Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

DOI Artikel:
Borchardt, Ludwig: Die Totentempel der Pyramiden
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0092

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
78 Ludwig Borchardt.

11. Der dritte bei Abusir mitersuchte Totentempel ist der des Ne-user-re1, der
wiederum durch allerhand Zufälligkeiten unregelmäßig geworden ist, so daß er nicht

als typisch angesehen werden kann.
Hier haben hauptsächlich zwei Fakta
zusammengewirkt, dem Bau seine
zerrissene Form zu geben: das Vor-
handensein eines älteren Grabbaues
eines vermutlich hochangesehenen
Privatmannes, auf den man Rück-
sicht nehmen wollte oder mußte,
und die wohl aus Ersparnisrücksich-
ten beschlossene Benutzung des für
Nefer-ir-ke-re bereits angelegten Tor-
baus und unteren Aufgangsstückes.

Der Torbau (Abbildung 6 a) ist
bis auf Unwesentliches dem des

^ Sahu-re ähnlich. Nur hat der innere

Abbildung öd. Totentempel des Nefer-ir-ke-re in seiner Querraum keine gäulen und der Auf.
vierten Bauperiode.

gang geht nicht axial, sondern wie
beim Chaf-re von der rechten hinteren Ecke ab. Dies mag mit Rücksicht auf die Bauaus-
führung (siehe oben bei Besprechung des Chaf-re-Torbaus) zweckmäßiger gewesen sein.
Der Nebeneingang ist hier nicht nachträglich an-
gebaut, sondern im Entwurf mitvorgesehen. Er
liegt nach der Seite der Wüste zu und ist mittels
einer zum Kai hinaufführenden Treppe zu erreichen,
also für Fußgänger bestimmt, die am Wüstenrande
entlang ankommen, während die vordere Rampe
für die aus den anfahrenden Schiffen steigenden
Personen angelegt ist.

Der Aufgang ist hier ausnahmsweise geknickt,
da er ursprünglich auf Nefer-ir-ke-res Tempel zu-
leitete, also in seinem oberen Ende nach Norden Abbildung 6 a. Torbau des Ne-user-re.
zu auf Ne-user-res Bau hin abgelenkt werden mußte.

Der Totentempel (Abbildung 6 b) ist in zwei Achsen zerlegt, da das alte nicht zu
beseitigende Grab gerade im Osten dort vor der Pyramide lag, wo bei einachsiger Ent-
wicklung der «öffentliche» Tempel hätte zu liegen kommen sollen. Die Pyramide noch
mehr nach Süden zu verlegen, hinderte der Totentempel des Nefer-ir-ke-re, der, wie wir
gesehen haben, auch so schon stark beschnitten werden mußte. Eine Verschiebung nach
Norden hätte den Bau einer eignen Terrasse erforderlich gemacht, da an dieser Seite der
Hügel sonst nicht hingereicht hätte. So half sich der Baumeister, indem er den Tempel in
seine zwei Hauptbestandteile auflöste und den «intimen» Teil in die Pyramidenachse,
den «öffentlichen» aber beträchtlich nach Süden legte. Die beiden Teile selbst haben
ganz normal ihre typischen Bestandteile, der «öffentliche» den Vorraum, Säulenhof,
Umgang und Statuenkammer, der «intime» das Allerheiligste mit Nebenräumen. Die

1 Borchardt, Grabdenkmal des Königs Ne-user-re.
 
Annotationen