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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Oidtmann, Heinrich: Über die Instandsetzung alter Glasmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0181

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273

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

274

Gläser, welche infolge höherer Oxydation
ihrer färbenden Metalle, des Eisens und des
Mangans, ganz schwarz geworden sind und
sich nicht aufhellen lassen, müssen selbstver-
ständlich als unbrauchbar gegen passende
Ersatzstücke ausgewechselt werden. Die Wahl
der entsprechenden Farbengläser gelingt nicht
immer beim ersten Versuch; um das alte
Gepräge zu erhalten,
muß man das Glas
unter Zuhilfenahme
von Flußsäure mit
Sand- oder Bimsstein
verarbeiten, wobei
befriedigender Erfolg
von dem künstleri-
schenVerständnis ab-
hängig ist. Die Mün-
chener Ministerien
bestimmen bezüg-
lich der Einschaltung
neuer Teile folgen-
des: „Sind größere
oder geringere Zu-
taten, Erneuerung
verschwundenerTeile
oder Auswechselun-
gen unabweisbar, so
liegt es unter allen
Umständen im Inter-
esse sowohl der

Kunstwissenschaft
wie der mit der
Denkmalpflege be-
trauten Bauverwal-
tung, vor allem auch
der weiteren Kreise
der Kunstfreunde,
daß die erneuerten,
ergänzten oder wie-
derhergestellten Teile genau gekennzeichnet
und damit auch die Grenzen des Eingriffs fest-
gelegt werden." Meines Erachtens genügt für
uns bei unwesentlichen, kleineren Ergänzungen
schon der Umstand, wenn man sie mit dem
Diamant schneidet, so daß sie sich bei späteren
Untersuchungen durch den glatten Glasschnilt
von den gekröselten alten Glasstücken unter-
scheiden lassen. Bei wichtigen Teilen mag
man kleine, nur in nächster Nähe erkennbare
Zeichen oder Jahreszahlen anbringen. Nur
im äußersten Notfall soll man Stücke aus-
schalten. Bei arg zersplitterten Köpfen, welche



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Abb. 4.
Tafel aus dem Diözesan-Museum.

durch Notbleie bis zur Unkenntlichkeit entstellt
würden, kann man sich erfolgreich helfen,
indem man, wie bereits erwähnt, nach Ab-
dämpfung blitzender Lichtkanten die Stücke
zwischen zwei weiße Scheiben einbleit. Allzu
stark angefressene, ausgelaugte Glasstücke wer-
den, wenn nötig, beiderseits mit Glasfluß über-
zogen und gebrannt, um sie vor weiterem

Verfall zu schützen.
DieEmpfehlung eines
Meisters, alle Stücke
ausnahmslos so zu
behandeln, kann ich
nicht anerkennen, da
erstens dieses Ver-
fahren bei harten
Gläsern überflüssig ist,
und es mir zweitens
als ein zu schwerer,
dabei unberechtigter
Eingriff in das Wesen
deraltenGlasgemälde
erscheint.

Die Brennfähigkeit
alter Gläser muß vor-
her mit wertlosen
Bruchstücken ver-
sucht werden. Nach-
holen der Konturen,
wozu sich das heutige
braune Schwarzlot
schlecht eignet, ist
manchmal bedenk-
lich; wo jene gänzlich
verschwunden und
nur noch die Spuren
des einstigen Ver-
laufes erkennbar sind,
mag man sie erneuern;
in zweifelhaften Fäl-
len, z. B. an spätgotischen Tafeln zu Röders-
dorf fanden wir den Ausweg, die Konturen
auf weißes Glas einzubrennen, die alten Stücke
damit zu hinterlegen und sie zusammen ein-
zubleien. Nochmaliges Brennen der alten
Teile würde in diesem Falle das Ganze zer-
stört haben. Andererseits wird nach Brennen
der alten Stücke der Verlauf verschwundener
Konturen deutlich sichtbar.

Die neue Verbleiung muß natürlich die
gleiche Rutenbreite aufweisen. Notbleie dürfen
nach dem Vorbild der alten schmäler gemacht
werden. Nur die Knotenpunkte der Bleie
 
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