BESPRECHUNGEN.
129
liehe, theoretische und musikalisch-praktische Fähigkeiten und Kenntnisse und musi-
kalisches Empfinden in größtem Umfange als erste Voraussetzung; nur auf dieser
Grundlage wird Psychologie und philosophische Spekulation zu einem ersprießlichen
Ergebnisse gelangen können. Bei Lalo fehlt es an dieser Voraussetzung; und so
befriedigt auch die letzte Studie des Buches für sich betrachtet, die Lalos Eigenes
enthält, nicht. Das »Gesetz der drei Phasen«, das an sich nicht neu ist, kann so
schematisierend, wie Lalo es zur Anwendung bringt, für die Musikästhetik nicht
fruchtbar werden. Lalo zieht auch keine eigentlichen Resultate daraus; er cha-
rakterisiert nur die einzelnen Epochen und die unter sein Gesetz gezwungenen
Kunstwerke in durchaus nicht immer einwandfreier Weise.
Das Buch hält seinen überaus anfechtbaren Plan nicht fest und gelangt zu keinem
bestimmten Ergebnisse. Es macht den Eindruck, als ob die vier Teile selbständige, von-
einander unabhängige Arbeiten Lalos aus verschiedenen Anschauungsperioden seines
geistigen Lebens gewesen sind, die nachträglich notdürftig in scheinbaren Zusammen-
hang gebracht wurden. Daher wohl auch die Ungleichmäßigkeit im Umfange und
in der Durcharbeitung der einzelnen Betrachtungen: bald ist Wichtiges nur ange-
deutet, bald wenig Belangvolles unerklärlich aufgebauscht. Auch von einer Skizze
wird man einen gewissen Grad von Gleichmaß der Durchführung, von Ausgeglichen-
heit der Form verlangen können. Gleichartig in allen Teilen ist nur der zähe, schwer-
fällige und sich gelehrt gebärende Stil des Autors.
So ist das Buch weder Skizze noch Ästhetik; weder musikalisch noch wissen-
schaftlich. Es ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der jungfranzösischen Be-
wegung auf musikalischem Gebiete, die in ihrem ernsten Streben und ihrer gesunden
Spiirkraft schon so schöne Ergebnisse gezeitigt hat.
Grunewald-Berlin. Werner Wolffheim.
H. S. T empleton, Anleitung zur Ölmalerei. (Autorisierte Übersetzung aus
dem Englischen von O. Straßner.) 2. Aufl. Eßlingen a. N. 1908, Paul Neif
Verlag (Max Schreiber).
Dieses in England recht geschätzte Büchlein — hat es ja dort bereits die
75. Auflage erreicht — bietet eine elementare Einführung in das Studium der Öl-
malerei. Praktische Anleitung vermag es natürlich nicht zu ersetzen, obgleich der
Verfasser des Buches auch dies für möglich erachtet; sonst scheint es mir aber
ganz brauchbare Dienste leisten zu können. Der dogmatische Ton des Verfassers
mag für den Anfänger heilsam sein, später befreit er sich ja doch vom Zwange
aufgedrungener Regeln, die keine zeitlosen Kunstgesetze sind, sondern technische
Hilfsmittel, die auch durch andere ersetzt werden können. Und technische Neue-
rungen gehen wohl von jedem starken malerischen Talente aus.
Die Übersetzung läßt manches zu wünschen übrig, sie bedürfte bei einer Neu-
auflage dringend durchgreifender Verbesserungen. Für den Ästhetiker kommt dies
Werk nur mittelbar in Betracht. Über künstlerisches Schaffen oder Formprinzipien
des Kunstwerkes erfährt er hier nichts, da nur das Handwerksmäßige zur Sprache
kommt. Aber unterschätzt darf dieses nicht werden!
Prag. Emil Utitz.
Hans Cornelius, Elementargesetze der bildenden Kunst. Grundlagen
einer praktischen Ästhetik. Mit 240 Abbildungen im Text und 13 Tafeln.
Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1908. VIII u. 197 S.
