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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Brinkmann, Adolf: Schloß Weißensee: ein Gegenstück zur Wartburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0163
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Schloß Weißeiisee, ein Gegenstück zur Wartburg. 151

Dieser reichen Geschichte entspricht nun auch die Burg; selbst iu ihrem jetzigen
Zustande läßt sie solchen Glanz ahnen. Ein einziger Umgang um die ganze Anlage mit
ihrem noch erhaltenen romanischen Tor, den ringsum noch stehenden Mauern, dem hoch-
ragenden Palas mit dem freilich nur zur Hälfte stehenden Bergfried (Abbildungen 2 und 3)
kennzeichnen den Bau als etwas Außerordentliches. Und doch ist das, was man so
auf den ersten Blick sieht, nur ein geringer Teil dessen, was dem Bauwerk seine bau-
geschichtliche und kunstgeschichtliche Bedeutung gibt. Daß es eine durch und durch
romanische Burg ist, sieht man erst, wenn man alle Baulichkeiten außen wie innen
aufmerksam betrachtet. Man betritt die Burg durch das Ostertor, das jetzt nur den
romanischen Torbogen mit der darüber weitergehenden Mauer zeigt, aber bis 1840 noch
von zwei schlanken Türmen überhöht war. Ein mehr als 30 m langer Zwinger nimmt
uns nun auf, dessen südliche Mauer zur Umfassungsmauer des Hochschlosses führt.
Dies bildet eine
Gruppe für sich,
besteheiid aus Pa-
las, Bergfried und

Wirtschafts-
gebäude, deren
südliche Wände
zugleich die Ring-
mauer bilden, und
dem nördlich dar-
an gelegenen, der
Barockzeit ange-
hörigen Fürsten-
haus von 1738.
Auf dem übrig-
bleibenden großen
äußeren Burghofe
steht nur ein 36 m
langes Wirtschafts-
gebäude. Abbildung 3. Palas mit Bergfried von Norden.

Der Palas,

ein mäßig längliches Gebäude, ruht auf gewaltigen Kellern, die etwas an die unter
der Moritzburg in Halle erinnern, aber natürlich viel älter sind. Auf ihnen ruht das
aus 1,7 m starken Wänden bestehende Erdgeschoß. Durch einen langen Korridor
(dessen Rundbogentür mit besonders kräftig profiliertem Gewände Abbildung 4) wird es
in zwei Teile geschieden, in deren östlichem der jetzige Schöffensaal Erwähnung ver-
dient. Er gehört mit seiner jetzigen flachen Wölbung, die auf einer Mittelsäule ruht,
einem Umbau des 18. Jahrhunderts an. Interessanter ist das an der westlichen Seite
des Korridors liegende Archiv, das mit einem romanischen Kreuzgewölbe überspannt ist,
dessen Rippen volle Halbrundstäbe sind, somit zu den ältesten Gewölberippen der
deutschen Baukunst gehören. Die nach Süden liegenden Räume haben sicher auch dem
landgräflichen Haushalte gedient; es sind im ganzen sechs Räume, von denen wir den
jetzigen Schöffensaal und das Archiv eben kennen gelernt haben. Nach außen hin
 
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