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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Hirsch, Fritz: Der Markttor in Bruchsal
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0242

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226 Fritz Hirsch.

dessen überkommene Kunstbetätigung im Bruchsaler Schlosse (Musiksaal des Kammer-
flügels und anstoßende Räume 1776, Kavalierspeisezimmer 1782) den ausgesprochenen
Louis XVI-Charakter aufweist. Das Tor steht auf der Wasserscheide der beiden Stilströ-
mungen. Im Jahre 1768 sollte «das Thor-gebäu mit dem fronton» und im folgenden
Jahre «der 2. stock» aufgeführt werden.1 Dieses «Thor-gebäu mit dem fronton», das
hier mit richtigem Gefühl als ein selbständiger und nicht ganz organischer Bestandteil
des Ganzen besonders namhaft gemacht wird, erschloß für Bruchsal und vielleicht für
ein größeres Gebiet die Eingangspforte des klassizistischen Geschmackes. Leonhard Stahl,

Abbildung 1. Das Markttor in Bruchsal vom Marktplatz aus gesehen.
Aus Heiligenthal: Baugeschichte der Stadt Bruchsal vom 13. —17. Jahrhundert. Beiheft 2 der ZGA.

dessen Lehrzeit in die Schönborn-Periode (Louis XIV.), dessen beste Manneskraft in die
Hutten-Periode (Louis XV.) fiel, hat hier in seinen letzen Lebensjahren — er war im
Jahre 1768 erst 38 Jahre alt und noch entwicklungsfähig - - den neuen Geschmack
(Louis XVI.) in Bruchsal inauguriert. Im Jahre 1762 hatten Stuart und Revett den ersten
Band der Altertümer Athens herausgegeben, im Jahre 1764 waren Soufflots Pläne der
drei dorischen Tempel Paestums erschienen. Meister Stahl war auf dem laufenden! Nur
im Laubwerk des Giebelschmuckes wurde das verschmähte Rokoko dem sich selbst ver-
leugnenden Künstler zum Verräter.

1 Ratsprot. vom 26. August 1768; lt. Batsprot. vom 23. September 1768 wird der Baubeginn auf
das Frühjahr 1769 verlegt.
 
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