Abhandlungen.
Die Paramente
im Schatz der Schwestern U. L Frau
zu Namur.
(Mit 6 Abbildungen.)
dem durch seine kostbaren Gold-
schmiedearbeiten berühmten, in der
Hauptsache aus dem Kloster Oignies
bei Dinant stammenden Schatz der
Schwestern U. L. Frau zu Namur
befinden sich auch einige sehr
interessante Paramente, zwei Mitren
und ein Manipel. Alle drei ent-
stammen der ersten Hälfte des
XIII. Jahrh. und sind allein schon
darum aller Beachtung wert. Noch mehr
aber ist das wegen ihrer Beschaffenheit der
Fall, die sie zu den bemerkenswertesten unter
den noch vorhandenen gleichartigen Para-
menten des XIII. Jahrh. macht.
Von den Mitren muß eine als ein Unikum
in ihrer Art bezeichnet werden. (Abb. 1.)
Sie gehört zu den bemalten Mitren, deren
sich außer ihr allerdings noch zwei andere
aus dem Mittelalter erhalten haben, unter-
scheidet sich aber von diesen dadurch, daß
der sog. Circulus samt dem Mittelbesatz des
Titulus und den Randbesätzen der Schräg-
seiten aus bemalten Pergamentstreifen be-
stehen.1) Die Malereien sind auf Goldgrund
ausgeführt.
Auf dem Circulus sind unter Segment-
bogen die zwölf Apostel angebracht, sechs
auf jeder Seite; alle sitzen. (Abb. 1.) In
der Mitte der Vorderseite befinden sich die
Apostelfürsten, St. Petrus zur Rechten und
St. Paulus zur Linken, jener durch den
Schlüssel, dieser durch das Schwert gekenn-
zeichnet. Die übrigen Apostel entbehren der
erklärenden Beigaben. Alle Figuren zeigen
lebhaft bewegte Haltung und energischen
Ausdruck. Die Zeichnung ist gut, im Kolorit
herrschen ein kräftiges Rot und ein sattes,
aber frisches Blau vor. Die Säulchen der
Arkaden besitzen noch romanisierende Kapitale.
') Die Photographien verdanke ich durch die
liebenswürdige Vermittlung meines Ordensgenossen,
des P. J. van de Walle der Güte der Schwestern
U. L. Frau.
In den Bogenzwickeln baut sich über den
Säulchen ein kleines Türmchen auf.
Der Besatz des Titulus ist vorn wie rück-
wärts mit je drei Rundmedaillons verziert. Die-
selben enthalten auf der Vorderseite die Bilder
Christi, Marias und eines heiligen Bischofs.
Christus sitzt auf einem Thron, die Rechte
zum Segen erhoben, in der Linken eine runde
Scheibe, die wohl das Brot des Lebens be-
deutet. Maria ist in halber Figur dargestellt
und erscheint als Orans. Auch der Bischof
ist als Halbbild wiedergegeben; er trägt in
der Linken den Stab, auf dem Haupt die
Mitra und macht mit der Rechten den Segens-
gestus. Auf der Rückseite sind die Medaillons
mit einem Leopardenpaar, einem Greifen und
der bekannten Darstellung des Löwenbändigers
(Samson?) ausgefüllt. Die Zwickel zwischen
den Kreisen weisen auf beiden Seiten romani-
sches Rankenwerk auf.
Dem Besatz der Schrägseiten sind rauten-
und mandelförmige Edelsteine sowie Perlen
aufgemalt. Die von dem Aurifrisium des Titulus,
dem Circulus und dem Randbesatz begrenzten
dreieckigen Felder der beiden Schilde sind
mit weißer Seide überzogen. Sie sind ebenfalls
bemalt. Auf der Vorderseite enthalten sie je
einen thronenden Engel, der von einem Adler
bezw. einem Löwen, den bekannten Evan-
gelistensymbolen, begleitet ist, auf der Rück-
seite einen flammenden Stern (Sonne) und
einen Halbmond.
Die nach unten zu sich erweiternden Be-
hänge sind an der Innenseite mit Seide ge-
füttert, an der Außenseite aber mit bemaltem
Pergament überzogen. Die Darstellungen
bestehen auf dem einen Streifen aus männ-
lichen, auf dem andern aus weiblichen Heiligen,
die aber infolge des Mangels von Beischriften
oder Attributen nicht näher bestimmbar sind.
Die männlichen Heiligen gehören dem geist-
lichen Stande an. Im ganzen befinden sich
auf jedem der Behänge fünf Heilige, sie stehen
unter Arkaden, die von unten nach oben an
Breite und Höhe abnehmen.
Die Mitra ist, wie oben gesagt wurde, ein
Unikum.2) Die beiden anderen noch vor-
2) Nach Bock (^Geschichte der liturgischen Ge-
wänder« II, 174) soll es auch zu Anagni eine Mitra
Die Paramente
im Schatz der Schwestern U. L Frau
zu Namur.
