»Per via di metafora all' animo«
antiken Quellen157 und kündigt gleich zweimal an, »noch eines Tags ausführlicher
davon zu schreiben und teils durch philosophische Grund, teils durch von allen
Zeiten her beglaubigte und rezipierte Autoritäten darzutun, welche und wievielerlei
Farben in der Natur sind, und was eine jede bedeuten kann«'38.
Für unseren Zusammenhang sind vor allem die Ausführungen von Mario Equi-
cola über die Farbe in seinem Libro di natura d'amore von 1525 l;H wichtig, nicht
nur weil sie - aus der Feder eines Zeitgenossen von Raphael - auf engstem Raum
belegen, daß man und was man alles an antiken und mittelalterlichen Textquellen
zur Farbe kannte, und mit welcher stupend akribischen ßelesenheit man die
Farbmetaphern aus der antiken und nachantiken Literatur zusammentrug, son-
dern weil sie mit ihrer vielfältigen Übersicht über die verschiedenen Deutungsmög-
lichkeiten für die Interpretation der Farbe in anderer Weise als bei Dolce belegen,
wie sehr die farbsymbolische Auslegung durch einen Kanon alternativ er Interpreta-
tionsweisen relativiert wurde: Daß Equicolas Schrift schon im zweiten Jahr ihres
Erscheinens in zweiter Auflage gedruckt wurde "", zeigt dabei, daß die Frage der
metaphorischen Deutung der Farben kein Spezialproblem »elitärer Humanistenzir-
kel< war"'1. Neben antiken und alttestamentarischen Farbdeutungen stehen bei
Equicola - in additiv gefügter Synopse, nicht Synthese, paritätischer Deutungsmög-
lichkeiten der Farbe - u. a. die vier christlichen liturgischen Farben, die sieben
Sakramentsfarben, habitualisierte Farbmetaphern an »komischen Figuren<, wie das
Rotgelb (luleo) für Dirnen, die Vierelementenfarbigkeit, die astrologische Farbord-
nung, Equicolas eigene >Farbmetaphorik< und schließlich eine farbpsychologische
Farbordnung nach den vier Temperamenten. Obwohl die christliche Farbsymbolik
bei Equicola ausführlicher als bei Dolce berücksichtigt ist, erscheint sie in ihrem
Rang kaum weniger in Frage gestellt als bei diesem, reduziert sich auch bei Equicola
durch die neu hinzutretenden antiken Deutungen nur noch auf eine, zudem nach-
geordnete Möglichkeit von mehreren, um eine Farbe zu verstehen. Hierzu ein
Reispiel: Equicola stellt das Weiß (candido, bianco) zunächst mit Bezug auf Cicero
und Piaton als Farbe der Götter und Tempel vor, dann als von Plutarch erwähnte
1,7 F. Rabelais,Gargantuaund Pantagruel, 1964,S. 35. Vgl. DERS.,(Euvres, 1913,S. 1061'.
158 F. Rabelais, Gargantua und Pantagruel, 1964, S. 33, vgl. S. 36. Vgl. Ders., (Euvres, 1913,
S. 102: »Bien ay je espoir d' en escripre quelque jour plus amplement, et monstrer, taut
parraisonsphilosophiquesque parauctoritezreceuesetapprouv6esdetouteanciennet6,
quelles et quantes couleurs sont en nature, et quoy par une chascune peut estre designe«.
M. Equicola, Libro di natura d'amore, 1973, S. 2153-2138.
P. Barocchi (Hrsg.), Scritti d' arte, Bd. 2, 1973, S. 2360.
So die Behauptung von M. Barasch (Renaissance colour Conventions, 1987, S. 143).
J. Gage (Colour and culture, 1993, S. 120) hebt bei Equicola besonders den Aspekt, die
Farben auf ihre chemischen Bestandteile hin zu betrachten, hervor.
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15!)
Kid
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antiken Quellen157 und kündigt gleich zweimal an, »noch eines Tags ausführlicher
davon zu schreiben und teils durch philosophische Grund, teils durch von allen
Zeiten her beglaubigte und rezipierte Autoritäten darzutun, welche und wievielerlei
Farben in der Natur sind, und was eine jede bedeuten kann«'38.
Für unseren Zusammenhang sind vor allem die Ausführungen von Mario Equi-
cola über die Farbe in seinem Libro di natura d'amore von 1525 l;H wichtig, nicht
nur weil sie - aus der Feder eines Zeitgenossen von Raphael - auf engstem Raum
belegen, daß man und was man alles an antiken und mittelalterlichen Textquellen
zur Farbe kannte, und mit welcher stupend akribischen ßelesenheit man die
Farbmetaphern aus der antiken und nachantiken Literatur zusammentrug, son-
dern weil sie mit ihrer vielfältigen Übersicht über die verschiedenen Deutungsmög-
lichkeiten für die Interpretation der Farbe in anderer Weise als bei Dolce belegen,
wie sehr die farbsymbolische Auslegung durch einen Kanon alternativ er Interpreta-
tionsweisen relativiert wurde: Daß Equicolas Schrift schon im zweiten Jahr ihres
Erscheinens in zweiter Auflage gedruckt wurde "", zeigt dabei, daß die Frage der
metaphorischen Deutung der Farben kein Spezialproblem »elitärer Humanistenzir-
kel< war"'1. Neben antiken und alttestamentarischen Farbdeutungen stehen bei
Equicola - in additiv gefügter Synopse, nicht Synthese, paritätischer Deutungsmög-
lichkeiten der Farbe - u. a. die vier christlichen liturgischen Farben, die sieben
Sakramentsfarben, habitualisierte Farbmetaphern an »komischen Figuren<, wie das
Rotgelb (luleo) für Dirnen, die Vierelementenfarbigkeit, die astrologische Farbord-
nung, Equicolas eigene >Farbmetaphorik< und schließlich eine farbpsychologische
Farbordnung nach den vier Temperamenten. Obwohl die christliche Farbsymbolik
bei Equicola ausführlicher als bei Dolce berücksichtigt ist, erscheint sie in ihrem
Rang kaum weniger in Frage gestellt als bei diesem, reduziert sich auch bei Equicola
durch die neu hinzutretenden antiken Deutungen nur noch auf eine, zudem nach-
geordnete Möglichkeit von mehreren, um eine Farbe zu verstehen. Hierzu ein
Reispiel: Equicola stellt das Weiß (candido, bianco) zunächst mit Bezug auf Cicero
und Piaton als Farbe der Götter und Tempel vor, dann als von Plutarch erwähnte
1,7 F. Rabelais,Gargantuaund Pantagruel, 1964,S. 35. Vgl. DERS.,(Euvres, 1913,S. 1061'.
158 F. Rabelais, Gargantua und Pantagruel, 1964, S. 33, vgl. S. 36. Vgl. Ders., (Euvres, 1913,
S. 102: »Bien ay je espoir d' en escripre quelque jour plus amplement, et monstrer, taut
parraisonsphilosophiquesque parauctoritezreceuesetapprouv6esdetouteanciennet6,
quelles et quantes couleurs sont en nature, et quoy par une chascune peut estre designe«.
M. Equicola, Libro di natura d'amore, 1973, S. 2153-2138.
P. Barocchi (Hrsg.), Scritti d' arte, Bd. 2, 1973, S. 2360.
So die Behauptung von M. Barasch (Renaissance colour Conventions, 1987, S. 143).
J. Gage (Colour and culture, 1993, S. 120) hebt bei Equicola besonders den Aspekt, die
Farben auf ihre chemischen Bestandteile hin zu betrachten, hervor.
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