Ottbertnnv Darmer «eboten Ersterer
gab drn Grasen Andrtz in den Umriffen zu wenig schars, L«tz-
terem sedlte daS gleißn«r,s»e liebenSwürdigeWes-p, dorck welcheS
man den peinltchrn Eindruek drr Figur mitdern und deren
Stellung in dem Stücke gtaudhafter macken kann. Eine
kleine ergötzlicke Charge war der Pontferrant deS Herrn
Mautbncr, recht gut der Briffot deS Herrn Back, ebcnso
reckt lobcnSwerth die Martha drs Fräulein Fischer. Ganz
desondrrS zu nennen ist noch Fränlein Bendel a!S Frau
Thauzette. Daß Soubretten auck Salondamen in sranzösi«
schen Slücken »an, vortrefflich ,u spieren verstehen. ist an
der deultchen Bübne sedenfallS ein Novum. Sn Fräulcin
Bendel'S Darstrllung konnte mrn nur daSEine auSsetzen,
doß fl« die Rolle drr sechSundvierzigsährigen Koketien ein
wenig allzu jugendNch gab, tndeffen kanu man rS einer Dar-
ftellerin nickt allzu ledr verargen. wenn ste daS Lickt ihrer
Ersckeinung nickt allzu sehr unter ben Scheffel zu stellen
braucht, wte dieS im vortlegenden Falle dte Rolle einiger-
maßen verlangt hätte. Jm Uebrigen aber war daS Spiel
der Genannten ein höchst dnrchdackteS. der Dialog außer-
ord«ntli<ir frin nüancirt und der «anze Charakier vortrefflich
aufgesaßt. Die R«a>e deS StückeS la«. wie die aller von
drr Gesellschaft zur Darstellung «ebrachlcn, in den Händen
des Herrn Haak. welchec nach Nllem, waS wir bishcr ge-
srhen, ein vortreffticher Regiffeur genanm werden muß.

—fSchützrnhauk-Theater.) Am gestrigen Mitl-
woch eriffnete im SchüdenbauS-Tbcater Fräutein Atwine
Melar vom Wallner-Theater >n Berlin alS Blice in
Günther's „Leibarzt" ein Gastspirl mit sehr guiem Er-
fotge. Die jungc Dame besttzt neben einer sehr düdscken
Erscheinung vortreffliche Mittet und ein ganz allerliebsteS
und dabei fein durchdackieS Spiel, dem man eS sosort o»-
mcrkt, daß eS an vvrnekmen Bühnen gcbildei «orden ist.
Daffelbe noch mehr zn charakteristren, werden uns die wei-
teren Gastspielr»llen deS Fräulein Melar Gelrgendeit
geben. ba wir nach ihrem ersten Austretr», bei wctchom wir
nnr kurze Zeit im Tbcater anwesrnd zu sein vermcckten.
niLt mehr als Lber dcn allgrmrinen günstigen Eindrvck zu
rcferiren im Stande stnd. — Am morgigen Frritage bat,
wie bereitS Mltgetheilt. Fräulein WinkelSdorff ihr Benest;
und hierzu vaS hübsche Lustlpicl „Grißevwahn" zur Aus-
fützruna gewäblt.

?—? fNeue KirchhosShaUe.f Der Löbenichtsche Ge-
meindekirchcnratb wird wahrscheinlich noch in diesem Jihre
auf dem Alien Löbenichtschen Friedhofe vor dem KönigSitzor
eine Halle erbauen lasten, die dazu djenen soll, Leichen unier-
zrbringen und bei ungünftiger Wlitrrung zur Bbbaltung
von Leichenreden zu dienen. BiS jetzt entbehrt« der Friebhof
einer totchen Halle.

