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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 13.1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3622#0424
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BESPRECHUNGEN. 41g

nichts helfen, sobald nicht mehr die eiserne Notwendigkeit dahinter steht, die
selbst während des Krieges nur durch staatliche Machtmittel, wie sie allein der
Kriegszustand kennt, durchgesetzt werden konnte. Das nebenher und nur
als Beispiel, wie leicht sich allerlei gegen den Hauptwortführer dieses Puritanis-
mus, der im Künstlerischen zu einem Purismus des Zweckgedankens führt, ein-
wenden läßt.

Für das Gebiet der Baukunst nun gibt es bereits eine praktische Kriegsgrün-
dung, den Reichsverband für sparsame Bauweise, der mehr wirtschaftliche als
künstlerische Ziele verfolgt, und kürzlich ist eine kleine Schrift von Peter Behrens
erschienen mit einem Vorwort des früheren Staatssekretärs Dernburg, die den
Künstler auf dem Wege zeigt, sich dem Kleinwohnungsbau praktisch zu widmen.
Die Schrift ist bezeichnet als ein Beitrag zur Siedelungsfrage, und ihre Gesichts-
punkte sind überwiegend wirtschaftlich. Mehr aus ästhetischen Gründen da-
gegen hat lange vor dem Kriege Lichtwark in seiner Schrift über »Palastfenster
und Flügeltür« zur Einfachheit gerufen, und nun ist das Buch der Herren Cürlis
und Stephany gefolgt, das beide Seiten, die wirtschaftliche und ästhetische berück-
sichtigt. Es sei gleich gesagt, daß die Teile, die den künstlerischen Fragen ge-
widmet sind, weit wertvoller sind als die ökonomischen Grundgedanken, die zum
Teil im Banne des Kriegsklischees bleiben und stellenweise jener populär-patrio*
tischen Literatur zuneigen, bei deren Lektüre man eigentlich kaum noch einen Satz
zu Ende lesen kann. Die beiden Bestandteile des Buches fallen etwas auseinander.
Wo von wirtschaftlichen Erwägungen die Rede ist, werden die ästhetischen zu
wenig gewürdigt, und wenn künstlerische Kritik geübt wird, werden die ökono-
mischen Gesichtspunkte nur nebenbei berücksichtigt und streckenweise ganz beiseite
gelassen. Vielleicht erklärt sich das aus der Zweiheit der Verfasser. (Übrigens
werde ich im folgenden der Einfachheit halber von dem Verfasser sprechen, als
wenn es sich nur um einen handelte.)

Um nun die mehr grundsätzliche, wirtschaftliche Seite zuerst zu erledigen —
nur diese Fragen sind etwas systematisch behandelt —, sei ein Wort Friedrichs
des Großen herausgehoben, das als Motto dient und einige feine Unterschiede an
die Hand gibt, die auch in unserem Sinne willkommen sind. »Ich glaube, sagt der
König in seinem politischen Testament von 1752, es ist für den Herrscher ebenso
wenig ratsam, geizig wie verschwenderisch zu sein. Er soll immer sparsam und
freigebig sein.« In diesem Sinne kann freilich jeder der Sparsamkeit zustimmen,
mancher sei aber gemahnt, sie eben nicht mit dem Geiz oder der Kargheit zu ver-
wechseln und über ihrem Gegensatze Verschwendung ihre Ergänzung Freigebigkeit
nicht zu vergessen. Das Buch selber beginnt sodann: »Da den wirtschaftlichen
Opfern des Krieges bei Friedensschluß entsprechende Entschädigungssummen kaum
gegenüber stehen werden, so muß unbedingte Sparsamkeit wieder die alleinige
Richtlinie für die Verwendung öffentlicher und privater Mittel werden.« Hier stock'
ich doch. »Unbedingte Sparsamkeit« und »alleinige Richtlinie«? Auch im späteren
Fortgange finden sich gelegentlich ähnliche Aussprüche. Allerdings heißt es in
der Vorrede etwas später: »Man könnte die bisher geübte Verschwendung (auf
dem Gebiete der Bautätigkeit) verzeihen, wären damit Kulturwerte gewonnen
worden,« (nun, dann könnte man sie vielleicht nicht nur »verzeihen«), »aber leider
geht neben den Riesenausgaben her oder erwächst als deren Folge eine sich
steigernde Kulturlosigkeit und ein Verlernen des wirklichen Bauens«; und das wird
nun freilich im folgenden belegt. Natürlich hat der Verfasser jeden künstlerisch
Gebildeten auf seiner Seite, wenn er gegen die Großmannssucht der siebziger
Jahre angeht und den Zusammenbruch der Baukunst schildert, den das damals
 
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