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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0130

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H. Pomtow- Berlin.

Sp. 1666, der Homolies und Perrots ähnliche Ansätze bespricht und sich für die Zeit
«nicht lange vor 550 v. Chr.» erklärt. Auf den angeblich dorischen Charakter der Skulp-
turen, den Horaolle nachzuweisen und weswegen er sie später dem Kleisthenes in Hinsicht
auf dessen dorerfeindliche Richtung abzusprechen versucht hat, möchte ich weniger
Gewicht legen. Desgleichen muß die epigraphische Datierung nach dem Alter der Bei-
schriften ausscheiden. Denn abgesehen davon, daß diese Beischriften, die Homolle
wie folgt las: I. [>]VIKA[Xu&6vioq]

IV. KAITOP, [DAI (das Inventar gibt noch pOAYAEYKEI, s. Teil III),
V. ORcDAZ, ////Ehr-M(?)
sich heute der Nachprüfung entziehen1, haben sie augenscheinlich, ebenso wie die Unter-
schriften des Siphnos-Frieses, delphisches Alphabet gehabt, nicht sikyonisches, wie Ho-
molle nachgewiesen hat, d. h. sie sind erst etwas später von den Delphiern zu Nutz und
Frommen der Temenosbesucher aufgemalt worden, — und zwar, wie Comptes rend. 1894,
355 f. bemerkt wird, in schwarzer Farbe, während sie bei «Siphnos» und «Athen» rot waren.

Das Material der Reliefs hatten die französischen Gelehrten als Porös oder Tuff
bezeichnet, Wolters nannte es «feinen gelben Kalkstein» (Baedeker, Griechenland4, p. 152),
ich selbst erklärte es zunächst ohne Kenntnis dieser Benennung ebenfalls für «Stein, gelb-
lichen, feinen klingenden Kalkstein» (Berl. Phil. W. 1906, Sp. 1178); R. Lepsius dagegen
präzisierte es als «dichten, hell-gelblichgrauen Kalkmergel» (Philolog. 66 [1907], 271,
Porös IV), dessen genaue Provenienz unbekannt ist. Trotzdem macht es auf den Laien
völlig den Eindruck von Stein, und wegen seiner außerordentlich feinen, gleichmäßigen
politurfähigen Beschaffenheit brachte es Homolle ansprechend mit der sikyonischen Bild-
hauerschule in Verbindung, die dieses für die Plastik hervorragend geeignete Material
entdeckt habe.2 Diese Annahme wird jetzt durch den Nachweis von Lepsius bestätigt,
daß auch dieser Kalkmergel (ebenso wie die in Delphi verwendeten Poros-Arlen I, III, V)
aus denselben geologischen Ablagerungen des Jungtertiär stamme, die sich von Korinth
bis über Sikyon hinaus erstrecken (Philolog. 1907, p. 286, Nachtrag).

Schließlich haben wir noch andere Stücke aus demselben ganz singulären Kalk-
mergel aufgefunden, aus dem die Reliefplatten bestehen. Es sind teils kleine, ungemein
sauber und akkurat geschnittene Quaderstücke, von denen eins beim Siphnier-Thesauros,
die übrigen oben auf der Zwischenterrasse östlich vom Tempel lagen, teils ornamentierte
Bauglieder im Museum, bei deren einem der Fundort feststeht: aus einer modernen Hauswand
östlich vom Temenoseingang (vergl. Philolog. 1907, S. 271 ff., Nr. 124—126). Um das
Material hier vollständig zu geben, bilde ich letztere ab (Abbildungen 20 und 21), verweise
jedoch ihre technische Beschreibung und desgleichen die Besprechung der ersteren (Quader-
stücke) in den dritten Teil (Abschnitt 9). Das ionische Kymation (Abbildung 20) würde sich

Tempel: «die Stelle der Sikyon-Metopen wird also gut angesetzt nach und nicht sehr weit ab von denen
des Tempels G; vor — und zwar in großem Abstand — denen des Tempels F; also zwischen 570 und
ungefähr 550».

1 Vergl. Delphica II, p. 74 (= Sp. 382), wo Furtwängler darauf hinwies, daß man diese Beischriften
bald nach der Ausgrabung mit Bleistift nachgezogen, später aber die Bleistiftstriche mehrfach abzuwaschen
und feucht abzureiben versucht hat. So wenig ich sonst vor Entzifferung getilgter Inschriften zurückschrecke,
habe ich doch den Versuch, diese farblosen, völlig verschwimmenden Züge zu verifizieren, aufgeben müssen.
Das Gleiche gilt leider auch für die ungleich wichtigeren Beischriften des Siphnos-Frieses.

2 Bull. 20, p. 659 und 669. Die Farbe wird treffend als «außen gelbbraun, weiß im Bruch» ange-
geben (p. 658).
 
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