»Per via di metafora all' animo«
(negro) die Festigkeit (fermezza), weil es keine Überfärbung durch andere Töne
zulasse'"51. Im (Zinnober-) Rot (roscio) erkenne man Zorn und Rache, weil die
Zornigen im Gesicht rot >entflammten< und es darüber hinaus die Farbe des Mars
sei. Die Liebe werde im Violett (violato purpureo, morello, pavonazzo chiaro) als
einer >lächehiden< Farbe {colore arridente) ausgedrückt. Den Glauben solle man
im Blau als Farbe des Himmels vergegenwärtigen, weil diese wie der Glaube
unveränderlich sei. Grün sei die Farbe der Hoffnung, weil es die Farbe der bewach-
senen und fruchtbaren Erde repräsentiere. Demgegenüber erkenne man in der
Farbe trockener Baumblätter (»colore adunque in le fronti secche«) am deutlich-
sten die Farbe der Verzweiflung (desparazione), weil in dieser die Verwandlung des
Grün der Hoffnung anschaulich sei. Das Gold schließlich - das erhabenste Kern-
stück der christlichen Farbsymbolik ' - interpretiert Equicola wegen seiner ma-
teriellen Kostbarkeit und seiner allseitigen Begehrtheit bei den Menschen als eine
Farbe der Freude (laetitia) !
Die Bedeutung dieser Ausführungen liegt - unabhängig davon, ob man Equicolas
gehaltlichen Ausdeutungen im Einzelfall folgen wall oder nicht - , in der neuartigen
Weise, die Farbe aus ihrer anschaulichen Erscheinung, ihrer Einbindung in lebens-
weltliche Erfahrungsbereiche und ihre farbpsychologische Wirkung auf den Men-
schen zu deuten: Es sind farbmetaplwrische Erklärungen, in denen stets die sinn-
liche Seite der Farbe mit ins Spiel gebracht wird, und zwar auch dort, wo Equicola
sie - wie beim Weiß und Grün - inhaltlich in die Umrisse der traditionellen
Farbsymbolik eingetragen hat. Die Farbsymbolik wird bei Equicola in ihrem Bedeu-
tungsanspruch nicht nur zurückgedrängt, sondern zugleich auch farbmetaphorisch
unterwandert.
An diesen vielfältigen Versuchen zur Deutung der Farbe wird deutlich, wie sehr
und wie vielschichtig man sich im 16. Jahrhundert um ein gehaltliches Verständnis
der Farbe mit Bezug auf ihre sinnliche Wirkung bemüht hat, und diese Quellen
können helfen, in die metaphorische Bilderwelt einer visuellen Kultur einzuführen,
vor deren Hintergrund im folgenden die Einzelinterpretationen der Bilder zu
entfalten sind. Denn auch im Medium der Malerei hat das 16. Jahrhundert die
poetische Dimension der Farbe auf dem Weg der metaphorischen Deutung ihrer
sinnlichen Erscheinung neu entdeckt. Diese These wäre ohne Schwierigkeiten
auch in der Malerei anderer Künstler des 16. Jahrhunderts auf je spezifische Weise
aus den anschaulich-thematischen Bezügen ihrer Gemälde zu belegen und könnte
l(il) Ebd., S. 2156.
170 G. Haupt, Die Farbensymbolik in der sakralen Kunst des abendländischen Mittelalters,
1941. Vgl. J. BODONYI, Entstehung und Bedeutung des Goldgrundes, 1932.
171 M. Equicola, Libro di natura d' amore, 1973, S. 2157.
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(negro) die Festigkeit (fermezza), weil es keine Überfärbung durch andere Töne
zulasse'"51. Im (Zinnober-) Rot (roscio) erkenne man Zorn und Rache, weil die
Zornigen im Gesicht rot >entflammten< und es darüber hinaus die Farbe des Mars
sei. Die Liebe werde im Violett (violato purpureo, morello, pavonazzo chiaro) als
einer >lächehiden< Farbe {colore arridente) ausgedrückt. Den Glauben solle man
im Blau als Farbe des Himmels vergegenwärtigen, weil diese wie der Glaube
unveränderlich sei. Grün sei die Farbe der Hoffnung, weil es die Farbe der bewach-
senen und fruchtbaren Erde repräsentiere. Demgegenüber erkenne man in der
Farbe trockener Baumblätter (»colore adunque in le fronti secche«) am deutlich-
sten die Farbe der Verzweiflung (desparazione), weil in dieser die Verwandlung des
Grün der Hoffnung anschaulich sei. Das Gold schließlich - das erhabenste Kern-
stück der christlichen Farbsymbolik ' - interpretiert Equicola wegen seiner ma-
teriellen Kostbarkeit und seiner allseitigen Begehrtheit bei den Menschen als eine
Farbe der Freude (laetitia) !
Die Bedeutung dieser Ausführungen liegt - unabhängig davon, ob man Equicolas
gehaltlichen Ausdeutungen im Einzelfall folgen wall oder nicht - , in der neuartigen
Weise, die Farbe aus ihrer anschaulichen Erscheinung, ihrer Einbindung in lebens-
weltliche Erfahrungsbereiche und ihre farbpsychologische Wirkung auf den Men-
schen zu deuten: Es sind farbmetaplwrische Erklärungen, in denen stets die sinn-
liche Seite der Farbe mit ins Spiel gebracht wird, und zwar auch dort, wo Equicola
sie - wie beim Weiß und Grün - inhaltlich in die Umrisse der traditionellen
Farbsymbolik eingetragen hat. Die Farbsymbolik wird bei Equicola in ihrem Bedeu-
tungsanspruch nicht nur zurückgedrängt, sondern zugleich auch farbmetaphorisch
unterwandert.
An diesen vielfältigen Versuchen zur Deutung der Farbe wird deutlich, wie sehr
und wie vielschichtig man sich im 16. Jahrhundert um ein gehaltliches Verständnis
der Farbe mit Bezug auf ihre sinnliche Wirkung bemüht hat, und diese Quellen
können helfen, in die metaphorische Bilderwelt einer visuellen Kultur einzuführen,
vor deren Hintergrund im folgenden die Einzelinterpretationen der Bilder zu
entfalten sind. Denn auch im Medium der Malerei hat das 16. Jahrhundert die
poetische Dimension der Farbe auf dem Weg der metaphorischen Deutung ihrer
sinnlichen Erscheinung neu entdeckt. Diese These wäre ohne Schwierigkeiten
auch in der Malerei anderer Künstler des 16. Jahrhunderts auf je spezifische Weise
aus den anschaulich-thematischen Bezügen ihrer Gemälde zu belegen und könnte
l(il) Ebd., S. 2156.
170 G. Haupt, Die Farbensymbolik in der sakralen Kunst des abendländischen Mittelalters,
1941. Vgl. J. BODONYI, Entstehung und Bedeutung des Goldgrundes, 1932.
171 M. Equicola, Libro di natura d' amore, 1973, S. 2157.
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