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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Pomtow, Hans: Die beiden Tholoi zu Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0222
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210 H. Pomtow-Berlin.

so dickem Gebälk vorkommenden Holzschwellen als Träger der Balkenköpfe bedingen
würden (vergl. die Abbildung bei Dürrn3, S. 178), erscheint hier aus technischen Gründen
ausgeschlossen : das Steingebälk (Metopen-Gegensteine, Triglyphen, Hängeplatten etc.) würde
auf den Holzschwellen eine zu veränderliche und wackelige Unterlage gehabt haben.1
Betreffs der Höhenlage der Decke genügt es, auf Dürrn zu verweisen: «bei dorischen
Bauten liegen die Decken über der TraufgesimspiaLte (Hängeplatte), bei den anderen
Ordnungen beginnen sie unmittelbar über dem Architrav» (3. Aufl., S. 179) uud er fügt
mit Recht hinzu, daß sich bei den Säulenumgängen die kassettierte oder mit Leisten
geschmückte Holzdecke wohl noch lange gehalten habe. Wenn nun auch bei dorischen
Bauten ab und zu tiefere Decken vorkommen, die z. B. bei der alten Tholos auf dem
Triglyphon ruhen, bei der großen hinter ihm eingebettet sind, so wäre doch eine hinter
dem Architrav liegende dorische Decke unerhört und in unserem Falle auch darum
unmöglich, weil nach Ausscheidung der fehlerhaften Längsschwellen die Decke dieses
w///// i Pronaos so niedrig läge wie in einer Bauern-

!§|lp 'T, i , , , , T , , , ,Trw stube, kaum 2,97 m über dem Paviment
j\^^^^^-^-m^^^r^^^im^^r; (2>49 Säulen, 28 Kapitell, 20 bis zum Archi-
ä'^i^^^^^^^^^ travausschnitt), während doch zu solcher

|p1 Niedrigkeit kein erdenklicher Anlaß vorliegt
^|| und z. B. die gleichhohe Tholos ihre Decke

!;p um 1 m höher hat (3,95). — Trotzdem habe
ich die Frage der Einbettung von Stein-
^ oder Holzdecken in die Architravausschnitte

^ !|p eingehend geprüft, das Resultat war negativ,

j^p wie die in der Anmerkung mitgeteilten Er-
y/m, örterungen zeigen2, und da sie den Zweck

-|-■-,-1^ 1 Diese und andere Schwierigkeiten werden im

2 ^"irijp^ Bull. 35, pl. III, dadurch umgangen, daß in der Re-

\% konstruktion des Schnittes vom Ausschnitt des Archi-
travs an bis hinauf unter die Hängeplatte nur eine
einfache gleichmäßige Schraffierung erscheint, die nach
i innen keinerlei Begrenzung hat.

\/M 2 Geht man von dem einzigen technischen Anhalts-

1 punkt aus, den wir haben, d. h. von dem Architrav-

Abbildung 31. Schnitt durch den Pronaos (1:30). ausschnitt, so böte sich als einfachste Erklärung eine

Steinplattendecke, die rings in ihm eingebettet
war. Da man um 575 v. Chr. an keine Marmordecke in Delphi denken darf, Poroskassetten aber bislang
nicht bekannt und an sich unwahrscheinlich sind, würde man glatte Porosplatten, etwa mit Stuck und ge-
nialten Kasselten verschen, annehmen wollen. Eine Höhe von 30— 32 cm wäre bei der geringen Spannweite
(I — 1,50 m freitragende Fläche) überflüssig und vermehrte unnötig das Gewicht, — also könnte man eine
band- oder profilartig ausladende Steinschwelle (ca. 10—12 cm hoch) voraussetzen, die unter den Platten
in der Einbettung ruhte. Gegen das Ganze spricht jedoch der Umstand, daß solche einfachen, kassetten-
losen Plattendecken noch nirgends vorzukommen scheinen.

Die zweite Möglichkeit wäre eine Kombination aus Stein und Holz, d.h. eine hölzerne Kalym-
matiendecke, die auf Steinbalken ruhte. Letztere hätten mit ihren Enden in dem Ausschnitt aufgelegen und
die Zwischenräume zwischen den Enden wären ebenfalls durch Steinschwellen ausgefüllt gewesen. Man
hätte sie besonders hergestellt, weil das bequemer war, als ein Profil oder die Ausladung an den Architrav
anzuarbeiten; im übrigen würden erstere sich, wie später üblich, an den Längsseiten der Steinbalken fort-
gesetzt haben. Aber auch diese Konstruktion aus Stein und Holz ist noch nicht nachweisbar, die Höhe der
Steinbalken wäre befremdlich und sie selbst sind bei der geringen Spannweite eigentlich überflüssig.
 
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