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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Endres, Joseph Anton: Ein Reliefbild der Kaiserin Agnes im St. Ulrichsmuseum in Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0058

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73

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

r



macht, die Gewandung durch einige Faltungen,
die aber genau senkrecht verlaufen, zu beleben.
Ein kleiner Fortschritt in der plastischen Ge-
staltung wird indes an dem weiblichen Bild-
nisse nicht zu verkennen sein. Während
nämlich die Bischofsbilder nach unten in
regelmäßiger Verjüngung verlaufen, läßt der
Meister des Frauenreliefs bereits die Knie leicht
hervortreten und belebt die nicht tiefer ge-
wellten Gewandflächen durch ein seicht einge-
ritztes schematisches Gefältel. Schon aus stil-
kritischen Motiven würde sich demnach eine
Zuweisung des aufgefundenen Reliefs ins
XI. Jahrh. nahe legen. Diese wird nun aber
über jeden Zweifel erhoben durch
eine Inschrift auf der glatten Rück-
seite des Reliefs, welche dem Denk-
mal neben dem kunstgeschicht-
lichen ein allgemein historischesln-
teresse verleiht. Sie lautet nämlich:

A G N (E S)

IMP(E)

RATU(X)

A VG
Agnes Imperiatrix Augusta
war der volle Wortlaut der In-
schrift, wie eine Einfassung der-
selben durch Linien bestätigt.
Es fehlen auf der beschädigten
rechten Seite nur ein paar leicht
zu ergänzende Buchstaben. Die
herrlichen Kapitalen stimmen mit
den Inschriften der Emmeramer
Portalbilder und jenen auf den
drei Ziegelsteinen im Schatze von
St. Emmeram, die den angeb-
lichen Raub der Gebeine des hl.
Dionysius Areopagita erzählen —
sie gehören ebenfalls dem XI. Jahrh. an s) —,
überein. Die Inschrift kann auf niemand
anderen bezogen werden als auf Agnes, die
Gemahlin Kaiser Heinrichs III., welche im
Jahre 1077 starb. Aus ihrer Zeit wird demnach
das Relief stammen. Ein Erinnerungszeichen
dieser Kaiserin in Regensburg hat nichts Auf-
fälliges. Hier war ihre zeitweilige Residenz.
Besonders nahe Beziehungen verbanden sie,

Abb. 2. Reliefbild der Kaiserin
Agnes. (RückseiteJ

') Vgl. "Wattenbach, Deutschlands Geschichts-
quellen« (Berlin 1894) 26, 68.

ihren Gemahl und auch ihren Sohn Heinrich IV.
mit dem Kloster Niedermünster, in dessen ehe-
maligem Gebiete die Fundstelle des Reliefs liegt.
Für den Kunsthistoriker ist diese Inschrift
vom größten Werte. Die ältesten Erzeugnisse
mittelalterlicher Plastik Regensburgs sind so,
wenn von ein paar immer noch rätselhaften
Bildwerken im St. Ulrichsmuseum abgesehen
wird, ziemlich genau datierbar.

Was soll nun aber der Name der Kaiserin
an dieser Stelle besagen ? In erster Linie
richtet er unsere Gedanken wohl auf die
Kaiserin selbst in dem Sinne, daß das Bild
die Kaiserin darstellt. Wenn dagegen einge-
wendet wird, daß man wohl kaum
ein Beispiel dafür anführen könne,
- ilalld er Name der dargestellten Per-
sönlichkeit auf ihrem Rücken ver-
merkt wurde,4) so ist zu ent-
gegnen, daß die Art als solche,
eine Inschrift auf der Rückseite
eines Reliefs anzubringen, zu den
Seltenheiten gehört. Allein unser
Bildwerk wird so aufgestellt ge-
wesen sein, daß die Vorder- und
Rückseite sichtbar waren. Nun
kann ja die Kaiserin durch ihren
Namen als Stifterin dieses Bildes,
das wir dann als die Darstellung
einer Heiligen betrachten müßten,
bezeichnet sein. Aber die größere
Wahrscheinlichkeit spricht doch
dafür, daß Inschriit und darge-
stellte Person gemeinsam die
Kaiserin Agnes als Stifterin irgend
eines kirchlichen Werkes fest-
halten sollten. Porträtfiguren
fürstlicher Persönlichkeiten in
der Eigenschaft als Dedikanten, zählen durchaus
nicht zu den Seltenheiten.

Auf jeden Fall bildet unser Relief eine
wertvolle Bereicherung der frühmittelalterlichen
Steinplastik nicht nur in Regensburg, sondern
allgemein in Deutschland.5)

Regensburg. Jos. A. Endres.

4) • Verhandlungen des bist. Vereins von Oberpfalz
und Regenslmrg Bd. 66, S. 188.

') Vgl. A. Seyler, Die mittelalterliche Plastik
Regensburgs", (München 190.r)), S. 25.
 
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