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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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95

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

96

Frau vereinigt und in seiner wunderbaren Ruhe alles
Schöne verkörpert, was die besten Kunstwerke des
Mittelalters uns Ubeiliefert haben. Dazu kommen
kleine Bilder auf den Außenseiten der Flügel und
wichtiger Einzelheiten des Ganzen, sowie, was beson-
ders wertvoll ist, mehrere Porträts und Gemälde, die
es dem Leser ermöglichen, die kritischen Bemerkun-
gen auf Schritt und Tritt nachzuprüfen und sich ein
eigenes Urteil zu bilden. Den Illustrationen entspricht
der gediegene Inhalt der Broschüie. Hier rinden wir
die erste genaue und zuverlässige Beschreibung des
herrlichen Gemäldes, hier werden zum erstenmal mit
Hülfe der Lehre von den symbolischen Farben der
Edelsteine und der Kleidung die Namen der Apostel,
der Beisitzer des Weltgerichtes, in abschließender
Weise gedeutet; hier erhalten wir zum erstenmal
sichere Angaben über die Zeit der Entstehung des
Triptychons (1443—1452) und die Namen des
Schöpfers — Johannes Memling — und seiner Mit-
arbeiter. Mehr wollen wir über den Inhalt nicht ver-
raten, desto mehr aber zur Prüfung der Schrift einladen,
die das Wissen des Gelehrten, den Scharfsinn des
Archäologen, den Ueobachtungssinn des Kritikers im
schönsten Bunde zeigt zur Förderung der mittelalter-
lichen Kunstgeschichte.

Aachen. E. Teichmann.

Rembrandt und seine Zeitgenossen von
Wilhelm Bode. Charakterbilder der großen
Meister der holländischen und vlämischen Maler-
schule im XVII. Jahrh. E A. Seemann, Leipzig
1906. (Preis in Kartonband 6 Mk )
Auf dem Gebiete der frllh- und spätmittelalter-
lichen Malerei und Plastik nicht nur Italiens und
Deutschlands einer der ersten Forscher, mit den
Teppichen des Orients vertraut wie Wenige, in der
Geschichte des Kunstgewerbes durchaus bewandert,
hat Bode wie in seinen langjährigen umfassenden
Studien so in seinen unvergleichlichen musealen Er-
werbungen den holländischen und vlämischen Maler-
koryphäen des XVII. Jahrh. seine Hauptaufmerksam-
keit von jeher zugewandt. — Rembiandt ist sein Lieb-
lingsmeister und im Zusammenhang mit ihm hat er
die Entwickelungsgeschichte der zeitgenössischen
Maler zum Hauptgegenstande seiner Untersuchungen
gemacht, vollkommen vertraut mit der Literatur, noch
viel mehr mit den Schöpfungen selber. — Die Er-
gebnisse dieser durchaus selbständigen, an neuen
eigenartigen Gesichtspunkten überreichen Prüfungen
sind in dem vorliegenden vornehmen Buche zusammen-
gestellt, das die schärfste Kritik mit der wärmsten
Schilderung verbindet, lauter Hymnen und doch keine
Übertreibungen. Alles ist beobachtet, gekostet, ab-
gewogen, belegt. — Zuerst wird Rembrandt seiner
einzigartigen Wesenheit nach mit glühenden Farben
geschildert als ein Heros ohne Gleichen. Dann wird
Franz Hals analysiert. Hierauf werden das hol-
ländische Sittenbild in seinen Hauptvertietcrn:
den Genremalern Nie. Maas, Vermeer van Delft,
P. de Hooch, G. Metsu, Ter Borch, Jan Steen be-
handelt; die holländische Landschaftsmalerei
in den Meistern Herc. Seegers, Jac. van Ruisdael,
Hobbema, van der Neer, Cuyp. Potter, van de Velde,

Wouverman, endlich das holländische Stilleben,
wie de Heem, Kalff, van Beijeren es handhabten. —
Mit besonderer Liebe und Sorgfalt ist das Lebens-
werk Adriaen Brouwers dargelegt. — Den Epilog
bilden Rubens und van Dyck in ihrer Verschieden-
artigkeit des Genies und in ihrer Gemeinsamkeit des
Schaffens. Was im Anschluß hieran über die Be-
fruchtung der Rubensschen Phantasie durch die zweite
jugendfrische Gattin dargelegt wird, läßt den Ver-
fasser erkennen hinsichtlich seiner Quellenannahmen
für künstlerische Inspiration. — Die Lektüre des aus dem
Vollen schöpfenden, unerschöpflichen Buches, das kernig
und geistvoll zugleich ist, darf als ungewöhnlich reiche
Belehrung, zugleich als ein seltener ästhetischer Genuli
auf das wärmste empfohlen werden. T.

Alfred Gott hold Meyer, Gesammelte Reden
und Aufsätze. Eduard Meyer in Berlin W,
Potsdamerstr 27 b.
Der im Dezember 1904, kaum vierzig Jahre alt,
gestorbene Kunsthistoriker Alfred Gotthold Meyer,
begeisterter Schüler und Geistesgenosse Springeis, hat
eine sehr fruchtbare literarische Tätigkeit von 1890
bis 1904 entfaltet, aus der die „Lombardischen Denk-
mäler des XIV. Jahrh.", die „Oberitalienische Früh-
renaissance", die „Geschichte der Möbelformen"
sich markieren. Unter seinen zahlreichen Gelegenheits-
arbeiten, kleineren Aufsätzen usw. ragen die Bau-
geschichte der Certona bei Pavia und die verschiedenen
Berichte über die Kunst des XIX. Jahrh. hervor, wie
sie namentlich der Weltausstellung in Paris (1900),
der Architekturausstellung der Stadt Berlin (1901),
der Jubiläumsausstellung des Vereins für deutsches
Kunstgewerbe in Berlin (1903), dem Deutschen Haus
in St. Louis (1904) gewidmet sind. Bei dem großen
Interesse, das der wissenschaftlich hochgebildete,
praktisch tüchtig geschulte, ideal gestimmte Kunst-
lehrer namentlich in den letzten Jahren auch an dem
zeitgenössischen Kunstschaffen im Sinne seines Zu-
sammenhanges mit der glorreichen Kunstvergangenheit
nahm, wäre von dem anregenden unermüdlichen
F'örderer noch reiche fruchtbare Aussaat zu erwarten
gewesen, in Gemeinschaft mit so manchen edlen
Freunden, die seinen Tod tief betrauert und dieses
literarische Denkmal pietätvoll ihm errichtet haben.

Schnütgen.

Lukas Delmege, Roman von Patrik A. Sheehan.
Deutsch von Anton Lohr, III. ungekürzte Auf-
lage. Allgem. Verl. Ges m. b. H. in München 1906.
Dieser in Bd. XVI Sp. 320 dieser Zeitschrift an-
gezeigte Roman hat durch die Vervollständigung der
vorzüglichen Übersetzung, die dadurch an Umfang
um ein Fünftel gewonnen hat, eine neue Bedeutung
erhalten. — Was an geistreichem, stellenweise frap-
pantem Unterhaltungsstoff beigefügt, was an humoristi-
schen, nicht selten pikanten Wendungen hinzugekom-
men ist, läßt die Persönlichkeit des so drastisch
geschilderten eigenartigen, modernen Seelsorgegeist-
lichen in einem noch aparteren Lichte erscheinen, so
daß für dieses schon vielfach beachtete Lebensbild
gesteigertes Interesse zu erwarten ist. b.
 
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