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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Borchardt, Ludwig: Die Totentempel der Pyramiden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0087

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erscheinen mag, den Typus eines königlichen Totentempels aus der 4. Dynastie, wie wir
ihn in dem Musterbeispiel des Chaf-re vor uns hatten, gibt es uns nicht.

Der Torbau im Tale (Abbildung 3 a), dessen Untersuchung noch nicht völlig beendet
ist, lag wohl wie spätere auf einem Kai, der von vorn, von der Seite des Überschwem-
mungswassers her, mittels einer Rampe ersteigbar war. Die Seiten-
flügel des rechteckigen Gebäudes nehmen Kammern ein, die, vielleicht
ohne Zugang, sehr fein gearbeitete Gruppen bargen, den König mit
der Göttin Iiathor und verschiedenen Gaugöttern darstellend. Mitten
in diese Kammern hinein ist ein besonderer Bauteil gelegt, den
Dr. Reisner mit Recht für später — wahrscheinlich für 6. Dynastie —
hält. Er besteht aus einer in einem Rücksprung der Fassade liegen-
den Säulenvorhalle, einem breiten Saal mit Säulen und Statuen und
einem tiefen Saal, alles ohne Verbindung mit den Seitenflügeln und

mit dem Aufgang. Hier hätten wir also die ersten Säulen, wenn Abbildu"S 3a. Toi au

des Men-kew-re.

auch nur die Kalksteinbasen noch erhalten sind, und die erste Vor-
halle bei den Torbauten. Die Säulen haben wir uns dem Ziegelmaterial des Tempels
entsprechend aus Holz zu denken.

Da aber dieser mittlere Bauteil späteren Datums ist, so dürfen wir aus diesem
Vorkommen von Säulen und Vorhalle bei einem Torbau nicht schließen, daß schon in
der 4. Dynastie diese Bauformen bereits in die Totentempel Eingang fanden, es sei denn,
daß, was bis jetzt noch nicht sicher ist, unter diesem Bauteil ein gleichartiger älterer
bei weiterer Grabung nachgewiesen werden sollte. Bis dahin ist das älteste Auftreten
der Pflanzensäulen in diesen Totentempeln erst unter Sahu-re anzunehmen.

Der Aufgang, der hinten in der Mitte des Torbaus ansetzt, scheint einen beson-
deren Zugang von Süden zu haben, wofür jede Analogie bisher fehlt.

Der Totentempel
auf dem Plateau (Ab-
bildung 3 b) zerfällt
sehr klar in den «öffent-
lichen» und den «in-
timen» Teil, hier wird
es besonders deutlich,
daß der «öffentliche»
Tempel stets vor der
Mauer des Pyramiden-
hofes, der «intime»
hinter ihr im engsten
Anschluß an die Pyra-
mide selbst liegt. Der

Abbildung 3 b. Totentempel des Men-kew-re. öffentliche Tempel hat

hinter dem Anschlüsse
des Aufganges hier zum ersten Male den bei den Totentempeln der 5. Dynastie nie
fehlenden langen Vorraum, an den sich der innere Hof schließt. Dieser Hof ist ohne
den sonst üblichen, für einen geordneten Verkehr im Tempel notwendigen Umgang.
Die Fortlassung des Umgangs möchte ich als ein Resultat der Planvereinfachungen

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. III. 10
 
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