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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0182

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166 Zweiter Abschnitt. Die Altarvelen

Stricke und Ketfen, welche er an den fraglichen Ringen und Ketten angebracht fand,
mit größerer Wahrscheinlichkeit, ja mit Sicherheit auf Lampen oder Schmuckgeräte
hinweisen, die an den Balken aufgehängt wurden.

SECHSTES KAPITEL

CHARAKTER UND ZWECK DER ALTARVELEN

Zur Beantwortung der Frage nach dem Charakter und dem Zweck des
Altarvelums muß man zwischen dem Brauch im Osten und im Westen
unterscheiden. In den Riten des Ostens hatte dasselbe stets eine liturgische
Bedeutung. Es bedarf das nach dem im vorigen Kapitel Gesagten keiner
weiteren Begründung. Das Vor- und Zurückziehen des Vorhanges erscheint
im Osten geradeso als eine der Zeremonien der Liturgiefeier, wie das bei der-
selben zu bestimmten Zeiten erfolgende Öffnen und Schließen der in den
Altarraum führenden Türen der Chorschranken und das Ausbreiten bzw.
Lüften des «äijjj, des Velums der Gaben.

Den Anstoß zur Einführung des Altarvelums mag im Osten zum Teil
die Katechumenendisziplin gegeben haben.

Wurden die Katechumenen erst nach Empfang der Taufe in die Lehre von der
Eucharistie eingeweiht, und war es ihnen deshalb nur gestattet, der Liturgie bis nach
Verlesung des Evangeliums beizuwohnen, so konnte sich in der Tat der Gedanke
nahelegen, ihnen zur Zeit, zu der sie im Gotteshause anwesend sein durften, auch den
Anblick des Altares zu entziehen und zu dem Ende diesen bis zur Messe der Gläubigen
mit einem Vorhang zu verhüllen. Im Westen ist das freilich nicht geschehen, wie
aus des hl. Augustinus 132. Predigt De verbo evangelieo hervorgeht. „Christi Tisch",
redet der Heilige die Katechumenen an, „ist der dort in der Mitte aufgestellte Tisch. Wie
kommt es, o Audientes, daß ihr den Tisch sehet, zum Mahle aber nicht hinzutretet'?"
Anders verhielt es sich jedoch im Osten, wie aus des hl. Johannes Chrysostomus
36. Ilomilie zum 1. Korintherbriefe hervorgeht. Der Heilige mahnt zur Ehr-
furcht im Gotteshause. Die Gläubigen, sagte er, sollen darum auf den heiligen Tisch
hinschauen, sich erinnern, weshalb er da steht, daran denken, wer dort erscheinen
wird, durch solche Erwägungen sich mit ehrfurchtsvollem Schauder erfüllen und
gleichsam zum Himmel aufsteigen, noch bevor' die Vorhänge aufgezogen werden*.
Die Nichteinge weihten aber sollen sich in die Seele rufen, wer es ist, der durch die
Propheten zu ihnen spricht und im Gedanken daran zum Himmel aufsteigen.

Indessen hatte das Altarvelum sicher nicht als einzigen Zweck, den Altar
dem Auge der Katechumenen zu entziehen. Denn in diesem Falle hätte es
mit dem Absterben der Katechumenendisziplin ebenfalls wieder außer Ge-
brauch kommen müssen. Die am Eingang des Bema angebrachten legi
TiaQanexdajxaxa sollten auch die hierarchische und liturgische Aussonderung
des am Altar tätigen Klerus noch schärfer, als das durch bloße Schranken
geschehen konnte, zum Ausdruck bringen, und zugleich den Altarraum mit
dem Altar in einer beim ersten Blick erkennbaren Weise als das für jedes
Laien Fuß unzugängliche innerste Heiligtum im Gotteshause hinstellen.
 
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