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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 2): Text: 2. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.1404#0644
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1152

Viertes Buch. Tafelgemälde.

von Arezzo. Hierüber kann kein Zweifel bestehen, wenn man es mit dem Exemplar der
Bildergalerie von Arezzo1 und dem einen der vatikanischen" vergleicht, welche mit der
Namensunterschrift des Künstlers versehen sind. Die Technik ist bei allen dreien die
nämliche. Man sieht es besonders an der schematischen Angabe der Stirnfalte, welche
wie ein großes umgedrehtes Abkürzungszeichen aussieht, sowie an der Behandlung des
Gewandes, das vorn an der Öffnung der aufgezogenen Kapuze, an den Armelanfängen
und am unteren Rande wie mit einer weißen Schnur umsäumt ist. Auf allen drei Bildern
hat der Heilige geschwollene, plumpe Füße und unverhältnismäßig kleine, verkrüppelte
Hände; auf allen nimmt er die gleiche Stellung ein. Wir dürfen somit unsere Tafelmalerei
mit aller Gewißheit Margaritone zuschreiben. Damit ist auch ein sicherer Anhaltspunkt
für ihre Datierung gegeben: da der Künstler im Jahre 1316 in einem Alter von 77 Jahren
starb, so wird er sie wohl erst nach 1260 gemalt haben.

Gegenüber den zwei zum Vergleich herangezogenen Bildern bietet das von S. Francesco
a Ripa zwei kleine Verschiedenheiten: auf dem von Arezzo und dem vatikanischen hält
Franz in der linken Hand ein geschlossenes Buch, während die rechte in Brusthöhe er-
hoben und mit der Innenfläche nach außen gekehrt ist. Auf dem unsrigen hat er, wie so
oft die Märtyrer, in der rechten ein rotes Handkreuz und in der linken ein aufgeschlagenes
Buch, in welchem die von ihm in das Leben umgesetzten Worte des Evangeliums geschrieben
sind: QVI VLT| VENIIRE PO|ST ME| ABNEIGET — SEMEjTISPM ET TOLiLAT

t (crucem) SVAM, Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich.
Henry Thode hat von diesem Bild des Heiligen eine hohe Meinung. Er schreibt: „Von
allen älteren Bildnissen, die ich kenne, zeigt dieses vielleicht die größte Zartheit in den
Gesichtszügen, namentlich in dem feinen, freundlichen Mund, und wirkt am gefälligsten,
wozu auch der warme, bräunliche Ton des Inkarnates beitragen mag. . . . Jedenfalls ver-
dient es, mit dem zu Subiaco in erster Reihe unter den glaubenswürdigen Porträts genannt
zu werden."' Letzteres dürfte jetzt, da man den Künstler kennt, etwas einzuschränken sein.
Vasari erzählt, daß Margaritone sehr viele Bilder malte, daß er aber in seinem Alter die
Malerei verließ und sich der Holzskulptur zuwandte, „als er sah, daß die Zeiten sich änderten
und neue Künstler zu Ehren gelangten"4. Wenn man an die Schöpfungen Cimabues,
Cavallinis, Torritis und Giottos denkt und dann unser Tafelgemälde betrachtet, so kann
man seinen Schritt nur zu begreiflich finden. Den Wert als Porträt wird aber das Bild
immerhin behalten; denn es ist anzunehmen, daß die Söhne des hl. Franz im Besitze eines
den damaligen Anforderungen genügenden Porträts ihres Ordensstifters waren und daß

1 Venturi, Storia V, Fig. 95, S. 120.

2 G. Schnürer a. a. O. Fig. 39, S. 70.

Fi

ranz von /issisi

bestattet". Die von Vasari mitgeteilte Grabinschrift hat fol-
genden Wortlaut: H1C IACET ILLE BONVS PICTVRA
73f. MARGARITONVS|CVI REQVIEM DOMINVS TRA-

4 Giorgio Vasari, Vite degli ariisti I 137. Margaritone starb, DAT VBIQVE PIVS, Hier liegt jener Margaritone, der ein
wie wir bereits gesagt haben, „im Jahre 1316 und wurde in guter Maler war. Der allzeit gütige Gott möge ihm die (ewige)
dem alten Dom außerhalb von Arezzo in einem Travertinsarg Ruhe gezuähren.
 
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