?-? fZuggraben.f Nachdem die biS zu einer Tiif:
von 15 ffuß auSzusübrcndc Bodenai'Shebung zur Robrlegung
neben dem Zuzgraben am Ostbabnhofe auf der Strecke vom
Sammetbasfin diS zum SLienenstrang dcr Süddahn bec!,-
digt wordcn. ist sofort mit der Legung dcr RSHren zur Aus-
nahme dcr Waffer ve« ZuggrabenS begonnen nud dicselt-e
bis gestrrn Abcnt» in einer Länze von 35 Meter fertig
gestellt wordcn.

?-? fEiSdrechdampfer.) Der vor einigcn Wocken
auf die SchiffSwerft diS Herrn Fechter aufgebrachte EiS-
brcchdampfcr „köntgSderg" ist inzwischcn ciner gründlichrn
Reviston unterworfcn worven, wobei stch hrrau«zcstellt, daß

Shangbai naL Peking auf chinestschem Drahte. ZweitenS
durch die große Ostgesellschast auf dem bekannten Wege nach
Jndien und China. DriltenS sür diesenigen, welche nicht
allzu gi oße Eile hobm. ouf «emischtem Wege, und zwar von
Lonton üder Petersburg nach drr russtsch-Linesischen Grenze
bei Kiochta-Maimatschin vermittelk deS DrahteS und von dort
vermittelst bcrittener Post nach Peking. Die Kosten mindern
stch dabei von 8 Sh. auf ungefähc 2 Sh. daS Wort. Allc
drri Arten stnd ader anfechtdar, die beiden ersten wegen der
ollzu bohen Sätze — einr V-rminderung ist nur durck Berein-
barung der beiden Gesellschaftcn möglich — und die letztere
wigen ihrcr Langsamkeit. Tseng will daber den Bersuch
machen, mit einer dritteo unbctheitigten Mackt eine un-
mittelbare Verbindung zwilchen London und Pelina zu
schaffcn. mil Dcutschland. Zu diesem Zweckr würde China
stch verpflichten, eine Linie von Peking nach der Grenze dei
Maimatschin im Süden deS BaikalgebirgeS anzulcgen, —
diescr Weg nimmt augenblickiich fünfzehn Tagereisen zu
Pferde in Änlpruch —, wahrend Deutschland sür den An-
schluß von Thcrn auS durch russtsche« Gebict biS Kiachta«
Maimotsckin sorgen würde. Eine Depescke von Lonbon
würde daher dcn Weg über Belgien und Drutschland nach
Tborn und von dort vurch Rußland und China nach Peking
nchmen.

— Durck Kaiserlicke Vcrordnung vom 27. Juli c. ist
bestimmt. daß die Vorschriften der Verordnung, betreffend
nätzerc Fcstsetzungen über die Gewährung v»n Tagr-
geldern, Fuhrkosten und Umzugskosten an die
Beamten der Militär- und Marincverwaltung.
vom 20. Mai 1880 dabin crgänzt werden, daß die oberste
Militär-VerwaltungSbrhörde deS KontingcntS, bezichungs«
weise die Admiralität. ermScktigt tst. dcn Beamten der
Militär- beziehungSweist der Marineverwaltung für Reisen,
welche häustg oder in bcstimmten Zeiträumen nack nahe
geleaenen Orten aukzuführen sind, eine Pauschsumme an
Stelle der verordnungSmäßigen Fudrkcsten und Tagegelder
in dcn Grenzen derselben festzusetzen. Diese Verordnung
tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft.

— Der Dampfer „Electra" mit der abgelösten Be«
satzung S. Mos. Kreuzer „M öwe" und S. Masestät Ka-
nonenboot „Hyäne" ist am 3. Auguft c. in Pord Said
eingetroffen und beabstchiigt am 4. Auguft c. die Hcimreis«
fortzusetzen.

