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Traum eines Ritters ind llypnerolomachia Poliphili

ters zum thematischen Verständnis voraus. Gerade darin besteht eine spezifisch
neuzeitliche Seite seiner Malerei.

Von der bildmetaphorischen Verwandlung einer Allegorie:
Raphaels Traum eines Patters und die Hypnerotomachia Poliphili

Wie wenig die künstlerische Gestalt des Bildes in Raphaels Malerei als ästhetisch
kostbares >Gehäuse< von dem thematischen Substrat des Gehaltes ablösbar ist,
stattdessen für die Interpretation eine unhintergehbare Ebene des Verstehens bil-
det, kann vorab an einem Beispiel betrachtet werden, das bis heute der kunsthisto-
rischen Interpretation erhebliche Verständnisschwierigkeiten bereitet: Raphaels
sogenannter Traum eines Ritlers2' (Abb. I) und das zugehörige Pendantbild der
Drei Grazien (Abb. 2)". Es bietet sich dabei an, im Vergleich auf eine Interpretati-
onsmethode zu achten, die an dem gleichen Bild unter ausdrücklichem Verzicht
auf die »unmittelbare Anschauung des Kunstwerks« und die Betrachtung der Farbe
ihre Ergebnisse über »bildungsmäßig Hinzugewußtes« als »sekundäre!r| Gegen-
standsschicht« der Darstellung gesucht hat . Gemeint ist Erwin Panofskys Unter-
suchung zu Hercules am Scheidewege, als programmatischem Beitrag zur ikono-
graphisch-ikonologischen Methode. Während Panofsky schon in den methodischen

Tempera/Öl auf Pappelholz, 17,1 x 17.1 cm, London, National Gallen, Inv.-Nr. 213.
C. Gould, The sixteenth-century Italian schools, 1962, S. 147. J. Plesters (Technical
aspects of some painlings, 1990, S. Kill.) beurteilt den Erhaltungszustand in seiner
detaillierten maltechnischen Analyse als »excellent«. Die Datierungen schwanken zwi-
schen 1500/ 1 und 1505: E. DusSLER, Raffael, 1966, S. 581'.: 1500/1; vgl. DERS., Raphael,
1971, S. 6f.; M. Wundram, Raffael, 1977, S. 8: 1501; P. L. De Vecchi, Raffaello, 1981.
S. 241: 1504;K. OßERHUBER, Raffaello, 1982, S. 26f.: I504;.I.-P. CuziN, Raphael, 1983,
S. 62; 1504/5; M. A. Zancan, Raffaello, 1989, S. 34.

Holz, I7x 17cm, Chantiily, MuseeConde, Inv.-Nr. 58. L. DuSSLER, Raffael, l966,S.22f.
I Iommage Ä Raphael, 1983, S. 47fT. M. A. Zancan, Raffaello, 1989, S. 35. ßis heute ist
strittig, oh beide Bilder als Diptychon oder als Reversbilder montiert waren. Gegen eine
Montierung als Diptychon hat man seit E.Wind (Tugend versöhnt mit Lust, 1987,
S. 101) das Argument vorgebracht, daß beide Darstellungen durch einen Malistabs-
sprung getrennt sind (vgl. J. Plesters, Technical aspects of some painlings by Raphael,
1990, S. 17). Freilich könnte man diesen Maßstabssprung auch thematisch als Visuali-
sierung einer Realitätsgrenze zwischen den verschiedenen Sphären heider Rüder verste-
hen. .1. Dunkerton (Giotto to Dürer, 1991, S. 570) vermutete, daß diese beiden
Miniaturbilder möglicherweise zur Abdeckung von Porträts gedient haben könnten,
R. Jones und N. Penny (Raphael, 1983, S. 8) überlegten, ob die »eine Tafel den Deckel
der anderen« bildete. Beide Hypothesen halte ich mit Blick auf die außerordentliche
malerische Qualität der Ausführung beider Tafeln für unwahrscheinlich.
E. Panofsky, Hercules am Scheidewege, 1950. S. VIII.

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