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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0076

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Literatur.

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eine Wand verbunden, ein etwa 3 m breites Vor-
dach trugen. In der Mitte wurde das Vordach
durch einen frei stehenden Pfosten gestützt, wie
deutliche Spuren beweisen. Man denkt dabei
unwillkürlich an die Anlage des griechischen
Antentempels. Der Eingang war wohl zwischen
den mittleren Pfosten der Vorderwand, also un-
mittelbar hinter der luftigen Vorballe. Der Ver-
lauf der Umfassungsmauern wird durch die Pfosten-
löcher einigermaßen festgestellt. Damit sind wich-
tige Analogien mit nordischen und griechischen
Haustypen aufgedeckt, indem diese einen ganz
ähnlichen Grundriß zeigen; es liegt dann nahe,
den Aufriß nach jenen zu rekonstruieren mit dem
nach vorn gerichteten Giebeldach und einem
Rauchfang in der Mitte über der Feuerstelle.
Durch den Grundriß, der durch die Pfostenlöcher
und die Überreste des Herdes gegeben ist, läßt
sich so ohne Willkür ein andeutungsweises Bild
jenes germanischen Hauses gewinnen.

Man darf gespannt sein auf das Ergebnis der
Ausgrabungen, die Professor Schuchhardt im
nächsten Jahre außerhalb der Wallburg vor-
nehmen will, wo wahrscheinlich noch deutlichere
Hinweise auf die Gestalt und Bauart des ger-
manischen Hauses entdeckt werden können, in-
dem dort die Ansiedlung weniger dicht war als
im Innern des Burgwalls. Einstweilen dürfen
wir uns mit den gewonnenen Besultaten zufrieden
geben. Dr. Budolf Bemoiilli.

Das Bürgerhaus in der Schweiz. I. Band.

Das Bürgerhaus in Uri. Herausgegeben vom
schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein.
Basel 1910. Verlag von Helbing & Lichtenhahn.
Geheftet 8 Mk.

Im Juli 1905 hat der schweizerische Ingenieur-
undArchitektenverein zur Herausgabe eines Werkes
über das. schweizerische Bürgerhaus eine Kom-
mission eingesetzt. 1907 kam ein Aufruf, der
von Dr. G. H. Baer verfaßt und mit köstlichen Bil-
dern illustriert war. (Vergl. die Besprechung in
dieser Zeitschrift, I, S. 82.) Und schon jetzt er-
scheint der erste Band des großen Werkes.

Die Aufnahmen besorgte Architekt Paul Sieg-
wart in Aarau; den historischen Teil bearbeiteten
zwei vorzügliche Kenner der Urner Lokalgeschichte,
Staatsarchivar D. E. Wymann und Pfarrer Müller
in Altdorf. Die gesamte Redaktion übernahm
Dr. G. H. Baer in Zürich, der dieser Bürgerhaus-
Publikation seine wertvolle Arbeitskraft in be-
sonders dankenswerter Weise zuwendet.

Der Text enthält vorwiegend historische An-
gaben ; für die Beschreibungen soll das Bild auf-
kommen. Auf vergleichende und entwicklungs-
geschichtliche Studien wird verzichtet; es handelt
sich vorerst nur um das Inventar der vorhan-
denen Bauten, die der Darstellung wert schienen.
Es wäre in der Tat verfrüht, allgemeine Erörte-
rungen am Matcriale eines einzigen kleinen Landes-
teiles auszuführen. Das kann später kommen,
wenn einmal etwa zwanzig ähnliche Bände vor-
liegen.

So wie die große Arbeit nun begonnen ist,
kann man sich des ersten Wurfes herzlich freuen
und dem Weiteren mit den besten Erwartungen
entgegensehen. Ein rascher Fortgang des treff-
lichen Werkes scheint durch den Stand der Vor-
arbeiten gesichert zu sein.

Die zeichnerische Wiedergabe der Objekte ver-
zichtet auf alle Pikanterie. Strenge Sachlichkeit
ist ihr einziger Anspruch. Die schlichten, in ein-
heitlichen Maßstäben dargestellten Grundrisse,
Fassaden, Schnitte und Detailzeichnungen sind
aber begleitet von zahlreichen, sehr gut gedruckten
Autotypien nach photographischen Aufnahmen.
Wir schätzen es besonders, daß oft vom näm-
lichen Objekt die Zeichnung und die photogra-
phische Ansicht nebeneinandergestellt werden; auf
diese Weise kommt das Verhältnis zwischen der
Arbeit auf dem Reißbrett und der Wirkung in
Raum und Licht überraschend gut zum Ausdruck.

Aus dem Inhalt hier nur wenige Winke! Das
älteste Haus, genannt «zu allen Winden», kann
als Paradigma für den Typus eines kleinen Stein-
hauses aus der Zeit um 1500 gelten; im Erd-
geschoß drei Räume: ein Arbeitsraum, dahinter
die Küche, und nebenan der lange Gang, der
beide Gelasse begleitet. Später wird der Haus-
gang fast regelmäßig in die Mitte verlegt; so
schon 1550 in dem Haus der Familie Jauch, das
eine köstliche gleichzeitige Prunkstube mit ein-
gelegtem Renaissance-Getäfer enthält. Am Bau-
 
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