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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 4.1909

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Margolin, Frieda: Die Theorie des Romans als die Poesie der Poesie in der Frühromantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3531#0213
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DIE THEORIE DES ROMANS IN DER FRÜHROMANTIK.

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Wirklichkeit, d. h. die Welt der sinnlichen Erscheinungen, fällt nicht
zusammen mit der Idee: die sinnlichen Bilder können nur Symbole der
Idee sein. Durch Reflexion und Ironie erhebt der Dichter die sinn-
lichen Erscheinungen auf die Höhe der dargestellten Idee und zeigt
die große Disharmonie zwischen der Idee und der Wirklichkeit und
die Notwendigkeit der Ironie, um die Harmonie, das letzte Ziel aller
Poesie, zu erreichen — seine Poesie ist Poesie der Poesie oder be-
wußte Poesie. Die Ironie und Reflexion sind die Grundeigenschaften
der symbolischen Form der romantischen Dichtung.
Diese Dichtung ist organisch: sie geht von einem Erlebnis des
Dichters aus; die Idee wächst aus einem eigentümlichen Gefühl heraus
und bildet die Einheit in der Mannigfaltigkeit des Kunstwerks.
Gemäß der Idee ordnet der Dichter die anschaulichen Bilder an;
er muß sie meistern können, wie ein Handwerker das rohe Material;
auch die verschiedenen Formen der Dichtung sollen ihm geläufig sein,
um je nach dem Zweck eine entsprechende Form wählen und sie ge-
mäß der Idee des Kunstwerks individuell gestalten zu können.
Die retardierende Natur des Romans ermöglicht dem Dichter, allen
Forderungen der romantischen Dichtung Genüge zu leisten — und
die romantische Poesie gipfelt im romantischen (Ideen-) Roman, wie es
Goethes »Wilhelm Meister« ist: Goethes Poesie der Poesie ist in ihm
verkörpert.

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. IV.

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