überhaupt schien. Es ist natürlich schwer, gegen eine Anhäufung von
Kostbarkeiten, wie sie Colonel payne in Reuyork besitzt, etwas einzu-
wenden. Die „Demoiselles de Dillage" von Courbet und Manets herr-
liche „Ieanne", die Ballettprobe mit der Estrade von Degas und die
über alle Begriffe schöne Bacchantin mit dem Panther von Corot, und
ein Fest in Venedig von Turner und einige bedeutende Landschaften von
Constable sind gewiß in ihrer Art etwas Vollkommenes, jedes ein Glanz-
stück des betreffenden Meisters. Und doch, es ist fast zuviel der Voll-
kommenheit. Man fühlt sich wie in einer sehr vornehmen, sehr kulti-
vierten Gesellschaft von bedeutenden Persönlichkeiten, die sich nichts zu
sagen haben und ihren eigenen Ruhm verwalten,- und man sehnt sich
fast nach einem Manet zweiten Ranges, und sei es auch nur, um die
„Ieanne" noch mehr zu lieben. Was man vermißt, ist dies: Bilder, an
die man noch Hoffnungen heften kann, Individualitäten, von denen
man nicht weiß, ob sie einst, nach längerem Verkehr, noch für treu be-
funden werden. Denn dies ist ja der Vorzug, den der Sammler vor
dem Museum hat, daß er Experimente machen darf. Von einem Galerie-
direktor verlangt das Publikum jene Unerschütterlichkeit des Geschmacks,
an die er selbst am allerwenigsten glaubt. Wenn ein Privatmann aber
sich anders entwickelt, als seine Anfänge erwarten ließen, so kann er
immer den Charakter seiner Sammlung reinigen, durch Verkauf oder
durch die bewußten Fremdenzimmer. Und er kann auch, was ein Museum
nicht kann, seine ganze Liebe einem einzigen Künstler zuwenden, so wie
es Steinbart in Berlin und Rittmeister Wrede in Hannover mit Sle-
vogt gemacht haben.
Die Einseitigkeit auf gute Qualität, die das Hauptmerkmal der vor-
züglichsten Privatsammlungen ist, schließt nun natürlich andere Gesichts-
punkte nicht aus, zum Beispiel historische oder gar museenmäßige. Die
Sammlungen Arnhold und Gerstenberg geben so, wie sie heute sind,
doch einen ausgezeichneten Überblick über das Beste, was in Deutsch-
land und Frankreich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gemalt
wurde. Sie sind dabei keine Kopien eines öffentlichen Museums — ein
solches gab es damals, als sie in ihren wesentlichen „Etagen" schon
fertig waren, noch nicht — sondern umgekehrt viel eher ein Vorbild für
z*
Kostbarkeiten, wie sie Colonel payne in Reuyork besitzt, etwas einzu-
wenden. Die „Demoiselles de Dillage" von Courbet und Manets herr-
liche „Ieanne", die Ballettprobe mit der Estrade von Degas und die
über alle Begriffe schöne Bacchantin mit dem Panther von Corot, und
ein Fest in Venedig von Turner und einige bedeutende Landschaften von
Constable sind gewiß in ihrer Art etwas Vollkommenes, jedes ein Glanz-
stück des betreffenden Meisters. Und doch, es ist fast zuviel der Voll-
kommenheit. Man fühlt sich wie in einer sehr vornehmen, sehr kulti-
vierten Gesellschaft von bedeutenden Persönlichkeiten, die sich nichts zu
sagen haben und ihren eigenen Ruhm verwalten,- und man sehnt sich
fast nach einem Manet zweiten Ranges, und sei es auch nur, um die
„Ieanne" noch mehr zu lieben. Was man vermißt, ist dies: Bilder, an
die man noch Hoffnungen heften kann, Individualitäten, von denen
man nicht weiß, ob sie einst, nach längerem Verkehr, noch für treu be-
funden werden. Denn dies ist ja der Vorzug, den der Sammler vor
dem Museum hat, daß er Experimente machen darf. Von einem Galerie-
direktor verlangt das Publikum jene Unerschütterlichkeit des Geschmacks,
an die er selbst am allerwenigsten glaubt. Wenn ein Privatmann aber
sich anders entwickelt, als seine Anfänge erwarten ließen, so kann er
immer den Charakter seiner Sammlung reinigen, durch Verkauf oder
durch die bewußten Fremdenzimmer. Und er kann auch, was ein Museum
nicht kann, seine ganze Liebe einem einzigen Künstler zuwenden, so wie
es Steinbart in Berlin und Rittmeister Wrede in Hannover mit Sle-
vogt gemacht haben.
Die Einseitigkeit auf gute Qualität, die das Hauptmerkmal der vor-
züglichsten Privatsammlungen ist, schließt nun natürlich andere Gesichts-
punkte nicht aus, zum Beispiel historische oder gar museenmäßige. Die
Sammlungen Arnhold und Gerstenberg geben so, wie sie heute sind,
doch einen ausgezeichneten Überblick über das Beste, was in Deutsch-
land und Frankreich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gemalt
wurde. Sie sind dabei keine Kopien eines öffentlichen Museums — ein
solches gab es damals, als sie in ihren wesentlichen „Etagen" schon
fertig waren, noch nicht — sondern umgekehrt viel eher ein Vorbild für
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