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Wemhoff, Matthias <Prof. Dr.>
Das Damenstift Herford: die archäologischen Ergebnisse zur Geschichte der Profan- und Sakralbauten seit dem späten 8. Jahrhundert (Band 1): Text — Bonn, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.29808#0029
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II. Die Baugeschichte des Stiftes - Eine Gliederung in Perioden

II. 1 Periode I:

Vorgeschichtliche Besiedlung

II. 1.1 Archäologischer Befund

Vor der Nutzung des Geländes als christliche Begräb-
nisstätte ist keine Besiedlung nachweisbar. Mit Aus-
nahme weniger, in den folgenden Bauperioden erwähn-
ter, möglicherweise älterer Gruben und einigen wenigen
Keramikfragmenten prähistorischer Machart sind keine
älteren Siedlungsspuren festgestellt worden. Eine zeit-
lich vorangehende Holzbebauung kann zwar aufgrund
der vielen jüngeren Eingriffe nicht mit letzter Sicherheit
ausgeschlossen werden, sie ist aber aufgrund der Größe
der untersuchten Fläche sehr unwahrscheinlich. Wenn
es sie gegeben hat, dann muß sie im äußersten Winkel
zwischen Aa und Werre im Bereich der Holzbauten der
folgenden Perioden gelegen haben.

II. 1.2 Historische Überlieferung

Der Zustand des späteren Gründungsortes wird nur an
einer Stelle der Vita Waltgeri beschrieben.38 Er wird als
häßlicher, sumpfiger Grund am Zusammenfluß der Ge-
wässer dargestellt, an dem Schlangen, Kriechtiere und
Kropfgänse hausen. WARNECKE nimmt diese topische
Schilderung zum Anlaß, am Ort der späteren Kirche
eine Kultstätte des Gottes Wodan zu vermuten.39

38 Vita Waltgeri, Kap. 16, ed. Wilmans 1867, 493; ed. Forwick
1980, 7-54; Übersetzungen bei Pape 1988 I, 9-19 und Warnecke
1989 II, 70-94.

39 Warnecke 1989 II, 88 "Aber dieser topographisch und ver-
kehrsmäßig stark herausgehobene Platz war noch besetzt von ei-
nem heidnischen Heiligtum, einem Heiligtum des Gottes Wodan
(...)."

11.1.3 Diskussion der archäologischen
und historischen Quellen

Der Platz ist am Zusammenfluß der Flüsse Werre und
Aa auf sandigem Rücken trocken und siedlungsgünstig
gewählt worden, der Nachweis einer Besiedlung oder
sonstigen Nutzung unmittelbar vor der Stiftsgründung
konnte archäologisch nicht erbracht werden. Ob hier
eine antike Kultstätte vorhanden gewesen ist, läßt sich
iiber den archäologischen Befund nicht klären. Eine sol-
che hätte wohl auch kaum archäologisch faßbare Spuren
hinterlassen. Die Schilderung in der Vita ist ähnlich wie
bei anderen Klostergründungsberichten vorrangig im
übertragenen Sinne zu verstehen; sie drückt aus, daß an
den abgelegenen, unbewohnten Ort erst durch Waltger
Leben gekommen ist und erhöht dessen Leistung:40
Ein "von Schlangen und Reptilien, Repräsentanten der
Unterwelt, des Bösen, bewohnter Ort wird zum Wohn-
sitz des Christengottes und seiner Heiligen."41

40 Zur Beschreibung des abgelegenen, unbesiedelten Gebiets einer
Klostergründung vgl. Von Der Nahmer 1973, 195-270; Ders.
1972, 90-111; mit anderer Schwerpunktsetzung Prinz 1974, 162-
166.

41 Raddatz 1991,40.
 
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