»Per via di metafora all' animo«
weitige Belehrung, welches wir das natürliche Recht zu nennen pflegen«14'. Auf
ähnliche Weise versucht auch Dolce, Widersprüche in den verschiedenen Deutun-
gen der Farben über eine anschauliche Argumentation aufzulösen: Gegenüber der
in der Antike verbreiteten Ansicht, Grün als Trauer- und Begräbnisfarbe zu betrach-
ten, was auch in Vergils Farbmetaphorik eingegangen sei, bekennt sich Dolce zur
Deutung des Grün als Farbe der Hoffnung, und zwar interessanterweise nicht mit
Rücksicht auf die christliche Farbsymbolik, sondern ausgehend von der lebenswelt-
lichen Beobachtung des sich im Grün erneuernden Wachstums der Pflanzen148: Er
könne einfach nicht glauben, daß eine Farbe, die so die Augen erfreue und den Geist
tröste, Rummer veranschauliche . Auch hier bildet die Ronnotation einer an-
schaulichen lebensweltlichen Erfahrung das ausschlaggehende Argument. Auch
gibt z. B. Morato zu bedenken, daß farbsymbolische Ordnungen ästhetisch vollkom-
men unbefriedigend ausfallen können .
Das literarisch anspruchsvollste Dokument für den historischen Prozeß der
Abwendung von den Ronventionen der Farbsymbolik und der Entstehung einer
neuzeitlichen Farbmetaphorik im frühen 16. Jahrhundert bildet sicherlich eine
Passage aus Rabelais' Gargantua . Mit spitzer Feder nimmt Rabelais gleich zu
Beginn seines Romans die Frage, in welchen Farben sein Protagonist standesgemäß
einzukleiden sei, zum Anlaß, um gegen die traditionellen farbsymbolischen Zuord-
nungen in der 1458 anonym publizierten Schrift des Blason des couleurs von
Ilerault de Sichle'3" zu polemisieren und demgegenüber eine eigene, farbmetapho-
rische Deutung zu entwickeln: »Die Farben des Gargantua waren Weiß und Blau,
wie ihr zuvor habt lesen können: und damit wollt sein Vater sagen, daß er eine
himmlische Freud war. Denn das Weiß bedeutet' ihm Freud, Vergnügen, Lust und
Fröhligkeit, und das Blaue himmlische Ding. Ich merk zwar wohl, daß ihr bei
Lesung dieser Wort des alten Zechers spotten und die Auslegung der Farben allzu
ungewaschen und außer Ordnung finden werdet: denn, sagt ihr, Weiß bedeutet Treu
MO
117
148
145 F. Rabelais, Gargantua und PantagrueL 1964, S. 54. Vgl. Ders., (Euvres, 1913, S. I04f.:
»Lequel consentement universel n' est faict que natura n' en donne quelque argument
et raison, laquelle im chascun peut soubdain par sov comprendre saus aultrement estre
instricl de personne, - laquelle nous appellons droict natural.«
L. Dolce, Dialogo dei colori, 1985, S. 22r.
Ebd., S. 22v.
Del signilicato de colori, in: P. Barocchi, (Hrsg.), Scritti d' arte, Bd. 2, 1973, S. 2177.
Mit Recht wies jüngst auch J. Gage (Colour and culture, 1995, S. 120) darauf bin, wie
sehr die traditionelle Farbsymbolik in dieser Zeit als »langweilig« empfunden wurde.
Siehe hierzu auch G. A. Gurney, Rabelais and Renaissance color symbolism, 1974.
Auch J. Gage (Colour and culture, 1995, S. 120) hat jüngst kursorisch auf die Kritik von
Rabelais an der Farbsymbolik hingewiesen.
Tri. Lerscii, Farbenlehre, 1981, Sp. 184f.
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weitige Belehrung, welches wir das natürliche Recht zu nennen pflegen«14'. Auf
ähnliche Weise versucht auch Dolce, Widersprüche in den verschiedenen Deutun-
gen der Farben über eine anschauliche Argumentation aufzulösen: Gegenüber der
in der Antike verbreiteten Ansicht, Grün als Trauer- und Begräbnisfarbe zu betrach-
ten, was auch in Vergils Farbmetaphorik eingegangen sei, bekennt sich Dolce zur
Deutung des Grün als Farbe der Hoffnung, und zwar interessanterweise nicht mit
Rücksicht auf die christliche Farbsymbolik, sondern ausgehend von der lebenswelt-
lichen Beobachtung des sich im Grün erneuernden Wachstums der Pflanzen148: Er
könne einfach nicht glauben, daß eine Farbe, die so die Augen erfreue und den Geist
tröste, Rummer veranschauliche . Auch hier bildet die Ronnotation einer an-
schaulichen lebensweltlichen Erfahrung das ausschlaggehende Argument. Auch
gibt z. B. Morato zu bedenken, daß farbsymbolische Ordnungen ästhetisch vollkom-
men unbefriedigend ausfallen können .
Das literarisch anspruchsvollste Dokument für den historischen Prozeß der
Abwendung von den Ronventionen der Farbsymbolik und der Entstehung einer
neuzeitlichen Farbmetaphorik im frühen 16. Jahrhundert bildet sicherlich eine
Passage aus Rabelais' Gargantua . Mit spitzer Feder nimmt Rabelais gleich zu
Beginn seines Romans die Frage, in welchen Farben sein Protagonist standesgemäß
einzukleiden sei, zum Anlaß, um gegen die traditionellen farbsymbolischen Zuord-
nungen in der 1458 anonym publizierten Schrift des Blason des couleurs von
Ilerault de Sichle'3" zu polemisieren und demgegenüber eine eigene, farbmetapho-
rische Deutung zu entwickeln: »Die Farben des Gargantua waren Weiß und Blau,
wie ihr zuvor habt lesen können: und damit wollt sein Vater sagen, daß er eine
himmlische Freud war. Denn das Weiß bedeutet' ihm Freud, Vergnügen, Lust und
Fröhligkeit, und das Blaue himmlische Ding. Ich merk zwar wohl, daß ihr bei
Lesung dieser Wort des alten Zechers spotten und die Auslegung der Farben allzu
ungewaschen und außer Ordnung finden werdet: denn, sagt ihr, Weiß bedeutet Treu
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145 F. Rabelais, Gargantua und PantagrueL 1964, S. 54. Vgl. Ders., (Euvres, 1913, S. I04f.:
»Lequel consentement universel n' est faict que natura n' en donne quelque argument
et raison, laquelle im chascun peut soubdain par sov comprendre saus aultrement estre
instricl de personne, - laquelle nous appellons droict natural.«
L. Dolce, Dialogo dei colori, 1985, S. 22r.
Ebd., S. 22v.
Del signilicato de colori, in: P. Barocchi, (Hrsg.), Scritti d' arte, Bd. 2, 1973, S. 2177.
Mit Recht wies jüngst auch J. Gage (Colour and culture, 1995, S. 120) darauf bin, wie
sehr die traditionelle Farbsymbolik in dieser Zeit als »langweilig« empfunden wurde.
Siehe hierzu auch G. A. Gurney, Rabelais and Renaissance color symbolism, 1974.
Auch J. Gage (Colour and culture, 1995, S. 120) hat jüngst kursorisch auf die Kritik von
Rabelais an der Farbsymbolik hingewiesen.
Tri. Lerscii, Farbenlehre, 1981, Sp. 184f.
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