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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Kühn, Lenore: Das Problem der ästhetischen Autonomie
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0041
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DAS PROBLEM DER ÄSTHETISCHEN AUTONOMIE.

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such, dem Ästhetischen eine größere als bloß reflexive Selbständig-
keit zu verleihen (so z. B. in der Genielehre), doch ergibt sich hier
ein Zirkel. Weil Kant die Autonomie des Ästhetischen nicht tief
genug faßt, stellt er es in das Gebiet und unter die gesetzgebenden
Prinzipien des Theoretischen. Dieses hindert ihn wiederum dort, wo
er die Selbstgesetzgebung des Ästhetischen durchaus anerkennt, ihm
nun auch eine autonome Begründung zu geben, da nach vollzogener
Eingliederung daraus nur Widersprüche resultieren würden.
a) Das Reflexive.
Wir können nun aber das Problem der ästhetischen Autonomie
und den Weg zu seiner Lösung nicht weiter verfolgen, ohne die Begriffe
des Reflexiven, Konstitutiven und Regulativen näher zu betrachten.
Unser Angriff auf die Gestaltung der Kantischen Ästhetik lautete:
Es sind ihr nur reflexive, nicht konstitutive Prinzipien erteilt worden,
durch die erst ein ästhetisches Objekt begründet werden kann. Diese
reflexiven Prinzipien fielen unter den bei Kant in dreifachem Sinne
gebrauchten Begriff des Regulativen.
Was ist nun 1. reflexiv, 2. konstitutiv, 3. regulativ (im umfassenden
Sinne)?
Unter reflexiven Prinzipien sind die Prinzipien zu verstehen, die
bestimmte logische Beziehungen zwischen den Inhalten des Denkens
hersteilen, eine Reflexion über diese Inhalte, eine subjektive, wenn
auch notwendige Beurteilung der Dinge, keine Aussage über ihre
Möglichkeit1). Reflexive Prinzipien, wie wir folgern müssen, können
sich also sowohl auf das Theoretische wie auf die anderen Gebiete
beziehen, da nichts hindert, daß diese Inhalt des Denkens werden.
Sie stellen also, wie wir hinzufügen können, Beziehungen zwischen
den Denkinhalten her, Beziehungen, die für sich noch keine gegen-
ständliche Geltung haben. Diese Ausführung schließt sich auf das
engste an die Unterscheidung Windelbands zwischen konstitutiven
und reflexiven Kategorien. Windelband nennt reflexive Kategorien
die Beziehungsweisen2), »in welche die Inhalte des Bewußtseins nur
deshalb und insofern treten, als sie miteinander durch das beziehende
Bewußtsein in eine Verbindung gebracht werden, die ihnen an sich
und unabhängig davon nicht zukommt; sie haben nur vorgestellte
Geltung.« Sie3) »betreffen diejenigen Verhältnisse, welche das zu-
3 Kr. d. U. S. 271, 268, 273 u. s. w.
2) Windelband, Vom System der Kategorien. Separatabdruck a. d. Philosophi-
schen Abhandlungen, Christoph Sigwart zu seinem 70. Geburtstag d. 28. März 1900
gewidmet. J. B. Mohr, Tübingen 1900, S. 48.
3) Ibid. S. 49.
 
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