LrcSden, 2. August, (N. A. Z.) Der au» Bcrlin auf
Grund veS SoziolistengcsetzeS auSgewiesene ReichStagSadge-
ordnete und Kaufmonn Singer. welcher hier setn Domizil
aufgeschlagen hat, fühlte daS Bedürfniß, auch hicr seinr
WeiSbeit auSzukramen und veranstaltete am Sonnabend
eine VolkSversammlung. „Die sozial-politische Lage Deutsch-
landS" war das Tbema, doS «r stch gewählt hatte. Wie stch
Singer übcr die sozialen ReichSgesetze auSsprach, brauche ich
nicht eingehend mitzuthcilen; diese Einrichiungen herabzu-
setzen, liegt ja im Intrrffe der sozioldemolralischen Bgita-
toren. Auffallcnd war aber die deftige Art, in der ffch
der Redner über den BundeSrath auSsprack. Derselbe ge-
brauchte AuSdrücke, welche den anwesenden Polizeikommiffar
nöthigten, denVorsttzendcn Bebcl auszaf»rdern. denRedner
zu unterbrechen und solche Aeußerungen. welche drn BundeS-
rath verächttich zu machrn geeignct seien, nicht zuzulaffen.
Bnstatt diete Wornung zu berückstchtigen, erklärte Singcr,
daß er stch durch keine MaLt abhalten laffen werde, zu
sagen, waS er alS VolkSvertreier sür Recht und Pfltcht halte,
er werde in diesem Sinne seinen Vortrag fortsetzen. Nach
dieser herauStordernden Aeußerung erklärte der Polizeikom-
- miffar die Versammlung für aufgelöft. Die Anwesenden
! wollken Anfangs aufdrauscn, sügtcn flch aber und begnügten
> stch im langsamen Abgehen mitHochruscn auf Singer und
! Bcbel.

tOetterTeiÄ.

va« vastein. 3. August. (Köln. Z.) Schon von5llhr
ab war gestern der Gtraubingervlatz von einer großen
Menschenmenge angesüllt, wrlche die Ankunft deS Fürsten
BiSmarck erwartete. Al« der Fürst anlangte, erscholl ein
brausendeS dreifacheS Hoch; ouch die Fürftin, die im
zweiten Wagen fuhr, wurde lebhaft bcgrüßt. BiSmarck
fuhr unmittelbar zum SchwaigcrhauS. GleiL nach der
Ankunft deS Fürsten fuhr d-r Kaiscr nach der Vllla Soli-
tude zur Gräfin Lehndorff. Gestern ist dcr Minister
v. Bölticher, heute Bormtttag drr Statthalter F-Ürst
Hobentohe eingetroffen. Zur KaiserliLen Tafet stnd dcute
kttnc Einladungen ergangen, weil der GedurtStag Frie-
drich WilhclmS III. ist. Fürst BiSmarck maLte um
12>/e Uhr dem Kaiser einen Besuch von riner Stunde.
Der Fürst wnrdc bci seinem ErsLeinen jedeS Mal von den
Babegästen degrüßt, besonberS lebhaft auf dem Spaziergang,
den er BormittagS auf dem Kaiserwege machte.

Wien, 2. August. Der „Polit. Corr." zufolge sagte
Karawclow in der letzten Sitzung der Sobranje, die
ostrumetische Kommisston werde sich nur mit vicr Fragen
beschäftigen: Tribut, Zoll-, Post- und Stempelwesen. Et-
wanige Einwände grgen die Berschmelzung der beiden Bul«
garien hälten dte Großmäckte ertzeben können. alS daS AmtS-
blatt tie Anordnungen veröffenttichte. FallS die Trrnnung
glciLwohl gescrdert werden sollle, werde die Sobranse
wieder einberufrn werden. Jn der Zollfragc schlägt Bul-
garien sür türkische Waaren Zollfreiheit unter dem Tltci
deS GrenzverkehrS vor, für fremde Einfubr Zölle. — Wie
dcr „Neuen Fr. Pr." a»S Bukarest gemetbrl wird, reist
Pherekyde zur Kur nach Aachen; ihn vertritt der Unter-
richtSministcr Sturdza.

