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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0192

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176 Dritter Abschnitt. Die Leuchterbank, die Altarstufen

ziert. Eine glänzende Ausstattung mittels farbenprächtiger prachtvoller Marmor-
intarsien erhielten z. B. die Leuchterstufen des Hochalfares von S. Maria della
Grazia a Caponapoli zu Neapel (Tafel 57). Für Bildschmuck boten die Staffeln wenig
Platz. Wo er bei ihnen zur Anwendung kam, beschränkte er sich daher auch in
der Regel auf das eine oder andere mit Figurenwerk gefüllte Medaillon. Es ist
eine Ausnahme, wenn sie ganz mit bildlichen Darstellungen bedeckt sind, wie wir
es z. B. bei den schönen, mit edlen Reliefs, Szenen aus der Passion, geschmückten
Leuchterstufen des Hochaltares von St. Waltrudis zu Mons sehen.

ZWEITES KAPITEL

DIE ALTARSTUFEN

Wie es bis zum 2. Jahrtausend mit der Anlegung von Altarstufen ge-
halten wurde, darüber wissen wir nichts Sicheres.

Durchaus unzutreffend wäre es, aus den Worten Tertullians: Ne prius ascen-
damus ad altare Dei, quam, siquid discordiae vel offensae cum fratrihus contraxeri-
mus, resolvamus. Denn abgesehen davon, daß für Tertullians Zeit angesichts der erst
beginnenden Entwicklung des Altares sowie des damaligen Zustandes der christ-
lichen Oratorien und ihrer Einrichtung sicher von Altarstufen noch keine Rede sein
kann, so würde aus dem Text doch höchstens folgen, daß der Altar an einem erhöh-
ten Orte stand, zu dem man auf Stufen hinaufging, nicht aber, daß der Altar selbst
Stufen hatte. Indessen ist selbst dieser Schluß nicht einmal zulässig, da Tertuiläan
nicht von einem wirklichen Altare spricht, wie er bei der Feier der Liturgie zur
Verwendung kam. Seine Worte sind vielmehr im Anschluß an die Mahnung des
Herrn bei Matth. 5, 23 rein bildlich von dem Gebete und der zu einem fruchtreichen
Gebete nötigen seelischen Vorbereitung zu verstehen1.

Wirkliche Stufen und ein wirklicher Altar sind gemeint, wenn Sidonius Apolli-
naris (f ca. 489) in seinem an Bischof Faustus von Regium gerichteten Carmen
euchariston singt: Seu te conspieuis gradibus venerabilis arae — Concionaturum
plebs sedula circumsistit — Expositae legis bibat auribus ut medicinam2. Alkin
die gradus conspicui, von denen hier die Rede ist, sind keine Altarstufen im heutigen
Sinne, ja nicht einmal die Stufen, die aus dem Schiff der Kirche zu dem höher gele-
genen Altarraum hinaufführten, sondern entweder die bischöfliche Kathedra oder
wohl noch eher der Ambon. Denn diese, nicht der Altar oder der Aufstieg zum
Altar waren es, von denen aus der Bischof das Wort Gottes dem lauschenden
Volke verkündigte. Gradus conspicui heißen dieselben, weil sie höher lagen als
ihre Umgebung und infolgedessen Stufen zu ihnen hinaufführten. Gradus venera-
bilis arae aber nennt der Dichter sie in etwas ungewöhnlicher Ausdrucks weise so-
wohl wegen ihrer nahen Örtlichen als wegen ihrer nicht minder nahen liturgischen
Beziehungen zum Altar.

Wenn Gregor von Tours ein Jahrhundert später von einem Altar der Peters-
kirche zu Bordeaux sagt: Posita in altum pulpita locatum habetur3, so denkt auch
er nicht, wie Thiers meint1 an einen mit AltarstuEen versehenen Altar, sondern an
einen Altar, der auf einer Erhöhung, unter der eine Krypta angelegt war, also auf
einer Erhöhung von der Art des erhöhten Chores der romanischen Kirchen stand,
und darum von dem Schiff der Kirche aus nur mittels einer Treppe zugänglich war.

Mit Bestimmtheit soll indessen der zweite römische Ordo Mabillons, der dem
Ende des 8. Jahrhunderts angehört, die Altarstufen erwähnen; ja er soll sogar bereits

1 De orat. c. II (C. SS. eccl. 20, 187). ' De gloria mar), c. 33 (M. G. SS. rer. merov.

* Carm. 16, v. 124 f. (M. G. Auct. antiq. VIII, I, 509.
242). * Sur ies pnoeipaux autels (Parts 1688) 78.
 
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