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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Pomtow, Hans: Die beiden Tholoi zu Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0223
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Die beiden Tholoi zu Delphi. 211

jener Ausschnitte in keiner Weise erklären können, sind wir zu der ersten Annahme
von Gegensteinen zurückgekehrt. Diese Antithematafeln werden hinten glatt gewesen
sein, die über den Metopenreliefs eingeschobene Platte getragen haben, diese selbst mag
innen bandartig vorgetreten sein (wie bei der alten Tholos), an ein ähnliches Triglyphen-
band gestoßen, während die Decke bei der Kleinheit des Pronaos nur aus hölzernen
Stroteren mit leichten Kalymmatien darüber bestand, analog der Tholos, und, wie Dürrn
postuliert, auf dem Geison auflag. Die hintere Einschneidung der Hängeplatten scheint
deutlich hierfür zu sprechen.

Diese Rekonstruktion zeigt der Schnitt in Abbildung 31, sie ist baugeschichtlich
und technisch die einfachste und darum wahrscheinlichste, und wenn wir auch den
Grund der Einbettung der Antithemasteine noch nicht erklären können, so mag sie
doch mit den ungewöhnlich dünnen Porös-Metopen zusammenhängen (ohne Reliefs nur
6—7 cm dick). Im übrigen darf darauf verwiesen werden, daß die im vorigen Abschnitt
besprochenen 2 Porosquadern von 25| Dicke, 98 Höhe genau das Maß unserer Anti-
thematafeln haben, da z. B. der Ausschnitt hinter f gerade 26-\- breit ist, seine Höhe
(32) -j- Triglyphe (65) = 97 cm beträgt. Indessen dürfen wir auch hier von der einstigen
Aufdeckung die Entscheidung erhoffen.

8. Zur Rekonstruktion.

Auf Grund der vorstehenden Abschnitte läßt sich die Rekonstruktion in Abbil-
dung 32 vorschlagen. Daß sie nur das bis jetzt Erreichbare übersichtlich zusammen-
fassen, aber keine abschließende Wiederherstellung geben kann, braucht kaum gesagt
zu werden. Es fallen bei dieser Fassade zunächst die engen Interkolumnien auf, die am
Stylobat nur 78,7 cm breit sind; eng sind sie jedoch nur für die Benutzung, nicht im
Verhältnis zur Höhe und Dicke der schlanken Säulen, denn sie enthalten fast lf untere
Durchmesser (lf X 46 = 80,5 cm). Dieses Verhältnis entspricht der Zeitperiode und
gehört zwischen das Heraion (volle lf u. Dm.) einerseits und die Tempel von Selinunt
(D u. C) und Ägina andererseits, die sämtlich lf u. Dm. aufweisen (auch beim Theseion),
vergl. Dürrn3, S. 159. Dem gegenüber stellt sich die alte Tholos mit 2 u. Dm. immer
mehr als eine Ausnahme heraus, die bei der ungewöhnlichen Rundform begreiflich ist.

So bleibt nur die dritte Möglichkeit: die Holz decke. Bei ihr müssen wir jedoch auf eine befrie-
digende Erklärung der Arcbitravausschnitte verzichten. Man wird nämlich wie bei der Tholos und wegen
der Kleinheit des Pronaos Holzbalken als Deckenträger für überflüssig erklären und nur Stroteren aus Brettern
mit leichten Kalymmatien darüber zulassen dürfen. Sie hätten über dem Band der Steinschwellen ebenso
aufgelegen und wären in diese ebenso eingebettet gewesen, wie die Tholosdecke über dem Triglyphonband
(s. oben S. 178 f. und Abbildung 24). Aber freilich begreift man dann nicht, warum die Steinschwellen, wenn
sie ununterbrochen ringsum liefen, extra gearbeitet waren: ein Band konnte hinten gerade so gut am
Architrav angeschnitten werden, wie beim Triglyphon, und wie vorn die Taenie und die Regula. Diese
Unerklärbarkeit wird auch nicht gemildert, wenn man schwache hölzerne Balken, an die die Stroteren von
unten angeheftet wären, in die Steinschwelle einbettet.

Im übrigen sei über den Ausschnitt der Arcbitrave folgendes bemerkt: da er an den zugänglichen Stücken f,
g, t seitlich gerade dort sichtbar ist, wo Triglyphen darüber lagen, könnte man einwenden wollen, daß er
nur an diesen Stellen vorhanden zu sein brauchte, man also keinen fortlaufenden Ausschnitt, sondern nur
Einzeleinschnitte für steinerne Querbalken anzunehmen habe. Dem widerspricht der Eckstein der Langseite
(g), bei dem solcher Einschnitt für einen Querbalken überflüssig, bzw. unmöglich war, weil dieser parallel
und dicht neben ihm hätte liegen müssen. Wir werden also mit der Wahrscheinlichkeit eines rings um
den Pronaos laufenden Ausschnittes rechnen müssen.

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. IV.

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