Wien, 3. August. Der „Polit. Korresp." wird auS
Nisch gemetdet: Die SkupsLtina nabm einstimmig den An-
trag deS FinanzmmisterS an. delreffend die Wahl einer
Kommisston von 15 Mltgiiedern zur Prüfung der biSherigen
Finanzgebahrung dcr Regirrun« vnd zur Erwägnng von
Maßrrgeln BehufS Herstellung eineS stetigen GleichgewichtS
deS BudgetS.

nicht vergrößerten Aula. Die Universttät ist auch brkorativ
sebr reich bevacht. Den schönstcn SLmuck bltden zwei
lebcnSgroße von Guivo Schmivt in Hrlvctber» in Oel
gemalie jungfräuliche Gestalten. die Rllperto-Carola. alS
Lebrerin mit der weißen Priestrrbinde im Haar inmitten
einer Bibtiöihek stehend dargestellt und die Heldelberga, eine
liebliche Jungfraucngestalt, wetche rinen Hridelbcerstrauß
darbietet. Auch der Pfälzer Löwe auf dem LudwigSplatz
hat «in neueS JubiläumSgewanb tn Geftalt elncS Ueberzugs
von Goldbronze erhalten.

DaS Jnnere der Heiliggcistkirche, in welcher der
FistgoltcSbienst. der Festakt und die Ehrcnpromotionen stalt-
finden werdcn. ist nun ein Raum. Jn der rcchten Wand-
se.te der CkorS verkündigt cine Jnschrlsl: „Jm Jahre 1886
wurde zur Gewinnung würdigen Raumes sür die Feier deS
500lährigen JudiläamS der Univerfiiäi aus Verantasturg
bcr Grcßy. Regierun« die zutrtzt sttt 1720 Chor und SLiff
der KirLe trennendc SLridemauer enifernt."

Heidelberg, 3. August.

AlS erster Festakt fand gestern Abend 8'/r Ubr in der
Festhall« der Empfang der Gästc ftatt. Dcr ungeheure
Raum war batb dicht gesüllk von Sludenten, Aiten Herren
und andercn Festgenoffen. Auch daS we,bliche Gcichlcchr
war sehr zahlreich vertrelen. Manck froheS Wiedcrsehen
wnrde gefeiert. manck neueS Banv der Gemetnschaft ge-
knüpft. Die wogende Menge, beren Zaht mindestens 6000
betrug, gewährtc im Sckein deS elekirischen LichteS einen
großartigen Anblick. Nach cincm Trompetcnstgnal eriönien
dtc feieriichen Klänge deS Lachner'ichcn FestmarscheS. dann
bestieg Oberbürgermeister vr. WilckenS die Rednerkauzel.
um den Festgrnß darzubringen. D/iß die Gaste so zavl-
reich gekommen, >ei ein Zeichcn frober au< der Jugendzeit
bewahrter Erinnerungen. DaS Fest solle auch daS nationale
Band stärken, benn dle tüutte Centenarseier der Universität
falle in rine Zeit nalionalcr ttraft und Herrlichkeit. Jn
drr Perton deS Kronprinzen «ntscne« der o-ulsche Katser
einen Verlreler deS Reiches, der hochtzerzige Grobtzer;og sei
der ksotor waLuiüoeutiisimu». Doppelt freudig scdlage daS
Herz, da der >n unserer Mllte weile, der scine ganz« Kraft
sür vie nakionale Einigung eingesetzt, sür sir große Opfer
gebracht kabr. Der Rebner schlotz mtt einem Hoch aus den
Kaiser und den Großverzog, deffen Widerhall brauscnd Lurch
ben saal tönte, worauf das „Hett dir tm Siegerkranz"
mäLtig erscholl, indem vie Menge stch ertzob.

