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Wilbertz, Otto Mathias; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Die Urnenfelderkultur in Unterfranken — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 49: Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.73517#0029
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DER FUNDSTOFF

1. KERAMIK

a. Tongeschirr
Allgemeines
Im urnenfelderzeitlichen Fundstoff Unterfrankens
überwiegt bei weitem die Keramik, insbesondere
das Tongeschirr, welches im Mittelpunkt der
folgenden Betrachtungen stehen soll.
Eine Untergliederung der Tongefäße kann von zwei
Kriterien ausgehen: von der Funktion (Urne,
Beigefäß, Vorratsgefäß usw.) oder von der Form
(Zylinderhalsgefäß etc.). Die hier vorgenommene
Ordnung beruht auf der Unterscheidung der Form
und — in zweiter Linie — der Verzierung, weil diese
unmittelbar aus den Fundstücken ersichtlich sind.
Die Funktion hingegen ist aus dem Fundmaterial
allein nicht ohne weiteres ablesbar, sondern setzt
eine Kenntnis der Fundumstände voraus, die oft
nicht gegeben ist. So kann ein Gefäß nur dann als
„Urne" angesprochen werden, wenn aufgrund der
Befunde eine Verwendung als Leichenbrandbehäl-
ter nachgewiesen ist. Außerdem sind die Schlüsse,
die aus formaler und funktionaler Analyse des
Fundstoffs gezogen werden können, verschiedener
Art: aus der Besprechung der Formen und ihres
Vorkommens ergibt sich das Verbreitungsbild
einzelner Typen von Gegenständen. Die Bestim-
mung des Gebrauchszwecks, sofern diese möglich
ist, geht einen Schritt weiter : sie belegt nicht nur das
Auftreten einer Form an einem bestimmten Ort,
sondern auch eine bestimmte Verwendung dieses
Gegenstandes an diesem Ort. Im zweiten Fall
kommt zu einer Angabe über die materielle Kultur
eine Aussage über einen Teilbereich der geistigen
Kultur (z. B. den Grabbrauch) hinzu. Beides sollte
getrennt voneinander besprochen werden. Bei der
im folgenden gebrauchten Nomenklatur finden

daher Begriffe, die eine Aussage über die Funktion
eines Gefäßes beinhalten, keine Verwendung41).
Für die Terminologie urnenfelderzeitlicher Kera-
mik verbleibt nach dieser Einschränkung immer
noch eine große Anzahl von Bezeichnungen, wie
Topf, Vase, Becher, Napf, Schüssel, Schale, Teller
usw. Sie können zwar zur Gliederung des Fund-
stoffs benutzt werden, indem man z. B. die Form
„Becher" definiert und in Varianten unterscheidet,
wie H. Müller-Karpe dies getan hat42). Allerdings
werden die oben angeführten Begriffe in verschiede-
nen Arbeiten in unterschiedlichem Sinne gebraucht,
was zu Unklarheiten und Verwirrung führen kann.
Hier bietet die von R. Dehn für Nord Württemberg
erarbeitete detaillierte Formenkunde Hilfe43). Er
ordnet das urnenfelderzeitliche Tongeschirr seines
Arbeitsgebietes in sieben Hauptgruppen, die weiter
unterteilt werden. Dabei geht er vor allem von der
Rand- und Halsbildung aus, um so auch einen
großen Teil des meist in Fragmenten erhaltenen
Fundstoffs aus Siedlungen einbeziehen zu können.
Wenn auch „die Gliederung nur Gültigkeit für das
Gebiet haben kann, an dessen Material sie erarbei-
tet ist", soclürften doch ,, die allgemeinen Linien...
auch auf andere Räume übertragbar sein"44). Für
die Besprechung der unterfränkischen Tongefäße
kann die Typographie Dehns insofern verwandt
werden, als bei den einzelnen Formen — soweit
möglich — auf die Terminologie Dehns verwiesen
wird.
Unter den oben aufgeführten allgemeineren Begrif-
fen erscheint eine Auslese angebracht. Bezeichnun-
gen wie „Topf" und „Vase", die kaum den Eindruck
einer bestimmten Form vermitteln können, wurden
ausgeschieden. Zwischen Becher und Napf sind
Übergänge vorhanden, die eine eindeutige Zuord-

41) Problematisch erscheint das Verfahren von Chr. Unz, Prähist. Zeitschr. 48, 1973, 7f., der die ursprünglich
funktional definierte Bezeichnung „Urne" als Terminus zur formalen Gliederung verschiedener Gefäßformen
benutzt, obwohl sie — worauf er selbst ausdrücklich hinweist — durchweg nicht als Aschenbehälter dienten.

42) H. Müller-Karpe, Hanau 21ff.

43) R. Dehn, Nordwürttemberg 14ff.

44) Ebd. 15.

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