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Institut für Österreichische Kunstforschung [Mitarb.]
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte — 7.1930

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Garber, Josef: Der Hochaltar von Lana bei Meran
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I. Der Vertrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.56539#0102
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JOSEF GARBER

lana fiel in alter Zeit dem letzten die Hauptbedeutung zu, weil in ihm das Schloß der mäch-
tigen Grafen von Brandis lag. Gegen Ende des XIV. Jahrhunderts wurde mit dem Bau einer
neuen Kirche nicht unweit des Schlosses Brandis begonnen, die 1492 geweiht wurde. Der
außen einfache, innen ungewöhnlich reichgegliederte Bau läßt auf die Wohlhabenheit der
Erbauer schließen. Fenster und Portale sind aus reichgearbeiteten Hausteinen. Runddienste
und ein reiches Netzgewölbe zieren die Wände und die Decke des Schiffes und des Presby-
teriums. Einen besonderen Schmuck bilden die Galerien an den Schiffswänden, die zwischen
den weit vorspringenden Streben flachbogig unterwölbt und mit Brüstungen aus reichem
Blendmaßwerk versehen sind. Die Galerien münden in die Orgelempore, deren Brüstung
im reichdurchbrochenen Maßwerk sich in das Schiff öffnet. Das reichprofilierte Hauptportal
hat am Scheitel ein Täfelchen mit der Jahrzahl 1483 (oder 1485?)4).
I. DER VERTRAG
Wenige Schritte vom Hochaltar entfernt hat sich in einem Kasten der Sakristei der
Kirche in Niederlana die Vertragsurkunde und zwei Quittungen erhalten. Nach diesem
Vertrage bestellten am 18. August 1503 für die neue gotische Kirche der damalige Bau-
meister Conrad Haug von Niederlana und der Kirchpropst Peter Saltner von Oberlana bei
dem Meraner Maler Hans Schnatterbeck einen neuen Fron- oder Hochaltar5). Hans
Schnatterbeck, der im Vertrage dreimal als Maler bezeichnet wird, verpflichtet sich, eine
„Tafel“ — die damals allgemein gebräuchliche Bezeichnung für einen Flügelaltar — für die
Marienkirche in Lana innerhalb von acht Jahren, also spätestens bis zum Jahre 1511, zu liefern.
Was auf dem Altäre dargestellt sein soll, ist im Vertrage nicht angegeben, der Inhalt beruhte
sicher auf anderweitiger Vereinbarung, wohl aber ist für die Ausführung bestimmt, daß sie
„eine schöne, neue, artige, wohlformierte TafI mit gutem, feinen Ducatengold vergüldet,
auch mit guter, schöner, beständiger Färb, Arbeit und Zeug meisterlich gemacht, gemalt
und zuegericht“ beinhalten soll. Den Transport des Altarwerkes von Meran nach Lana,
das Eisenzeug und Gerüst für die Aufstellung hat die „Nachperschaft“ Lana zu tragen.
Als Lohn für sein Werk soll SchnaLterbeck 1600 rheinische Gulden bekommen. Nun folgen
im Vertrage zwei interessante Bestimmungen: erstens wird eine Kommission von je „drei
ehrbaren, der Sachen verständigen Manner“ von beiden Parteien mit einem Obmann vor-
gesehen, die nach Vollendung des Werkes zusammentreten soll. Diese „Sachverständigen
Kommission“ soll entscheiden, ob man den 1600 Gulden rh. etwas zugeben oder abziehen
solle. Zweitens fällt auf, daß im Kontrakt eine jährliche Ratenzahlung in einem Geldbeträge
von 150 Gulden rh. und in Naturalien von jährlich acht Fuder Wein vorgesehen wurde. Die
in schöner Minuskelschrift abgefaßte Vertragsurkunde ist auf Pergament geschrieben und
trägt das Siegel des Meraner Bürgermeisters Myning Schwäbl.
4) J. Weingartner, Die Kunstdenkmäler Südtirols, Band III.
5) Die wertvolle Vertragsurkunde wurde von E. v. Ottenthal und O. Redlich gefunden und ihr Inhalt in den von ihnen
herausgegebenen Archivberichten aus Tirol, Wien 1888, S. 232 und 233, Nr. 1180, in Regestenform veröffentlicht, wobei
sie auch auf die zwei Quittungen von 1506 und 1508 hinwiesen. Der Vertrag wurde dann im vollen Wortlaute zuerst von
Dr. A. Naegele unter dem Pseudonym Dr. Clavell in der „Südtiroler Landeszeitung“ (Beilage), Meran, 24. April 1921 ver-
öffentlicht. Dr. Naegele veröffentlichte dann den Vertrag und die zweite Quittung Schnatterbecks von 1508 im „Schiern“,
Bozen 1924, S. 69 und schließlich auch noch die erste Quittung Schnatterbecks von 1506 in der Zeitschrift „Die christ-
liche Kunst“, München 1925, S. 178, so daß dort zum erstenmal alle drei Dokumente im Wortlaute publiziert wurden.
 
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