Es solgte nunmebr drr Vortrag deS Scheffel-Lachner-
schen JublläumSIiedeS durch die vcreinigten Hcidelberger
Männcrchörc. DaS Barilonsolo sang Herr Hofpauer Mlt
markiger Stimme. Untcr unendlichem Beffall wurde der
scköne Festgesang wiederholt verlongt und grgcben. Später
wurde noch daS von Jul. Wolff gedichtete und »on Vin-
cenz Lachner komponirte Lied auf daS Drutschk Rrich

gesungen und fand gtelchfallS großrn Beifall. Noch tangc
verweltte dte Menge »n «ehalientr Fröhltchteit unler den
Klängen der Mustk iii ungezwungrner Unlerhaitung

Währcnd noch geslern Abend daS Wetter schr unbeständig
zu werden schien, «rüßte den hcutigen Tag dcr schönstc
Sonnenschein und ersrlschendc Luft. Um 8 Uhr traf, von
Batzreuitz tvuiuirno. Se. Kaisrrtlche Hodeil ber Kron-
prinz ,n Heideiderg ein, avf bem Perron cmvfangen vom
Großtzerzoz, dem preußlschen Gesandien in KarlSruhe, der
Generaütäl deS badischen Armce-CorpS, sowie neleu Osfi-
zicren, Profefforen der Universtlät mit Geh Raih Becker.
Sladtdirekior von Swercr, dem Stadtrath mit dem
Oberdügermeister. Bcgeistcrt begrüßte die dnrch all«
Straßen dichl gedräugle VolkSmenge die höchsten Herr-
schasten, währenv von den Ktrchlhürmen daS Glocken-
geiäut und von der Hötze deZ GeiSdergcS Böller-
jchüff« erlönlen. Der Greßhcrzog und dcr Kron-
prtnz fuhren zunächst zum PaiaiS und bald darauf zum
FcstgotttSdienft zur Heitlggeiftklrche, die stck um 9 Utzr
mit elner überans glänze»den unv sestlichen Versammtimg
gesüllt tzatte. Jm Mittetschiff saßen die Protefforen und
Vcrtreier der Universtiätcn meist >n erigineller unb reia-
geschmückier AmiStrachi. Braujende Hochrufe verkündigtcn
daS illahen der fürstlichen tzerrschasien. Der Gro ß tzerz o g
schrill voran in die Kirche, der Kronprin, tützrlc Jtzre
K. Hodeit die Frau Groß tzerzo-in. Diese,bcn nahmen
aus Seffeln vor der Kanzet Platz Stadtpsarrcr Basser-
mann hielt die Lllurgie unv barnach die Fcftvrcdigt üdcr
Ps. 90,4: Tausend Jahre sind vor bir wi« d»r Tag,
der gestern vergangen ist und wiceineNachlwache.
Fünfhundert Jahre, so führte er u. a. auS, stnd !ür unS
ein langer Zeltraum; sür den Ewigen ater st»b ste gt-ich
dem. waS für unS daS Geringste ift. DaS mahnt zur Dc-
muth. Wie weniz dedeutel der «inzclne M-ntch mit semer
LebcnSarbeit. Ader in der Hand desten, der die Geschichle
schafst ist «r docd ein Werkzeug und unentbehrlich wie er
dci Goti unvergesten tzleibe. Jn dcm Gedanken an den
Ewigen und in der GemeinsLati mtt dem Ewlgen sollen
wir nnS demülhigen, aber auck erhedcn, erlcucklen, träsligen
und dcsellgcn. Vollcr Dank und Verlrauen w llen wir
Herzen unb HLnde ausbeben, so wrrde cer Ewige aucb
ferner über dcr Hocbichule fchützend waltcn. ihrc Geschicke
zum Segen 'eiten, alle Mitarbciter mil seinem Gcist «-
süllen, zu schaffen. waS ewig bleibt. dc>ß sern Reick komme
unv setn Wille geschehc auf Erden wie im Himmel.

Die Rede des Geistlichen war formrollendei. entbehrte
aber leider seder Hinweitun» auf daS Cbriftenlhum unv tteß
ka!t und unbegetftert. DaS war ein Mangel dieteS sonst so
glänzcnden FeftakleS, der durch unverglcichtich schön vnd
weihevoll auSqeführle Gesängc dcS BachvereinS gehoben wvrve.