Das vorliegende Buch ist nicht in erster Linie eine wissenschaftliche Ästhetik,
sondern will vorwiegend einem praktischen Zweck dienen, der Erziehung zum künst-
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. IV. 9
129
liehe, theoretische und musikalisch-praktische Fähigkeiten und Kenntnisse und musi-
kalisches Empfinden in größtem Umfange als erste Voraussetzung; nur auf dieser
Grundlage wird Psychologie und philosophische Spekulation zu einem ersprießlichen
Ergebnisse gelangen können. Bei Lalo fehlt es an dieser Voraussetzung; und so
befriedigt auch die letzte Studie des Buches für sich betrachtet, die Lalos Eigenes
enthält, nicht. Das »Gesetz der drei Phasen«, das an sich nicht neu ist, kann so
schematisierend, wie Lalo es zur Anwendung bringt, für die Musikästhetik nicht
fruchtbar werden. Lalo zieht auch keine eigentlichen Resultate daraus; er cha-
rakterisiert nur die einzelnen Epochen und die unter sein Gesetz gezwungenen
Kunstwerke in durchaus nicht immer einwandfreier Weise.
Das Buch hält seinen überaus anfechtbaren Plan nicht fest und gelangt zu keinem
bestimmten Ergebnisse. Es macht den Eindruck, als ob die vier Teile selbständige, von-
einander unabhängige Arbeiten Lalos aus verschiedenen Anschauungsperioden seines
geistigen Lebens gewesen sind, die nachträglich notdürftig in scheinbaren Zusammen-
hang gebracht wurden. Daher wohl auch die Ungleichmäßigkeit im Umfange und
in der Durcharbeitung der einzelnen Betrachtungen: bald ist Wichtiges nur ange-
deutet, bald wenig Belangvolles unerklärlich aufgebauscht. Auch von einer Skizze
wird man einen gewissen Grad von Gleichmaß der Durchführung, von Ausgeglichen-
heit der Form verlangen können. Gleichartig in allen Teilen ist nur der zähe, schwer-
fällige und sich gelehrt gebärende Stil des Autors.
So ist das Buch weder Skizze noch Ästhetik; weder musikalisch noch wissen-
schaftlich. Es ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der jungfranzösischen Be-
wegung auf musikalischem Gebiete, die in ihrem ernsten Streben und ihrer gesunden
Spiirkraft schon so schöne Ergebnisse gezeitigt hat.
Grunewald-Berlin. Werner Wolffheim.
H. S. T empleton, Anleitung zur Ölmalerei. (Autorisierte Übersetzung aus
dem Englischen von O. Straßner.) 2. Aufl. Eßlingen a. N. 1908, Paul Neif
Verlag (Max Schreiber).
Dieses in England recht geschätzte Büchlein — hat es ja dort bereits die
75. Auflage erreicht — bietet eine elementare Einführung in das Studium der Öl-
malerei. Praktische Anleitung vermag es natürlich nicht zu ersetzen, obgleich der
Verfasser des Buches auch dies für möglich erachtet; sonst scheint es mir aber
ganz brauchbare Dienste leisten zu können. Der dogmatische Ton des Verfassers
mag für den Anfänger heilsam sein, später befreit er sich ja doch vom Zwange
aufgedrungener Regeln, die keine zeitlosen Kunstgesetze sind, sondern technische
Hilfsmittel, die auch durch andere ersetzt werden können. Und technische Neue-
rungen gehen wohl von jedem starken malerischen Talente aus.
Die Übersetzung läßt manches zu wünschen übrig, sie bedürfte bei einer Neu-
auflage dringend durchgreifender Verbesserungen. Für den Ästhetiker kommt dies
Werk nur mittelbar in Betracht. Über künstlerisches Schaffen oder Formprinzipien
des Kunstwerkes erfährt er hier nichts, da nur das Handwerksmäßige zur Sprache
kommt. Aber unterschätzt darf dieses nicht werden!
Prag. Emil Utitz.
Hans Cornelius, Elementargesetze der bildenden Kunst. Grundlagen
einer praktischen Ästhetik. Mit 240 Abbildungen im Text und 13 Tafeln.
Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1908. VIII u. 197 S.
Das vorliegende Buch ist nicht in erster Linie eine wissenschaftliche Ästhetik,
sondern will vorwiegend einem praktischen Zweck dienen, der Erziehung zum künst-
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. IV. 9