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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schmid, Andreas: Kunstkritik
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Bücherschau
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315

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

316

Mensa und Confessio. Studien über den Altar
der altchristlichen Liturgie von Dr. Franz Wie-
land, Subregens in Dillingen. I. Der Altar
der vork onstan t i nischen Kirche. Lentner
in München, 1906. (Preis 3 Mk.)
Unter den von Prof. Knöpfler patronisierten mannig-
faltigen, mit Vorliebe die altchristliche Zeit berück-
sichtigenden „Veröffentlichungen aus dem
Kirchenhistorischen Seminar München'1,
nimmt diese Studie (II. Reihe Nr. 11) eine hervor-
ragende Stelle ein, weil sie in eine dunkle Ecke
durch gründliche Untersuchung viel Licht hineinträgt.
— Trotz der vielfachen, gerade im letzten Jahrzehnt
sehr zahlreichen Beschäftigungen mit altliturgischen
Fragen war der Ursprung des Altars und seiner
Gestalt in den drei ersten christlichen Jahrhunderten,
noch in Dunkel gehüllt. Der Verfasser lüftet den
Schleier durch folgende in edler Sprache klar for-
mulierte Nachweise: 1. Weil den Christen bis zum
Ende des II. Jahrh. für ihre eucharistische Feier das
materielle Opft-r und das Gotteshaus fehlten, so mußten
sie sich auf den gewöhnlichen Tisch beschränken,
unter Verzicht auf den liturgischen Altar. 2. Als
aber das eucharistische Opfer, vom eigentlichen Liebes-
mahl getrennt, zur wirklichen Darbringung erhoben
wurde in eigenen Versammlungsstätten, ward der
Tisch ein liturgisches Gerät. 3. Obwohl schon vor-
her die Verstorbenen, namentlich in den Cömeterien-
kapellen, in die Eucharistiefeier hineingezogen wurden,
so kam es doch vor Konstantin zu keinem Altargrab,
zu keinem stabilen, also nicht auf die Zeit der liturgi-
schen Feier beschränkten, Altar. — Dieser ist erst
mit der Freigabe des christlichen Kultus und der
Erbauung christlicher Tempel als der Mittelpunkt des
Presbyteriums entstanden. — Aus dieser ganz knappen,
für manche vielleicht sehr frappanten Inhaltsangabe
ergeben sich Bedeutung und Reichtum des behandelten
Stoffes, dessen durchsichtige Gliederung anschaulich
und überzeugend wirkt (auch ohne daß Abbildungen
von Agapenaltären und eucharist/schen Tischen sie
erläutern).—Viel mehr dürften solche für den II. Teil
sich empfehlen, der die symbolische und formelle
Bedeutung des um die Mitte des IV. Jahrh. be-
gonnenen, bald zu großem Glänze gediehenen Altar-
baues darstellen, soll und auf Grund des vorliegenden
Teiles viel Neues erwarten läßt. G.

Herders Bilderatlas zur Kunstgeschichte.
Zweiter (Schluß-) Teil: Neuzeit. 70 Tafeln mit
542 Bildern. Mit kurzer Übersicht über die Kunst-
geschichte, ausführlichem Bilderverzeichnis und
Register. Herder in Freiburg. (Preis Mk. 10.)
Dem hier (Bd. XVIII, Sp. 124) angezeigten, die
(76) Tafeln für Altertum und Mittelalter umfassenden
I. Teil ist der Seh lullteil bald gefolgt, der außer
70 Tafeln Abbildungen von jedem Gegenstande des
ganzen Werkes in deutscher und französischer
Sprache eine sorgsame Beschreibung liefert nebst
Angabe der Ursprungszeit, des Materials und des
Aufnahmeverfahrens. Ihr geht auf 28 Querfolioseiten,
ebenfalls in den beiden Sprachen, ein von Prill
geschickt abgefaßter, weil trotz der Knappheit be-
stimmt formulierter Überblick über die ganze Kunst-
geschichte vorauf, dessen Zeitgemäüheit schon aus