Um 1i Uhr folgie dann ker Empfang dcr Depu-
tationen in der Bula. Jn der Bersammlung, die stch ähn-
lich zusammrnsetzte wir bei drm FrstgottrSdienst defandcn flch

auch der prcußlscke KultuSmlnister v. Goßlcr, sowie die
badischen Minister und hohen Würdenträger. Bald uach
li-Ubr irat der Großherzog cin, der Kronprin, sübrtc di«
Großherzogin zu den vor dem Siuhi deS RektorS auf-
gestellten Lehnftühlcn, der Greßherzog nahm den Platz des
RektorS rin. NaLdrm der EinzuqSmarsch auS R. Wagner's
Metsterfingern und Mend-ISsohn'S vom akademischen Gk-
sangverein gesungencr FesthtznumS: .ES srrach drr Hrrr.
rS werde Lichl!" verktnngen. biett der Großherzog die be-
rcilg mitgetb-itte Rede, und bing hierauf kem Prorektor,
Geh. Raih vr. Becker die telreffende ttelte um und drückie
ihm die Hand.

Nunmchr erhob stch Se. K. u^K. Hobeit der kron-
prinz und drachte im Ausirage Sr. Plaj ftäl dcS deutscken
KaiserS den untern Lesern etzenfalls bekannten Gruß und
Gtückwunlch.

Prorekior vr. Becker dankte den bejden erlauchten Fürsten
wit warmen Worten sür di« erwicsene Hulb die unaufhör-
ttche Untertbanentreue verffchernd.

Es sprachen weiier Minlstcr Nock sür die badi'che Re-
gierung Minister a. D. Lamey alS Leriretir der badischen
Ständc. worauf der Prorektor «ne kurze Erwibkrung ber
Grütze und Wünsche ausspracb.

ES folgte wekker Prof. Hendrik Svcndssn auS Rom.
der im sckwar,en Frack schttcht und einfach auftrcteiidr Ad-
gesanvte d«s PapsteS diclt eine längere ikalicnitche Antvracke,
als Gabc Sr. Hciligkcit den Katalog d-r von T'lly einft
auS Heitzeltzerg entnommenen, seitdem in Rcm tzefinvlichrn
Ltterakurschäse dartzringend. Der Prorettor sprach dem
Redncr den Dank sür die werthvolle wifl-nschasiliche Gabe
auS, die freilich eine Erinnerung an irübe Tage m stäi
tchtteßen- Diele seien ader vorüber, um nimmer wjederz»-
kebren. Mit Genugthuung erfülle eS. datz auch der Papfl
Lco XIII. daS Jubitäum drr Universttät durch Scndung
eineS BertreterS geehrt bat.

Im Namcn der wiffenscbaftlichrn Kcrporation deutscher
Zunge grüßte Geh. RegilrangSralb Prof-ffor vr Zeller
ouS Be-lin; im Namcn der ausländitchen M Hermite.
Pcoieflor der Pariser Sarbonne und Mitalicd deS lostitut
6« krauo«. Namentlich dic französtsch« Retze deo LesicreN
sand große Beachtung wegen deS ILön-n dluSdruckS fried-
liLer Gestnnung. Sowohl der Großherzog wie der Kron-
prinz drückten dem Redner dte Hand. Der Prorektor be-
antwortete seine Red« mit herzlichen Worien.

ES folgten nun di« Vertreter der rinzelnen wiffensckast-
lickcn Jnstitut« und Korpvralionen, wrlche werthvolle Feft"
gaben mit kurzen Worten darbrachten; die Universtiät stö'
nigSberg wurdt durch den Prorcktor Prof. Vr. Walthk>-
vcrlrcten. ,

Daun fprachen noch die Vertreter dcS tzodischen Kultus
ministeriumS, deS Oberkirckenraths u a. Mü einemMarü"
von Franz Lackner wurde der hochintereffanlr akaLemii^
Festakt um 12'/» Uhr geschloffen.
 
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