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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphie, [2]: von H. Pomtow
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0189

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Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi. 173

ist hervorzuheben, daß die Eintiefung der Oberseite 37 cm breit ist, also etwa soviel wie
die Dicke der Ringsteine.

Müssen wir von der Verwertung der letzten zwei Steine hier absehen, so möchte
ich doch über die Bestimmung der drei ausgeklinkten Ringsteine eine Vermutung wagen.
Die beiden ersten (Abbildung 49 und 50) sind nicht nur an den gerundeten Seitenwänden
glatt, sondern auch an dem horizontalen, 17x/2 cm breiten Vorderrand. Diese 3 Partien
waren also für Ansicht berechnet und lagen frei. Außerdem wissen wir, daß der breite
glatte Rand nach unten gerichtet war, da die Oberseite des Steins die gewöhnliche Zu-
richtung als Auflager für andere Ringsteine aufweist. Nun hat H. Thiersch gezeigt, daß
die Tholos von Epidauros Fenster gehabt hat (Bd. II dieser Zeitschr., S. 28). War
unser Rundbau gleichfalls eine öuueXr), so müßte auch er trotz oder gerade wegen seiner
kleinen Cella Schallöffnungen als Fenster besessen haben. In diesem Falle könnte man
versuchen, unsere Ringsteine als Fenstersturz zu erklären, derart, daß unter der ab-
gedachten, gespitzten Ausklinkung das hölzerne Fenstergerähm eingefügt war. Der breite
glatte Rand wäre bisweilen mit erhöhten Schmalplatten verziert worden (Abbildung 50).
Die Länge des Stücks (fast 1 m) würde gut zu einem Fenstersturz passen. Auffallend
bliebe nur das Fehlen eines noch so schmalen Auflagers an den kurzen Seiten, aber
die eine Ecke ist gebrochen und an der andern könnte es übersehen sein, oder das
Gerähm war aus Stein und konnte den vielleicht einige Gentimeter ausladenden Sturz
frei getragen haben, so daß die größere Tiefe dieser Steine (39,5, gegen die sonstige
Wanddicke von 37—38) sich hierdurch erklären würde.

Wäre diese Deutung annehmbar, so zöge sie vielleicht die weitere nach sich, daß
dann in dem hinten gerade abgeschnittenen Stück, Abbildung 51, der Türsturz zu er-
kennen wäre. Hier läuft der Rand an der Schmalseite weiter und könnte als Auflager
gedient haben (freilich nur 7 cm breit); auch die aufgesetzten keilförmigen Platten finden
sich wieder und die Aushöhlung für das Gerähm. Die hinten gerade abgeschnittene
Gestalt ist auch bei der großen Marmortholos vorhanden gewesen, wie Dürrns Abbildung
der «Vorrichtung zur Türbekleidung der Tholos zu Delphi» deutlich erkennen läßt (Bauk.
d. Gr.3, S. 246). Und vielleicht ist auch der Stein in Abbildung 52 irgendwie an die
Tür zu versetzen, etwa als Schwellenstück mit Furche für den aufgehenden Türflügel,
wiewohl diese Rille — wenigstens nach der Skizze — keine Quadrantengestalt zu haben
scheint.

Endlich könnten, wenn wirklich Fenster existierten, die breiten Steine mit der Ein-
bettung (Abbildung 42 und 43) etwa als Fensterbank aufzufassen sein, die über den
Orthostaten lag. Sie hätte dann außen und innen über die gute Wandflucht ein wenig
ausgeladen (je 8 cm) und in ihrer Aushöhlung wäre die Ringsteinwand eingelassen ge-
wesen. Aber natürlich sind das nur Vermutungen, die fallen müssen, sobald es den Fach-
männern gelingt, befriedigendere Erklärungen an ihre Stelle zu setzen.

6. Zur Rekonstruktion.
Die wesentlichen Teile der Rekonstruktion des ganzen Baues sind teils vollständig,
teils in Resten nachgewiesen. Das runde Paviment, darauf der Säulenkranz mit Gebälk,
dahinter die zylindrische Cellawand. Innen hätte die Cella etwa 3,60 m Durchmesser,
außen etwa 4,36 gehabt. Diese Maße sind — in Rücksicht auf jene alte Zeit — nicht
so klein, wie sie mir zuerst schienen. Das noch ältere Musenheiligtum auf der Zwischen-
 
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