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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Schnütgen, Alexander: Die neue St. Bonifatiusbüste als bischöfliches Jubiläumsgeschenk
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0221

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339

lOOü. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

340

ine sinnigere Weihegabe hätte dem
Herrn Kardinal Kopp zur
Feier seines fünfundzwanzig-
H jährigen Bischofsjubiläums der
preußische Episkopat wohl
nicht verehren können, als die hier abgebildete
Reliquienbüste des hl. Bonifatius, die
von dem Bildhauer Joseph Schneider in
Düsseldorf modelliert, ebendort von dem Gold-
und Silberschmied C. A. Beumers ausgeführt
ist. Dieselbe ist 75 cm hoch, ganz in Silber
getrieben und ruht, mit Stab und Buch ver-
sehen, auf einem mit nieliierter Inschrift ge-
schmückten, profilierten Eichenholzsockel.

Um diese beiden Attribute, die gerade beim
hl. Bonifatius und für den zeitweiligen bischöf-
lichen Hüter seines Grabes (in Fulda) von
besonderer Bedeutung sind, anzubringen, be-
durfte es eines bis auf die Hüften herunter-
reichenden Brustbildes, wie es freilich schon
in der frühgotischen Periode begegnet, aber
mit gefaltenen Händen, weil damals diese Hermen
nur die Aufgabe hatten, statuarisch den Altar
zu schmücken. In der spätgotischen Zeit
tauchen an ihnen auch die mit Beigaben ver-
sehenen Hände auf.

Als das hervorragendste Exemplar dieser
Art darf die überaus reiche spätgotische Silber-
büste (162 im hoch) des hl. Bischofs Lam-
bertus im Dom von Lüttich bezeichnet werden,
die ebenfalls mit der Rechten den Stab hält,
in der Linken das aufgeschlagene Buch.

Dieser an Größe und Glanz unübertroffenen
Herme gegenüber, die auch durch ihre Haltung
als ein Repräsentationsreliquiar erscheint, ist
die St. Bonifatiusbüste mit Recht sehr ein-
fach gehalten, auch durch ihre etwas bewegte,
daher minder hieratische Form vor allem den
erbaulichen Eindruck bezweckend. Daher ist
ihr realistisch ernster, scharf ausgeprägter asze-
tischer Kopf von der Last des vieljährigen
apostolischen Wirkens etwas gebeugt, und der
lange, strähnige, wohlstilisierte Bart läßt den
Missionar der rohen Völker erkennen. Ebenso
spricht sich in den sehnigen Händen Abtötung
und Energie aus.

Was ich sonst über sie, namentlich über
ihre meisterliche Technik, zu sagen hale, ent-
nehme ich (da ich leider das Original nicht
sah) der Photographie, wie den bezüglichen
Notizen der „Kölnischen Volkszeitung" vom
LI. Januar L907 (Nr. 32). — Die Büste ist in
Silber von der Hand getrieben auf Grund des

vom Bildhauer besorgten Modells, dem der
Metallkünstler offenbar sich enge angeschlossen
hat, ohne die Stilgesetze zu verkennen, die das
Silber ihm vorschrieb; denn gerade die Karna-
tionspartien machen nicht den Eindruck sklavi-
scher Nachahmung, ebensowenig die Haare und
die Gewandzipfel mit ihrem flotten, leichten
Gefält. — Die dekorativen Elemente, die an
manchen mittelalterlichen Hermen von Email-
und Steinschmuck strotzen, sind hier mit Recht
einfacher gehalten und natürlich auch hin-
sichtlich der Erfindung das Werk des Gold-
schmiedes. Die Borten (Cirkulus und Titulus)
und die Rosetten der Mitra, die auf Schmelz-
grund Rankenwerk mit Steinschmuck zeigen,
wie die schlichten Randverzierungen ihrer
Schrägen, liegen ganz im Rahmen der Gold-
schmiedetechnik, ebenso die das Buch ringsum
einfassenden durchbrochenen Streifen mit ihren
Eckstücken auf Emailfond. Da dieses Marter-
buch mit dem Dolchhieb noch in der Bibliothek
zu Fulda aufbewahrt wird, so wäre ein gewisser
formaler Anschluß an das nicht nur über-
aus ehrwürdige, sondern auch ungemein cha-
rakteristische Kleinod wünschenswert gewesen.
Der Dolchgriff, der aus dem Buch hervorragt,
ist aus Elfenbein gebildet mit nielliertem
Schuh. — Ähnlich ist der Bischofsstab be-
handelt, der sich in der Einfachheit der Krüm-
mung an das mit dem hl. Bonifatius in Ver-
bindung gebrachte Pedum anlehnt; er besteht
unten aus Palmholz, oben aus Elfenbein, und die
silbernen Verbindungsglieder mit derKrabben-
endigung sind vergoldet.

Ziemlich knapp ist das Gefält der Albe
und ebenso einfach ist die Behandlung des
ganz schmucklos belassenen Chormantels. Dieser
wird zusammengehalten durch eine über Eck ge-
stellte quadratische Agraffe mit großem, flachem
Bergkristall. Durch ihn scheint die in der Brust
geborgene Reliquie des Heiligen hindurch.

Der Wechsel von Silber (Karnation, Ge-
wänder, Mitra) und Gold (Haare, Bart, Orna-
mente) verschafft dem Ganzen ohne Zweifel eine
vortreffliche Wirkung, deren Harmonie noch er-
höht wird durch die Silbertönung und durch die
den vergoldeten Teilen infolge Wegschleifens
wiedererstandenen Silberlichter, wie durch die
matten Emailtöne, die dem Künstler bekanntlich
geläufig geworden sind durch seine vielfachen
Restaurationsarbeiten; was alles in die etwas
modernisierende Stimmung wohl hineinpaßt.

Seh nü teen.
 
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