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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Guyer, Samuel: Ala Kilise: ein kleinasiatischer Bau des V. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0211

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Ala Kilise, ein kleinasiatischer Bau des V. Jahrhunderts. 195

tue ich das vor allem gerade, weil diese Kirchenruine mir weit eher zu einer bischöflichen
Metropole als zu einer kleineren unbedeutenden Ortschaft zu passen scheint. Zu bedenken
ist allerdings, daß wir hier — ganz im Gegensatz zu anderen Ruinenstätten Kilikiens —
gar keine Spuren der armenisch mittelalterlichen Herrschaft bemerken, obwohl Dio-
kaisareia im Mittelalter eine gewisse Rolle gespielt zu haben scheint1; und das ist auch
der Grund, warum ich zu dieser Identifizierung unserer «weißen Kirche» mit der Kathe-
drale von Diokaisareia vorderhand doch noch ein Fragezeichen stehen lassen möchte.2

Doch nun zum Bau selber. Planskizze und Photographien zeigen uns, daß nur
noch ein Teil der Ostpartie aufrecht steht, die nördliche Seitenkammer und ein Teil der
Apsis. Die Grundrißbildung dieser Ostteile erinnert an syrische Bauten der gleichen Zeit,
bei denen auch das Chor-
rund über die Flucht der
Oslfassade nicht vor-
springt3, sondern zwischen
Prothesis und Diakonikon
gleichsam eingeklemmt ist.
Von der Marmorverklei-
dung der Innenseite der
Apsis hat sich nichts er-
hallen; daß aber eine
solche da war, beweisen
die vielen Dübellöcher zur
Genüge. Eigentümlich ist
ein kleiner tonnengewölb-
ter Gang, der in nordsüd-
licher Richtung den Altar-
raum mit der anstoßenden
Nebenkammer verband.
Die letztere war mit einem Abbildung 1.

Tonnengewölbe überdeckt,

das erst in letzter Zeit eingestürzt zu sein scheint: starke Rauchspuren an den Mauern
weisen darauf hin, daß es bis vor kurzem von Reisenden und von Hirten als Lagerplatz
benützt wurde. Über ihr scheint noch ein zweiter Raum bestanden zu haben.

Ganz im Gegensatz zur guten Erhaltung dieser aus schönen großen Kalksteinquadern
errichteten Chorteile steht der übrige Bau; alles ist zerstört und in einen riesigen, großen-
teils aus mächtigen Quadern bestehenden Trümmerhaufen verwandelt. Nur in einer Ent-
fernung von ca. 23 m westlich der Apsis sind noch die Überreste einer sehr breiten,
in der gleichen Technik errichteten Mauer zu bemerken, die vielleicht den Westabschluß

1 Vergl. Tomascbek, Zur historischen Topographie von Kleinasien im Mitlelaller. VIII. Abhandlung
der Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften,
Bd. 124 Wien 1896, p. 60.

2 Es wäre allerdings gut möglich, dafa der Bau des V. Jahrhunderts ohne spätere Zutaten das ganze
Mittelalter hindurch bestanden hätte.

3 Frühestes Beispiel das Prätorium von Musinieh aus der Zeit Marc Aurels (Vogue, Syrie Centrale,
p. 46). Im Saec. IV und V war der Typus am beliebtesten; vergl. Butler passim; im Saec. VI kommt er weniger
vor; z. B. Dei'r Seta (Vogue, o. c. pl. 116).
 
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