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Farbe und Metapher

Trauer- und Schmerzensfarbe für Frauen, im weiteren als Farbe der Magistratsan-
gehörigen im Rom oder einfach derjenigen Leute, die ihren Geburtstag feiern.
Unter anderem trugen die ägyptischen Priester und die christlichen Prälaten weiße
Gewänder102. Auf die hoheitsvolle farbsymbolische Bestimmung des Weiß im Rah-
men der christlichen liturgischen Farben als Farbe der Jungfrauen und Bekenner
schließt Equicola unmittelbar die lebensweltliche Bestimmung des Weiß als Farbe
der Alten an"". Im Bezug zur Vierelementenl'arbigkeit wird das Weiß zu Luft und
Wasser zugeordnet, in seiner astrologischen Bestimmung dem Mond oder der Venus
zur Seite gestellt, und schließlich aus farbpsychologischem Blickwinkel den Phleg-
matikern zugesellt. In dieser exemplarischen Aufzählung wird - wie bei Dolce -
deutlich, wie grundsätzlich die Verbindlichkeit farbsymbolischer ßedeutungszuord-
niingen durch die Rezeption der erweiterten Deutungsmöglichkeiten der Farben in
den antiken und literarischen Quellen am Schwinden ist.

Equicola selbst fügt an, daß die Bedeutungen der Farben auch kulturbedingt in
verschiedenen Ländern variieren können: »Le significati de'colori appo Italiani,
Spagnoli e Francesi in qualche parte variano« . Dennoch möchte er seine Leser
nicht mit der Frage allein lassen, wie er nun die Farben unter den vielen Arten und
Weisen ihrer Deutung verwenden könne, um - auch dies ist ein farbmetaphori-
sches Problem"" - seinen Geist im Äußeren seiner körperlichen Erscheinung zum
Ausdruck zu bringen: »[...] e benche a demostrare nostro animo molti e molti modi
vi siano, a qualunque da 1' abito esteriore pare sua mente notar universalmente, con
quäl ragione, cosi li puö usare.«"'1' Hieran schließen sich Erläuterungen Equicolas
zur Bedeutung einzelner Farben an, die für die Entstehung einer aus dem Anschau-
licben begründeten neuartigen Farbmetaphorik im frühen 16. Jahrhundert von
großer Bedeutung sind. Getragen von der Überzeugung, daß die Farbe die Seele
bewegt - »II colore [...] move 1' anima«"" - , daß diejenigen Philosophen, die wie
Anaxagoras über die Erkenntnisfähigkeit der äußeren Sinne >gelacht< haben, im
Unrecht sind, und daß Wahrheit sinnlich erschließbar ist"'8, versucht Equicola die
Bedeutung der Farben aus ihrer sinnlichen Erscheinung und Wirkung zu begrün-
den. So repräsentiert für Equicola Weiß {bianco) die Reinheit (puritä), weil es eine
einfache und ungemischte Farbe sei (»colorsemplicc senza mislura«), das Schwarz

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M. Equicola, Libro di natura d' amore, 1975, S. 2154.

Ebd., S. 2155: »bianco alli vecchi«.

Ebd., S. 2156.

Siehe hierzu Kap. V, S. 258fiF.

Ebd., S. 2156.

167 Ebd., S. 2153.

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»Noi giudicio nelli sensi everitä collocamo: [...] quel remo in acqua mevetara ch' io non
discerna quel che vedo, sc lc sensi sono interi?« (Ebd., S. 2 153).
 
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