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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schulz, Fritz Traugott: Von der historischen Ausstellung in Nürnberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0148

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 7.

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Köpfen in plastischem Relief und zwar in solch
naturgetreuer Nachbildung versehen, daß man
leicht auf den Gedanken kommen kann, man
habe eine Arbeit des berühmtesten der Nürn-
berger Gold- und Silberschmiede vor sich, was
aber neuerdings als nicht angängig hingestellt
wird. (Siehe Bayr. Inventar I, S. 1108). Eine
Nürnberger Arbeit dürfte es aber jedenfalls sein.
Entstanden ist sie in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrh. (Siehe Katalog Nr. 138 mit Abb.)

Die Gruppe der Hausaltärchen umfaßt
nur drei Stücke. Das älteste darunter aus dem
Ende des XV. Jahrh. mit altgefaßten Blei-
ornamenten hat bereits durch Schnütgen in
dieser Zeitschrift Bd. XV, Sp. 248 (mit Abb.)
eine sachentsprechende Würdigung erfahren.
Diebeiden anderen sind als Arbeiten in Elfen-
bein von besonderem Wert. An beiden ist das
ImhoffscheWappen angebrachten dem größeren
außerdem die Jahreszahl 1510. Siebehandeln
das gleiche Thema. In der Mitte die Himmel-
fahrt Maria, auf den Flügeln die Verkündigung
und die mit dem Jesusknaben im Tempel in
einem von einem Engel gehaltenen Buche
lesende Gottesmutter. Das größere Altärchen
(Abb. 5) überragt das kleinere durch den ge-
messenen Rhythmus der Szenerien und seine
abgeklärteRuhe. Das kleinere ist bewegter. Es
löst sich mehr in Einzelheiten auf, wodurch im
ganzen eine gewisse Aufgeregtheit hervor-
gerufen wird. Diese beiden bemerkenswerten
Stücke stammen aus der Sammlung des Herrn
Baron Max von Imhof in Steyr.

Unter den Zinngeräten nimmt ein Krug
aus der Kirche in Dürrenmungenau eine
hervorragende Stelle ein. Er ist um 1500 ent-
standen und durch den dreimal am Henkel ein-
geschlagenen Zinnstempel sowie die Wappen
Tucher-Tetzel als Nürnberger Arbeit doku-
mentiert. Der obere achteckige Teil ent-
wickelt sich mit den Kanten aus den Scheiteln
der Bogenteile des ebenfalls achteckigen, auf
drei sitzenden Löwen aufruhenden Unter-
baues. Die Flächen des sich nach oben ver-
jüngenden Hauptkörpers zeigen unter hohen
Baldachinen in gravierter Technik die stehen-
den Figuren der Barbara, Klara, der heiligen
Jungfrau mit dem Kinde, der Katharina und
des Simon.

Die beiden großen Glasfenster aus einer
ehemals Tucherischen Hauskapelle, welche

oben im kirchlichen Hauptraum eingesetzt
sind, erinnern in der Technik an Augustin
Hirschvogel, während die Entwürfe der näheren
Umgebung Dürers zu entstammen scheinen.
Die Glut der Farben ist eine große. Auf den
Flügeln des einen Fensters ist die Verkündi-
gung dargestellt, auf denen des anderen stehen
auf Laubwerkkonsolen vor landschaftlichen
Hintergründen der Heilige Andreas und ein
Papst mit Stabkreuz und Beutel in den Händen
sowie einem Buch unter dem Arme. Der
rundbogige Aufsatz enthält bei vorwiegender
Goldtönung das eine Mal einen vortrefflich
charakterisierten Christuskopf, mit Blüten ge-
füllte Fischblasen und auf Weinlaub stehende
Eulen, das andere Mal Gott Vater in den
Wolken mit Weltkugel und segnender Linken,
vogelartige Tiere, Eulen sowie Blumen und
Früchte. Besitzer dieser zwischen 1510 und
1520 entstandenen prachtvollen Stücke ist Herr
Regierungsrat a. D. Christoph Freiherr
von Tucher in Nürnberg.

Aus der gleichen Kapelle stammt das dem-
selben Eigentümer angehörige Betpult des
Propstes Sixtus Tucher (Abb. 6), gefertigt
um 1500. Die Schräge ist zu zwei Füllungen
vertieft, welche mit minutiös herausgearbeite-
tem Fischblasenmaßwerk gefüllt sind. Die
Seitenteile sind kräftiger geschnitzt. Der
rechte zeigt das von Distelranken umgebene
Tuchersche Wappen. Bei dem linken ist es
von Weinlaub umschlossen. Auch der rück-
wärtige Teil unter der Schräge und die vor-
dere wie hintere Längsseite weisen geschnitztes
Maßwerk auf.

Auf die sonstigen kirchlichen Gegenstände,
die Arbeiten in Messing, die Sanduhren in
edlem und nichtedlem Metall, die dekorativ
sehr wirksamen und meist kunstvoll geschnitzten
Totenschilde, die Bronzeepitaphien, Gobelins
usw. einzugehen, kann ich mir deswegen er-
sparen, weil hierüber im Katalog hinreichend
Aufschlüsse gegeben werden.—Die kirchliche
Kunst bildet aber nur einen Teil der Aus-
stellung. Einen weit beträchtlicheren Umfang
hat die weltliche Kunst bei der Berücksichti-
gung ihrer sämtlichen Zweige, insonderheit
des Kunstgewerbes angenommen. Sie um-
faßt allein 1568 Nummern.

Nürnberg. Fritz Traugott Schulz.
 
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