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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Wize, Kasimir Filip: Kants Analytik des Schönen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0006
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KASIMIR WIZE.

a priori befunden wird. Ich hoffe gegen Ostern mit dieser unter
dem Titel der Kritik des Geschmacks, im Manuskript, obgleich
nicht im Drucke fertig zu sein.«
Die Grundsätze a priori für das Urteil über das Schöne sind nach
Kant die Zweckmäßigkeit, Notwendigkeit und Allgemeinheit. Unter
diesen hielt Kant für den wichtigsten die Zweckmäßigkeit. Sie war
es, die den Titel dem einen Teil der Philosophie in dem angeführten
Briefe gab, sie war es, die in der Kritik der Urteilskraft die Ästhetik
als die Lehre von der Zweckmäßigkeit in der Kunst mit der eigent-
lichen Teleologie, der Lehre von den Gesetzen der Zweckmäßigkeit in
der Natur, verband. Auch in der Zusammenstellung, die am Ende
der Einleitung der Kritik der Urteilskraft angeführt ist, spielt die Zweck-
mäßigkeit eine überaus wichtige Rolle:
Gesamte Vermögen des Gemüts:
Erkenntnisvermögen,
Gefühl der Lust und Unlust,
Begehrungsvermögen.
Erkenntnisvermögen: Prinzipien a priori:
Verstand, Gesetzmäßigkeit,
Urteilskraft, Zweckmäßigkeit,
Vernunft. Endzweck.
Aus dieser Zusammenstellung ersieht man aber auch gleich, daß
die Zweckmäßigkeit ihrem Sinne nach nicht einzig und allein der Kunst
und dem Schönen angehört. Zweckmäßigkeit ist nämlich mit Gesetz-
mäßigkeit begrifflich verwandt, Endzweck ist etwa ein besonderer
Fall einer allgemeinen Zweckmäßigkeit. Darüber hinaus lehrt die Zu-
sammenstellung besonders das, daß der Titel Teleologie der Kritik
des Geschmacks ausschließlich nicht zukommt und daß in der Kritik
der Urteilskraft die Kritik des Geschmacks nicht recht mit der Teleo-
logie der Natur zusammenpaßt. Diese sollte der Zusammenstellung
gemäß eher in der Kritik der reinen Vernunft besprochen werden,
nicht in der Kritik der Urteilskraft, deren »Principium a priori« in
seiner Anwendung sich auf die Kunst, nicht auf die Natur be-

Anwendung auf:
Natur,
Kunst,
Freiheit.

ziehen soll.
In Anbetracht der Verwandtschaft zwischen Gesetzmäßigkeit, Zweck-
mäßigkeit und Endzweck gibt es also kein besonderes Principium
a priori in der Zweckmäßigkeit für die Ästhetik. Man darf ein diesen
Ausdrücken zu Grunde liegendes, allgemeines Principium wohl auch
mit der Ästhetik in Verbindung bringen, woraus aber noch nicht die
Berechtigung entsteht, die Ästhetik einzig und allein der allgemeinen
Teleologie unterzuordnen. Das ist kein Auffinden eines Unterschiedes
der drei Kritiken, sondern eine rückwärtige Vereinigung der ihnen
 
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