(Mit 6 Abbildungen.)
dem durch seine kostbaren Gold-
schmiedearbeiten berühmten, in der
Hauptsache aus dem Kloster Oignies
bei Dinant stammenden Schatz der
Schwestern U. L. Frau zu Namur
befinden sich auch einige sehr
interessante Paramente, zwei Mitren
und ein Manipel. Alle drei ent-
stammen der ersten Hälfte des
XIII. Jahrh. und sind allein schon
darum aller Beachtung wert. Noch mehr
aber ist das wegen ihrer Beschaffenheit der
Fall, die sie zu den bemerkenswertesten unter
den noch vorhandenen gleichartigen Para-
menten des XIII. Jahrh. macht.
Von den Mitren muß eine als ein Unikum
in ihrer Art bezeichnet werden. (Abb. 1.)
Sie gehört zu den bemalten Mitren, deren
sich außer ihr allerdings noch zwei andere
aus dem Mittelalter erhalten haben, unter-
scheidet sich aber von diesen dadurch, daß
der sog. Circulus samt dem Mittelbesatz des
Titulus und den Randbesätzen der Schräg-
seiten aus bemalten Pergamentstreifen be-
stehen.1) Die Malereien sind auf Goldgrund
ausgeführt.
Auf dem Circulus sind unter Segment-
bogen die zwölf Apostel angebracht, sechs
auf jeder Seite; alle sitzen. (Abb. 1.) In
der Mitte der Vorderseite befinden sich die
Apostelfürsten, St. Petrus zur Rechten und
St. Paulus zur Linken, jener durch den
Schlüssel, dieser durch das Schwert gekenn-
zeichnet. Die übrigen Apostel entbehren der
erklärenden Beigaben. Alle Figuren zeigen
lebhaft bewegte Haltung und energischen
Ausdruck. Die Zeichnung ist gut, im Kolorit
herrschen ein kräftiges Rot und ein sattes,
aber frisches Blau vor. Die Säulchen der
Arkaden besitzen noch romanisierende Kapitale.
') Die Photographien verdanke ich durch die
liebenswürdige Vermittlung meines Ordensgenossen,
des P. J. van de Walle der Güte der Schwestern
U. L. Frau.
In den Bogenzwickeln baut sich über den
Säulchen ein kleines Türmchen auf.
Der Besatz des Titulus ist vorn wie rück-
wärts mit je drei Rundmedaillons verziert. Die-
selben enthalten auf der Vorderseite die Bilder
Christi, Marias und eines heiligen Bischofs.
Christus sitzt auf einem Thron, die Rechte
zum Segen erhoben, in der Linken eine runde
Scheibe, die wohl das Brot des Lebens be-
deutet. Maria ist in halber Figur dargestellt
und erscheint als Orans. Auch der Bischof
ist als Halbbild wiedergegeben; er trägt in
der Linken den Stab, auf dem Haupt die
Mitra und macht mit der Rechten den Segens-
gestus. Auf der Rückseite sind die Medaillons
mit einem Leopardenpaar, einem Greifen und
der bekannten Darstellung des Löwenbändigers
(Samson?) ausgefüllt. Die Zwickel zwischen
den Kreisen weisen auf beiden Seiten romani-
sches Rankenwerk auf.
Dem Besatz der Schrägseiten sind rauten-
und mandelförmige Edelsteine sowie Perlen
aufgemalt. Die von dem Aurifrisium des Titulus,
dem Circulus und dem Randbesatz begrenzten
dreieckigen Felder der beiden Schilde sind
mit weißer Seide überzogen. Sie sind ebenfalls
bemalt. Auf der Vorderseite enthalten sie je
einen thronenden Engel, der von einem Adler
bezw. einem Löwen, den bekannten Evan-
gelistensymbolen, begleitet ist, auf der Rück-
seite einen flammenden Stern (Sonne) und
einen Halbmond.
Die nach unten zu sich erweiternden Be-
hänge sind an der Innenseite mit Seide ge-
füttert, an der Außenseite aber mit bemaltem
Pergament überzogen. Die Darstellungen
bestehen auf dem einen Streifen aus männ-
lichen, auf dem andern aus weiblichen Heiligen,
die aber infolge des Mangels von Beischriften
oder Attributen nicht näher bestimmbar sind.
Die männlichen Heiligen gehören dem geist-
lichen Stande an. Im ganzen befinden sich
auf jedem der Behänge fünf Heilige, sie stehen
unter Arkaden, die von unten nach oben an
Breite und Höhe abnehmen.
Die Mitra ist, wie oben gesagt wurde, ein
Unikum.2) Die beiden anderen noch vor-
2) Nach Bock (^Geschichte der liturgischen Ge-
wänder« II, 174) soll es auch zu Anagni eine Mitra