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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Strzygowski, Josef: Die persische Trompenkuppel
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0020

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6 Josef Strzygowski.

quadrates werden Dicht durch Pendentifs, sondern durch Trompen in das Kuppelrund
übersetzt.

Hauptbeispiele dieser Bauart sind die beiden besterhaltenen und architektonisch
reichsten Klosterkirchen von Hellas, Daphni bei Athen und das Katholikon von Hosios
Lukas, beide der Zeit um das Jahr 1000 angehörig. Ich gebe hier (Abbildung 4) den
Grundriß und die Innenansicht dieser letzteren Kirche nach den Aufnahmen von
Schultz und Barnsley.1 Man gehe aus von dem Rund- der Kuppel. Es wird um-
schlossen von einem Achteck, dessen Seiten genau zwischen den paarweise angeordneten
Pfeilern und dem diagonalen Abstand ihrer inneren Ecken liegen. Die Räume zwischen
den Pfeilern bilden das in den Achsen liegende Kreuz, Nebenräume in den vier Ecken

ergänzen dieses Kuppelkreuz zu einem nach
außen rechteckigen Baukristall. Im Aufriß
sieht man über dem Erdgeschoß Emporen
angeordnet; über ihrem Kranzgesims be-
ginnen die Gewölbe. Die Pfeilerpaare werden
in den Achsen durch breite Gurtbogen ver-
bunden. Das für den Bautypus entschei-
dende Motiv aber sitzt über den diagonalen
Achteckseiten: es sind jene über die Qua-
dratecken gespannten Nischen, die man gern
als Trompen bezeichnet: es sind in den
Oktogonseiten Bogen, die sich dann trom-
petenartig nach den einspringenden Kanten
und der Ecke des Quadrates einziehen.

Um das Motiv dieser Ecktrompe in
seiner Eigenart recht deutlich zu machen,
gebe ich hier noch Abbildung 5 eine Pho-
tographie einer solchen einspringenden Eck-
nische des Katholikons von Hosios Lukas
mit der Darstellung der Geburt Christi. Man
sieht von unten herauf die mit Marmor
inkrustierten Wände der Emporen auf-

K B . , . rr , n steigen, in der Ecke stoßen zwei rundbogige

Abbildung 5. Persische Ecktrompe im Kuppeloktogon .. ° ' nuiiuuuuugg

des Katholikons von Hosios Lukas. Öffnungen mit eingestellter Mittelsäule und

Balustraden zusammen. Darüber die Bogen
des Oktogons, dann das Kranzgesims der runden Kuppel. In den Zwickeln die
Medaillons einzelner Heiligen. Von den Bogen ist der am linken Rande offen; er liegt
in der Achse des Quadrates, ist daher als Kreuzarm nicht geschlossen. Der Bogen in
der Mitte der Aufnahme aber ist in einem halben Trichter oder Kegel nach der Quadrat-
ecke zu abgemauert. Am Rande umzieht ihn ein Ornament, die Trichterfiäche ist ge-
schmückt mit dem Mosaik der Geburt Christi. Das ist die typische Ecktrompe.

Ich blicke von diesem Beispiel unmittelbar zurück auf die Kirche des nestorianischen
Klosters in Amida. Die Ostkuppel ruht dort auf genau den gleichen vier Ecktrompen
in der Diagonale des durch sie über dem Grundquadrat errichteten Oktogons, während der

1 The monastery of Saint Luke, pl. 4.
 
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