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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Strzygowski, Josef: Die persische Trompenkuppel
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0022

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8 Josef Strzygowski.

gebildet von acht im Kreise angeordneten Stützen, zwischen denen sich in den Diago-
nalen Nischen ausbuchten, während die Kreuzarme in den Achsen liegen. Von dieser
Art sagt Gregor: «Die Verbindung der Räume ist so hergestellt, wie man es durch-
gehende bei dem kreuzförmigen Typus (ev tuj öraupoeiöeT tuttuj) findet». Diese Art von
Bauten müssen also damals in Kleinasien bereits allgemein in Anwendung gewesen sein.
Es überrascht daher nicht, diesen Typus auch bei der 382 in Mailand erbauten Apostel-
kirche angewendet zu sehen; Ambrosius, der in der Gründungsinschrift ausdrück-
lich von der «forma crucis» spricht1, stand mit den kleinasiatischen Bischöfen in naher
Verbindung. Die Anregung für Ambrosius, der kurz vorher in Konstantinopel gewesen
war, wie für die Verbreitung dieses Typus im allgemeinen dürfte, nahm ich an2, das
Mausoleum gegeben haben, das Konstantin für sich und die Apostel in Konstantinopel
erbaute. Gregor von Nazianz sagt von diesem, daß es sich kreuzförmig nach vier Seiten

ausdehne (rrXeupouq OTaupoTurroic; xexpapxa Te|uv6^evov).
Neuerdings ist eine andere Beschreibung gefunden
worden3, die um 1200 von Nikolaos .Mesarites, also
mehr als 800 Jahre später, verfaßt ist und in der
das Gebäude genannt wird: kugelförmig und kreis-
rund, wegen des beträchtlichen Umfanges durch
eine dichte Reihe von ringsum laufenden Pfeilern
der Halle gegliedert (crcpaipoeiöri? Kai kukXikö^ 6 au^rra?
0ÖT05 vaöq, öiä tö TroXuxujpnTÖTepov ujc; ot^ai tou
CxtlMcroq TTUKveuq xouc; TrepiKÜKXiu 0tu)'iKaic; Yaiviau;
KaxaTeuvönevoc;). Daraufhin wird der Vers des Gregor
von Nazianz als Interpolation und das Mausoleum
als Rundbau ohne Kreuzdurchsetzung hingestellt.4
Nach dem Material, das mir in dieser Frage jetzt
vorliegt, möchte ich doch zur Vorsicht mahnen und
zunächst noch bei meinem Standpunkte beharren.5
Es ist durchaus möglich, daß ein Bau gleichzeitig
Rundbau und kreuzförmig ist.
Der kreuzförmige Kirchenbau ist dem IV. Jahrhundert vollkommen geläufig. Er
wird daher wohl älter sein als diese Zeit. In der Tat stellt er sich dar als die ober-
irdische Parallele zu einer uralten, im hellenistischen Oriente heimischen Form des
Grabbaues. Ausgangspunkt nämlich ist, wie ich schon «Orient oder Rom», S. 20 an-
nahm, die entgegen Rom im ganzen übrigen Reichsgebiete übliche Form der Kata-
kombe." Diese war, in den Fels gearbeitet, eine kreuzförmige in der Art, daß sich an
ein Mittelquadrat in den Achsen Kammern anschlössen. Sobald man anfing, die Grab-
stätten über der Erde zu errichten, zugleich aber an dem traditionellen Typus der
Raumverteilung festhielt, war in die Entwicklung der Architektur ein neues Problem

1 Ebenda, S. 137. — 2 Ebenda, S. 138.

3 A. Heisenberg, Die Apostelkirche in Konstantinopel, S. 107.

i Vergl. das Mausoleum Diokletians in Spalato oder das des Theodorich in Ravenna.

5 Vergl. auch meine Anzeige des Heisenbergschen Buches in der Beilage der Münchener Neuesten
Nachrichten vom 3. März 1909, No. 51.

6 Vergl. darüber jetzt Schultze-Führer, Die altchristlichen Grabstätten Siziliens. Dazu meine Be-
sprechung Byzantinische Zeitschrift, XVII (1908), S. 278.
 
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