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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schmid, Andreas: Kunstkritik
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Bücherschau
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319

1906.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

320

der Republik beginnt die Darlegung, die zunächst
der Baukunst gilt, besonders der ganz von der Ro-
mantik beherrschten; auf die Malerei, vornehmlich
die der Schule von Barbizon, fällt der Löwenanteil,
und der Realismus, der aus ihr sich entwickelt, er-
fährt seine Würdigung hier, wie in der Plastik, die
sich anschliel.it. — Kurz ist der Exkurs über die
belgische Kunst seit 1848, aber nicht ohne An-
erkennung, trotz der vorwiegend von Frankreich
entlehnten Anregung. — Über 200 Seiten, fast die
Hälfte des ganzen, sind der deutschen Kunst ge-
widmet, zunächst der Baukunst in Berlin, München,
Dresden (Semperl, Wien (Ferstel, Schmidt usw.),
Stuttgart, Hannover, zuletzt wieder Berlin mit seinen
vielen Kirchen, Staatsgebäuden, Geschäftshäusern. —
Die Malerei steht im Vordergrunde: München, Berlin,
Düsseldorf, ganz besonders Menzel und Feuerbach,
die vom Verfasser nach allen Richtungen hin mit
großer Vorliebe enthüllt werden, ohne daß natürlich
die anderen Koryphäen, wie Lenbach, v. Gebhardt,
Defregger, Makart usw. vernachlässigt werden, neben
denen sogar die Karrikaturzeichner nicht unerwähnt blei-
ben. — In der Bildnerei kommen namentlich München,
Berlin (Begas) und Wien zur Geltung.— Die eng-
lische Kunst seit 1850 bildet den Schluß, und in
ihr erscheint als Reformator Ruskin, der sämtlichen
drei Kunstzweigen die Wege bereiten half, zunächst
der Baukunst, die an das nie ganz verlassene Mittel-
alter anknüpfte im Kirchenbau, aber auch sonst. Die
Malerei, die eingehende Behandlung findet, wurde
von der Prärafaeliten inauguriert, um sich nach allen
Richtungen hin auch als Historien-, Porträt-, Genre-
und Landschaftsmalerei glänzend zu entwickeln.
Überall spricht der Verfasser an durch sein abge-
klärtes, maßvolles Urteil, und auch in der Auswahl
der überaus reichen, fast blendenden Bilder gewahrt
man den richtigen Takt, der freilich S. 23 (Phryne
vor den Richtern) im Stich gelassen hat. K.

Geschichts- und K unst d enkmäler der Uni-
versität Greifswald. Zur 450jährigen Jubel-
feier im Auftrage von Rektor und Senat heraus-
gegeben von Dr. Victor Schultze, ord. Prof.
der Theol. Mit 20 Lichtdrucktafeln, 1 Faksimile
und vielen Abbildungen im Text. Abel in Greifs-
wald, 1906. (Preis eleg. kartoniert 6 Mk.)
Ein trotz seiner Wohlfeilheit glänzendes Andenken
an das Jubiläum der 1456 gegründeten pommerschen
Universität, über deren wechselreiche Geschichte die
Einleitung des Näheren berichtet. Daran schließen
sich die Kommentare zu den 21 vortrefflichen Licht-
drucken in Folio, welche darstellen: I und II die
Rubenow-Bildnisse, namentlich des um die Gründung
hochverdienten Bürgermeisters; III das erste Blatt
der Universitäts-Annalen; IV—IX das Universitäts-
gebäude und seine Vorgänger; X die vier, auch vor-
bildlich sehr merkwürdigen Szepter (von denen zwei
dem Wesen nach der Gründungszeit als Geschenk
des Herzogs angehören); XI den wappengestickten
Sammtmantel des Rektors aus 1619; XII dessen
Kette und Ring; XIII—XVII den kostbaren 1554

in Stettin gewirkten reich figurierten Croy-Teppich
mit Luther als Prediger; XVIII die zum Teil noch
gotischen Universitätssiegel; XIX den von der Stadt
Wittenberg 1525 zur Vermählung gestifteten Luther-
pokal; XX die Ruine des frühgotischen merkwürdigen
Cisterzienserklosters Eldena. — Wenige Universitäten
sind im Besitze von solchen mit ihrer Geschichte so
eng verwachsenen Kostbarkeiten. Sie abbildlich mit-
geteilt und in das richtige Licht gesetzt zu haben,
ist das Verdienst dieser Festschrift. Schnütgen.

Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Stadt
Mainz. I. Teil (Privatbesitz). Von Professor
E. Neeb, Oberlehrer. Mit 5 Textbildern und
21 Tafeln. Verlag des Altertumsvereins (Mainz, 1 905).
Der Stadt wie dem Kreise Mainz war es seither
nicht beschieden, eine staatliche Inventarisation der
Kunstdenkmäler zu erhalten. Um so freudiger ist
es zu begrüßen, daß ein einzelner Gelehrter aus
eigenem Antrieb zunächst nach einer Richtung diese
empfindliche Lücke ausgeglichen hat. Prof. Neeb
hat in dem oben genannten Werke alle architektoni-
schen und plastischen Überreste zusammengestellt,
die sich zu Mainz in und an Privatgebäuden finden.
Der Verfasser ist dabei in der Weise vorgegangen,
daß er die Straßen alphabetisch und in diesen die
betreffenden Häuser nach Nummern vorführt. Es ist
wohl bei diesem Verfahren seinem kunstgeübten
Blicke nichts Wesentliches entgangen; ja, manches
wurde geradezu erst durch Prof. Neeb der kunst-
geschichtlichen Betrachtung erschlossen. Seine Auf-
gabe beschränkte er nicht darauf, das Augenfällige
zu beschreiben, sondern er gab auch ausführliche
geschichtliche Nachweise, in die er die Ergebnisse
eigener arcbivalischer Forschung verflocht. Außer-
dem stattete Prof. Neeb seine Arbeit mit 5 Text-
illustrationen und 21 Tafeln aus; es darf bemerkt
werden, daß diese Abbildungen ausnahmslos auf Auf-
nahmen zurückgehen, die Prof. Neeb selbst machte.
Die an sich große Übersichtlichkeit des Werkes er-
höht ein sorgfältiges Sachregister; es finden sich z. B.
in letzterem die Stichworte: Decken, Erker, Fach-
werkbauten, und es werden, was für unsere Zeitschrift
in Betracht kommen dürfte, unter Plastik die Madonnen
und Heiligenfiguren einzeln aufgezählt. Kunstwerke
dieser Richtung besitzt Mainz mehr, als wohl in
weiteren Kreisen bekannt ist. Als jüngst ein nam-
hafter Kunsthistoriker unter der Führung von Prof.
Neeb die Mainzer Barockmadonnen kennen lernte,
konnte er seinem Staunen über diesen ungeahnten
Reichtum nicht genug Ausdruck geben. Darum wird
das Werk, das an die Zeit und die Arbeitskraft des
Verfassers so große Anforderungen stellte, wertvolle
Aufschlüsse und Anregungen bieten, mag es sich
nun um ikonographische Fragen oder um Decken-
schmuck, um Fassadenbildung oder Straßenbilder
handeln. Jedenfalls gebührt Prof. Neeb für seine
gewissenhafte und kenntnisreiche Arbeit, die nur bei
großer Begeisterung für den Gegenstand zu Wege
kommen konnte, rückhaltslose Anerkennung.

Mainz. Heinrich Schrotte.
 
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