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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Borchardt, Ludwig: Die Totentempel der Pyramiden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0090

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Ludwig Borchardt.

der Südostecke des Pyramidenhofes, so daß die Räume beim Nebeneingang gleichzeitig
als Totentempel dafür dienen können, liegt in besonderem Hof die Pyramide der Königin.
Hierzu ist zu bemerken, daß solche Nebenpyramiden nur besondere, direkt vorgelegte
Totentempel haben, wenn sie mit ihrem Hof sich nicht an den der Hauptpyramide
dicht anschließen.

Besonders wichtig sind hier die Neuerungen im architektonischen Schmuck. Bis-
her hatten die Baumeister nur durch geschickte Raumabmessungen und durch die
Farben der verwendeten Materialien gewirkt. Gelblichweißer Alabaster, schwarzer Basalt
und rotbunter Granit: mit den Farben dieser Materialien konnten sie schon eine er-
hebende und ernste Stimmung hervorrufen. Jetzt treten zuerst bunte Wandbilder hinzu,
die gleich in diesem ältesten der mit ihnen geschmückten Tempel in Fülle auftreten.
Man sehe darüber, da es hier zuweit führen würde näher darauf einzugehen, den vor-
läufigen Bericht an die Mitglieder der Deutschen Orient-Gesellschaft ein. Nur soviel sei
gesagt, daß auch in den Vorwürfen für die Wandbilder eine strenge Scheidung zwischen
«öffentlichem» und «intimem» Tempel festzustellen ist. Als zweiter neuer Schmuck
treten die Säulen auf, sowohl einfache, wirklich als Stützen gebildete glatte Rundsäulen
ohne Kapitell, nur mit Abakus, als auch die wie freie Endigungen ornamentierten1
Pflanzensäulen. Von diesen sind Palmen- und Papyrusbündelsäulen hier bereits vertreten.

Die Anlage eines verzweigten Wasserableitungssystems, die in diesem Tempel
nachgewiesen wurde, dürfte nichts absolut Neues sein, da im Chaf-re-Tempel auch eine
Wasserableitung aufgedeckt wurde. Nur die Verwendung von Kupferrohr dabei scheint
eine neue, vielleicht aber später nicht beibehaltene Errungenschaft.

10. Der Sohn und Nachfolger des Sahu-re, König Nefer-ir-ke-re, errichtete sein
Grabdenkmal auf einer etwas höher gelegenen Stelle desselben Abusirplateaus. Er hatte
das Unglück, wie Men-kew-re seinen Erben einen noch sehr in den Anfängen steckenden
Bau zu hinterlassen. Seinem Bau erging es aber noch schlimmer als dem jenes Königs.

pierte. Diese Veränderungen machen den Grundriß des Nefer-ir-ke-re eigentlich für die
Ableitung der diesen Bauten zugrunde liegenden allgemeinen Ideen unbrauchbar. Es

1 S. Borchardt, Pflanzensäule, Schlufä und Ä.-Z. 1902, S. 39 ff. Die Versuche, den Schlußsatz dieses
Buches zu widerlegen (Belger in Philol. Wochenschr. 1899, S. 467 ff., Naville in Sphinx II, S. 224 ff. und
Wilcken in Ä.-Z. 1901, S. 66 ff.), dürfen wohl als gescheitert betrachtet werden.

Abbildung 5 a. Totentempel des Nefer-ir-ke-re in seiner
ersten Bauperiode.

Wenn auch sein nächster
Nachfolger Neferf-re noch
den unfertigen Steinbau
wenigstens in Ziegeln fertig
stellen ließ, so mußte der
Bau sich später unter dem
nächsten Könige, Ne-user-re,
schwere Eingriffe und Än-
derungen gefallen lassen, die
dadurch bedingt wurden,
daß dieser seinen Pyramiden-
bau zu dicht an den des
Nefer-ir-ke-re heranbaute und
sogar dessen Aufgang usur-
 
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