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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Brinkmann, Adolf: Schloß Weißensee: ein Gegenstück zur Wartburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0166
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154 Ad. Brinkmann-Burg b. M.

Ostende des Palas fort, so daß die Ähnlichkeit mit dem Wartburgpalas sehr groß ist.
Natürlich krönte ein Spitzgiebel die Ostwand. — Haben nun alle sieben Bogen einem
einzigen Raum angehört, also den Saal bildend? Das ist nicht anzunehmen. Auf der
Wartburg enthält der Palas bei einer Länge von 38 m drei Räume, das Landgrafen-
zimmer, den Saal (L4 m ohne Sängerlaube) und die Kapelle. Weißensee kann demnach
nur zwei Räume nebeneinander gehabt haben. Man darf vermuten, daß der Saal
14,5 m lang war, so daß für das übrigbleibende, nach Osten sich anschließende Zimmer
einschließlich der Zwischenwand' 9,5 m übrigbleiben. Bei dieser Annahme stieße die
Festsaal und anstoßendes Zimmer trennende Wand auf den Pfeiler zwischen dem dritten
und vierten Bogen. Ob die Annahme eiues schmalen Ganges neben dein Saal berech-
tigt ist, steht dahin. Der östliche Raum wäre dann sehr stattlich, wenn man ihn als

Landgrafenzimmer ansprechen wollte. Dies würde
dann etwa 115 qm Grundfläche haben, während
das Landgrafenzimmer der Wartburg nur90qm
groß ist. Nun hat die Ostwand, wie wir sahen,
eine schwache apsisartige Ausbauchung, die man
einer wirklichen Apsis zuschreiben kann, zumal
die Lage nach Osten das nahelegt. Dann wäre
auch die Schloßkapelle vertreten, nur daß sie
dann als kleinerer, südlich an das Landgrafen-
zimmer sich anschließender Raum anzunehmen
wäre. Auf dem Grundriß sind die so als ursprüng-
lich anzunehmenden Zwischenwände durch nicht
geschwärzte Doppellinien angedeutet, während
die vorhandene zum Giebel gehörige Mauer dun-
kel schraffiert ist. Die übrigen Wände der jetzi-
gen Wohnung sind fortgelassen.

An diesen langgestreckten Bau schließt sich
nach Norden eine Erweiterung, die sich als
besonderen Teil dadurch kennzeichnet, daß sie
Abbildung 7. nach Osten um 26 cm über die Ostwand des Palas

Nordostseite des Palas. vorspringt, um so 5,82 m bis an die Ecke weiter-

zulaufen. An der Nordseite bleibt die Mauer
dann dieselbe Strecke um 26 cm hinter der dann in gleicher Flucht weitergehenden
Wand zurück, so daß kein Zweifel sein kann, daß wir es hier mit einem turmartigen
Eckbau zu tun haben. Bestätigt wird diese Annahme durch eine nordsüdwärts lau-
fende Mauer, die sich nicht bloß in Erdgeschoß findet, sondern auch im Obergeschoß,
hier wie dort zwei tonnengewölbte Räume trennend. Diese Zwischenwand hat nur
dann einen Zweck, wenn eine höhere Mauer darauf ruhen sollte. Damit wTürde auch
die östliche Baugruppe einen wenn auch bescheideneren beherrschenden Punkt gehabt
haben — auch wenn der Turm nur ein eigentliches Turmgeschoß gehabt hätte —,
wie die westliche durch den alles überragenden Bergfried (Abbildung 10, Wiederher-
stellung der Hauptfront). Daß der große Nordgiebel (Abbildungen 2 und 7) in seinem
Obergeschoß und dem Giebeldreieck dem Umbau des 16. Jahrhunderts angehört, ergibt
sich auch aus dem Bruchsteinmauerwerk, das sich scharf unterscheidet von dem Quader-

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