dem Umstände sich ergibt, daß der Gotik vier Seiten
gewidmet sind, der Renaissance zehn, dem XIX. Jahrh.
sechs Seiten. Dieselben Gesichtspunkte haben ob-
gewaltet bei der von Prof. Sauer besorgten Auswahl
der Abbildungen, denen mit Recht nachgerühmt wird,
daß hier auch manche erst in neuester Zeit in den
Bereich der Kunststudien einbezogenen Denkmäler
Berücksichtigung gefunden haben (wie die Mosaiken,
Wandmalereien, Miniaturen usw., auch die germani-
schen Monumente, deren Kreis noch mehr, bis in
Spanien, hätte erweitert werden können). — Die drei
großen Gruppen beherrschen natürlich das Ganze
und in bezug auf die Malerei möge die Bemerkung
gestattet sein, daß Wandteppiche und Bodenbelag
zu kurz gekommen sind. Freilich sprechen so man-
cherlei Rücksichten auf Raum und Verteilung mit,
die auch für das Kunstgewerbe, besonders der Klein-
künste die Aufnahme erschweren; denn auch die
Gesamtwirkung jeder einzelnen Tafel hat ihre Be-
deutung. — Dem neuen Bilderatlas darf als einem
durchaus zuverlässigen Hüifsmittel für den kunst-
geschichtlichen Unterricht, dem öffentlichen wie dem
privaten, alles Lob gespendet werden. Schnütgen.

Kurzer Abriß der Kunstgeschichte. III. Auf-
lage. Bearbeitet von M. V. Neu sei, Schwick in
Innsbruck ]906. (Preis ?)
Was für diesen, von einer kenntnisreichen, geist-
vollen Klosterfrau namentlich für die weibliche Jugend
verfassten vortrefflichen Abriß hier früher (Bd. XI,
Sp. 29) an Ergänzungen gewünscht wurde, hat sich
jetzt zum Teil eingestellt, wenn auch nicht in unmittel-
barer Verbindung. Das dort begehrte Anschauungs-
material liefert nämlich reichlichst der in dem
vorhergehenden Referate angezeigte Her der sehe
Bilderatlas, auf dessen Tafeln der Abriß überall
verweist. Hiermit, mit dem engeren Anschluß an den
(gemäß der Vorrede) von der Verfasserin angeregten
und beeinflußten Atlas war von selbst eine Um-
gestaltung des Buches gegeben, die den Wert desselben
erheblich gesteigert hat, nicht nur wegen der viel-
fachen Zusätze, die zugleich den Leserkreis erweitern,
sondern auch wegen der Rücksichtnahme auf die
Forschungsergebnisse des letzten Jahrzehnts. Daß
man dem handlichen Buche das Herauswachsen aus
dem Unterrichte anmerkt, ist gewiß kein Nachteil;
daß hierbei manche weitläufige, teilweise etwas zu
detaillierte Beschreibungen hervorragender Gemälde usw.
wie der Disputa von Raffael (durch Pastor), des
Triumphes der Religion in den Künsten von Overbeck
(durch Howitt) herübergenommen sind, paßt vielleicht
nicht recht in den doch immerhin knappen Rahmen,
der aber die stärkere Berücksichtigung des Kunst-
gewerbes nicht auszuschließen brauchte. Wie im An-
schluß an die mit Recht ganz besonders betonte
Wand- und Tafelmalerei, die Glas- und Nadelmalerei wie
Teppichwirkerei mehr Beachtung verdient hätten, so
würde auch aus dem großen, heutzutage überall in
die Erscheinung tretenden Bereiche der angewandten
Kunst noch manches hervorragende Werk und manche
interessante Technik hier eine dankbare Stelle gefunden
haben, zumal im Hinblick auf die weiblichen Interessen
und Handfertigkeiten. s
 
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